Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen

Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen

Titel: Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
Autoren: Jutta Profijt
Vom Netzwerk:
rechts und dirigierten sie
     zum Ausgang, zum Taxi, auf die Rückbank, Stefan daneben, ich setzte mich nach vorn. Sie ließ alles mit sich geschehen und
     blickte mit riesigen Augen umher oder lehnte sich mit geschlossenen Augen an Stefans starke Schulter. Geredet hatte sie seit
     der Begrüßung nicht mehr. Kein einziges Wort. Ich machte mir ernsthafte Sorgen um sie.
     
    Stefan kochte Nudeln, die Sabine hinunterschlang, als wäre sie verhungert. Genauso sah sie auch aus. Sie nahm drei Espressi,
     aß eine ganze Packung Schokoladenplätzchen und trank einen halben Liter Orangensaft. Dann ging sie duschen.
    Stefan und ich saßen auf der Couch und warteten. Ängstlich.War Sabine traumatisiert? Ernsthaft unterernährt? Hatte man sie im Gefängnis doch noch misshandelt?
     
    Sie erschien mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht. »Eine warme Dusche!«
    Mir klappte der Unterkiefer herunter.
    »Und ein dickes, flauschiges Handtuch, aus dem man nicht erst diverse Krabbeltiere herausschütteln muss.«
    Jetzt war Stefans Unterkiefer dran.
    »Und Toilettenpapier.«
    »Keine Details, bitte«, rief Stefan.
    Damit war das Eis gebrochen. Sabine erzählte von ihrem Trekking-Trip, der sie in weitgehend unberührte Landschaften geführt
     hatte, in der sie alle paar Tage auf eine einsame Farm oder einen Trupp Cowboys trafen, die ihre Vorräte ergänzten. Sie hatten
     sich Blasen an den Füßen gelaufen, die Haut an den Innenseiten der Oberschenkel aufgerieben, waren von unzähligen Mücken und
     anderen Insekten gestochen oder gebissen worden und hatten Schafdung oder Butter auf die Stiche geschmiert, je nachdem, welchen
     Tipp die Einheimischen ihnen gaben oder welches Hilfsmittel verfügbar war. Sie hatten Wasser aus dem Bach abgekocht und getrunken,
     dann nicht abgekochtes Wasser getrunken und Durchfall bekommen. Sie hatten nachts in einen Himmel geblickt, der von Millionen
     Sternen übersät war und das Heulen wilder Tiere gehört. Und sie hatten anfangs viel geredet und dann geschwiegen. Manchmal
     tagelang.
    Irgendwann hatte Holger angefangen, Fleisch zu essen, dann nach einer Dusche zu jammern. Dann wollte er zurück in die Zivilisation.
     Sabine nicht. Sie hatten sich gestritten. Eines Morgens kam ein Viehlaster über eine Sandpiste geholpert, und Holger beschwatzte
     den Fahrer,sie mitzunehmen. Drei Tage hockten sie auf der Ladefläche. Sabine wehmütig, Holger ungeduldig. In der nächstgrößeren Stadt
     wurde Sabine festgenommen. Holger verschwand.
    »Was wirst du ihm antun?«, fragte Stefan interessiert.
    »Antun?«, fragte Sabine mit dem verklärten Lächeln, das sie während des ganzen Berichts schon auf dem schmalen Gesicht gehabt
     hatte. »Wozu? Er hat erkannt, dass er schwach ist, das ist Strafe genug.«
    »Und du bist stark«, sagte Stefan leise und irgendwie beeindruckt.
    »Ja«, entgegnete Sabine ruhig. »Das habe ich dort festgestellt. Es ist ein gutes Gefühl.«
    Mir kamen die Tränen. Weil ich meine Freundin nicht wiedererkannte. Und vor Neid.
     
    Ich hatte den Großteil meiner Klamotten bereits am Wochenende in meine Wohnung gebracht, nun half Stefan mir mit dem Rest.
     Montagabend war ich wieder in meinem Ein-Zimmer-Apartment in Oberkassel angekommen. Das Türschloss, das der Einbrecher beschädigt
     hatte, war ausgetauscht, die Wohnung geputzt und die Nachbarin mit einem großen Blumenstrauß und einer Riesenschachtel Pralinen
     beschenkt. Ich versuchte, mich mit der Lektüre von Modemagazinen zu beschäftigen, konnte mich aber nicht darauf konzentrieren.
     Sergeant Pepper fehlte mir, Stefans lockere Art fehlte mir, und Thomas fehlte mir auch. Er hatte eine SMS geschickt, dass
     er vier Tage in München sei und sich bei seiner Rückkehr melden würde. Dann allerdings würden wir uns wieder nicht sehen,
     denn ich wäre, nach endlosen Wochen am Boden, endlich wieder unterwegs.

Dreizehn
    Von Dienstag bis Freitag flog ich Kurz- und Mittelstrecken, bediente Nette, Nörgler und Neurotiker, schlief in fremden Hotelbetten
     und flanierte über Prachtboulevards. An jeder Ecke fiel mir ein ausgefallenes Styling auf, das ich gut für meinen Blog hätte
     nutzen können, aber ich fotografierte keins davon. Ich war nicht mehr Millie. Mein Blog war tot. Ich war zum Gespött der Nation
     geworden.
    Dieses Wissen belastete mich mehr als das Zerwürfnis mit Jasmin, die glücklicherweise einen anderen Flugplan hatte. Ich sah
     sie diese Woche überhaupt nicht. Auch Maike war auf Langstrecke unterwegs, was der Arzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher