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Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen

Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen

Titel: Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
Autoren: Jutta Profijt
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Mittelohrentzündung mit
     Riss im Trommelfell auf der linken Seite. Da ich auf Befragen zugeben musste, im linken Ohr ein leises Pfeifen zu hören und
     bei schnellen Bewegungen Schwindel zu verspüren, nahm er mir Blut ab. Ein Virus, das langwierige Ohrenleiden verursache, mache
     gerade die Runde. Auf jeden Fall, verkündete der Arzt mit entschlossenem Blick, erfordere jede einzelne Diagnose eine totale
     Flugabstinenz.
    »Für wie lange?«, fragte ich mit zitternder Stimme.
    »Sie haben eine sehr lange Krankengeschichte mit Ihrem Ohr und, ehrlich gesagt, befürchte ich eine chronische Entzündung,
     die Sie berufsunfähig machen könnte. Warten wir mal den Bluttest ab, aber ich tippe so auf ungefähr zehn Wochen.«
    Ich schnappte nach Luft. »Das geht nicht.« Ich hörte selbst, dass mein Tonfall leicht hysterisch klang.
    »Warum?«
    Ich erzählte dem Arzt von meiner riesigen Geburtstagsparty, von den Kolleginnen, die Urlaub genommen hatten und mühsam von
     der Rufbereitschaft ferngehalten werden konnten, von den langen Vorbereitungen, den Flügen, dem Hotel, dem Sandstrand   … Der Arzt schnalztemitleidig mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Wenn Sie diesen Flug antreten, werden Sie vielleicht auf einem Ohr taub.
     Ist es Ihnen das wert?«
    Ich drängte die Tränen zurück und schluckte mehrmals. »Nein«, krächzte ich.
    Er legte mir in einer väterlichen Geste die Hand auf die Schulter und drückte leicht zu. »Es tut mir wirklich leid, aber bitte
     seien Sie vernünftig. Sie bekommen vorn an der Rezeption ein Rezept und die Krankmeldung. Lassen Sie sich einen neuen Termin
     in zwei Wochen geben. Alles Gute.«
     
    Ich fühlte mich nicht in der Lage, meine Gäste sofort anzurufen, sondern nahm mir das für den Abend vor. Stattdessen warf
     ich die verschriebenen Medikamente plus ein Schlafmittel ein und rollte mich unter der Bettdecke zusammen, um die nächsten
     Stunden im Halbschlaf und friedlichem Vergessen vor mich hin zu vegetieren.
    Leider funktionierte das mit dem Vergessen deutlich besser als geplant. Zwar überkam mich bei jedem Aufwachen die Erinnerung
     an meine geplatzte Geburtstagsfeier, aber mehr auch nicht. Drei Tage verbrachte ich im Halbschlaf zwischen Pillenschlucken,
     Fieberschlaf und Heulkrampf. Entsprechend scheußlich sah ich aus, als ich an meinem Geburtstag in den Spiegel schaute. Ich
     war sicher, dass die Krähenfüße, die Tränensäcke, die scharfen Falten von der Nase zum Mund und das stumpfe Haar nicht nur
     mit der Grippe zu tun hatten, sondern mich ab sofort auf meinem weiteren Lebensweg begleiten würden.
    Ich war dreißig.
    Uralt.
    Ab jetzt ging es bergab.
    Ich sah, wie meine Augen bereits wieder anfingen zuschimmern, als das Handy mich aus meinen Betrachtungen riss und den Anruf meiner Freundin Sabine ankündigte.
    »Happy Birthday, meine Liebe, ach, wie ich dich beneide, du sitzt bestimmt gerade unter einer Palme oder schaukelst in einer
     Hängematte oder lässt dich von einem gut gebauten Eingeborenen massieren   …«
    Ich schluchzte los.
    »Lulu? Lulu! Bist du das? Was ist denn los?«
    Ich heulte lauter.
    »Lulu?« Sabines Stimme wurde drängender. Sie machte sich Sorgen. Richtig so.
    »Huuuuhhu«, jammerte ich ins Telefon. »Ich bin krank und liege zu Hause im Bett.«
    Stille.
    »Ich bin so uhuhuhunglücklich.«
    Ein Weinkrampf machte jedes weitere Wort unmöglich.
    »Ich komme«, sagte Sabine. »Halbe Stunde. Halte durch.«
    Es dauerte eine Dreiviertelstunde, aber dann kam sie.
     
    Sabine Winterberg ist die Freundin, mit der ich schon gespielt habe, als wir beide noch Windeln trugen. Damals waren Krabbelgruppen
     nicht so verbreitet, aber in Dorsten-Wulfen gab es eine. Es war eine Mischung aus privater Clique und Kindertagesstätte, in
     der fünf Kinder alleinerziehender Mütter von zwei Omas betreut wurden. Seitdem sind Sabine und ich befreundet, auch wenn sich
     unsere Lebenswege früh getrennt haben. Sabines Mutter heiratete wieder und zog nach Düsseldorf. Sabine und ich blieben befreundet.
     Sabine begann ihr Grafikdesignstudium, ich wurde Flugbegleiterin, aber wir hielten Kontakt. Sabine heiratete und ich war ihre
     Brautjungfer. Sieließ sich scheiden, und ich organisierte eine Scheidungsfete mit allen Freundinnen auf Mallorca, bei der Sabine feststellte,
     dass sie lesbisch war. Die Feststellung hielt bis zur Rückkehr, dann wurde sie wieder nüchtern und hetero. Unser Kontakt war
     nicht so regelmäßig, wie es sich vielleicht für alte
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