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Blitz und Vulkan

Blitz und Vulkan

Titel: Blitz und Vulkan
Autoren: Walter Farley
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Ramsay reichte Alec den Brief, den er in der Hand hielt. „Er kommt aus Arabien“, sagte er, „er lag im Briefkasten, als wir heimkamen.“
    „Von Scheich Abu?“ fragte Henry rasch.
    „Nein, er scheint von Abus Tochter Tabari zu sein. Jedenfalls steht dieser Name als Absender auf dem Umschlag.“
    „Vielleicht hat sie nur statt seiner die Adresse geschrieben“, vermutete Henry. Er sah Alec an, der den Umschlag öffnete und den Brief herausnahm. Er glaubte nicht, daß der Scheich Blitz herüberschicken würde, aber er konnte sich irren. Und falls Blitz käme, würde sich vieles ändern..., für ihn wie für Alec..., vielleicht sogar für Vulkan. Daher beobachtete Henry Alec beim Lesen mit gespannten Blicken.
    Er sah, wie Alec erblaßte, sah, wie ihm Tränen aus den Augen stürzten. Dann schlossen sich Alecs Augen, und seine sich krampfhaft schließende Hand zerknüllte den Brief.
    Herr Ramsay nahm ihm den Brief aus der Hand, glättete den Bogen und hielt ihn so, daß Henry mit ihm zusammen lesen konnte:

    Lieber Alec,
    mein Vater ist vor drei Monaten, Anfang März, gestorben. Wir trauern tief um ihn. Er ist den Verletzungen erlegen, die er bei einem Sturz von dem Hengst erlitt, den Du Blitz genannt hast.
    In seinem Nachlaß fanden wir einen Brief, der erst nach seinem Tod geöffnet werden sollte. In diesem Brief bestimmt er, daß Blitz Dir gehören soll.
    Es ist eine Ironie des Schicksals zu nennen — findest Du nicht auch? daß er dir den Teufel vermacht hat, der die Ursache seines Todes ist. Ohne diese Bestimmung würden wir Blitz erschossen haben.
    Ich habe den Transworld-Airlines den Auftrag gegeben, den Hengst zu Dir nach Amerika zu fliegen. Er wird in Newark in New Jersey in der Nacht des 20. Juni eintreffen. Alle notwendigen Papiere, eingeschlossen die Übertragung der Eigentumsrechte, sind in einem Extra-Umschlag abgeschickt worden. Möge Allah mit Dir sein und Dich vordem Schicksal bewahren, dem mein Vater zum Opfer gefallen ist.

    Tabari

Blitz

    Es war etwas mehr als eine Woche vergangen, seit Alec Tabaris Brief erhalten hatte. Er und Henry saßen in der Fahrerkabine ihres Pferdetransportautos, das sie vor dem Newarker Flugplatz geparkt hatten, und erwarteten die Ankunft des Flugzeugs, das Blitz bringen sollte.
    Henry strich mit der Hand übers Lenkrad, dann wandte er sich von Alec weg und betrachtete die Lichter des Flughafens. Gerade setzte ein großes Flugzeug auf der Landepiste auf.
    „Noch einmal, Alec“, sagte Henry, „ich weiß, daß ich mich getäuscht habe, als ich annahm, die Blitz-Episode in deinem Leben gehöre der Vergangenheit an, gründlich getäuscht...“
    Alec antwortete nicht.
    „Aber was ich bei dieser Gelegenheit erklärte, daß Blitz nicht als Rennpferd taugt, das gilt unverändert fort“, setzte er hinzu, indem er Alec ansah.
    „Ich habe nicht die Absicht, ihn auf die Rennbahn zu bringen“, erwiderte Alec. „Das habe ich dir ja schon gesagt.“
    „Gut, aber sieh dich vor, wenn du jetzt mit ihm zusammentriffst! Ich weiß, daß du nie große Schwierigkeiten mit ihm gehabt hast. Da ihr aber nun so lange Zeit voneinander getrennt gewesen seid, kann sich vieles zwischen ihm und dir geändert haben.“
    „Er wird mich wiedererkennen, Henry.“
    „Er hat Abu ebenfalls gekannt!“ antwortete der alte Trainer mit einem warnenden Unterton. Er sah nach seiner Uhr. „Es ist fast Mitternacht“, fuhr er fort, Jetzt kann das Flugzeug jede Minute eintreffen.“ Als er seine Hände vom Steuer nahm, stellte er fest, daß sie naßgeschwitzt waren. Er rieb sie zerstreut an seinen Hosenbeinen trocken.
    Alec blickte in den Himmel und dachte dabei: Blitz gehört mir wieder! Und diesmal für immer! Aber es hat Scheich Abu das Leben gekostet... Wieder und wieder hatte er sich gesagt, daß Abu ja ein alter Mann gewesen war, den wohl ein schwerer Sturz von jedem Pferd getötet hätte. Es hätte also gar nicht Blitz zu sein brauchen. Tabari hatte ihm keine Einzelheiten mitgeteilt. Abu konnte auf den Kopf gefallen sein und einen Schädelbruch erlitten haben — vielerlei Möglichkeiten gab es. Vielleicht war Blitz in vollem Galopp gestolpert, und Abu war nicht darauf gefaßt gewesen. Allein, wenn dies der Fall war — warum hatte Tabari Blitz töten lassen wollen? Warum, wenn ihres Vaters Tod einem Unglücksfall zuzuschreiben war? Blitz erkannte keinen Herrn über sich an — hatte der Scheich das vergessen? Hatte er geglaubt, das stolze Selbstbewußtsein des Hengstes brechen zu können?
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