Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitz sucht seinen Vater

Blitz sucht seinen Vater

Titel: Blitz sucht seinen Vater
Autoren: Walter Farley
Vom Netzwerk:
Zügel haltend. Alec meinte, das Bild müsse kurz vor dem Tod des alten Scheichs aufgenommen worden sein. Er betrachtete es genau, denn Abu Ben Isaak war ihm in der kurzen Zeit, während der sie sich gekannt hatten, ein sehr lieber, naher Freund geworden. Ohne ihn hätte es keinen Ziyadah, keinen Blitz, keine Fortsetzung der erfolgreichen Pferdezucht gegeben, die seine Vorfahren vor Jahrhunderten begonnen hatten.
    Er legte das Bild an seinen Platz und schloß das Fach. In seinem Kopf wirbelte es von ungelösten Fragen. Wer benutzte diesen Raum, dieses Pult? Wer hatte den Schlüssel zu den anderen Schubladen?
    Das Feuer flammte auf und warf sein Licht durch das ganze Zimmer. Alec sah sich um. Es war ein merkwürdiger, einsamer Raum. Plötzlich sah er, daß ein Stück der dem Eingang gegenüberliegenden Wand von einem großen schwarzen Vorhang verhüllt war. Er erstarrte. War dort noch ein Zimmer? War dort jemand verborgen? Er lauschte angestrengt, und als er nichts hörte, schlich er auf seinen nackten Füßen lautlos hinüber, schob den Vorhang vorsichtig zur Seite und fuhr zurück — ein Schwall von blauen, roten und gelben Funken schlug ihm entgegen!
    Er ließ den Vorhang fallen und sprang zur Seite, um dem Angriff auszuweichen, den er erwartete. Doch außer dem Prasseln des Feuers war nicht das geringste zu hören. Der schwarze Vorhang bewegte sich nicht. Der Funkenregen glich dem, der von Ziyadahs Schweif ausgegangen war. War auch dies nur ein Trug wie die blitzenden Metallplättchen an den Hufen? Wenn es sich so verhielt, hatte er nichts davon zu fürchten. Er stand auf und zog den Vorhang noch einmal zur Seite. Das Licht des Feuers erhellte die Nische, die er verborgen hatte und traf einen langen, capeartigen Kragen, der über und über mit glitzernden bunten Metallfäden bestickt war. Alec nahm ihn vom Haken und stellte fest, daß er an einem leichten Geschirr hing, mit dem er mühelos an der Wurzel eines Pferdeschweifs befestigt werden konnte. Beim Galoppieren wehte er dann wie eine Fahne im Wind hinter dem Pferd her... das war die Erklärung für Ziyadahs Feuerschweif!
    Alecs Augen wanderten durch die Nische, und was er dort weiter sah, war für ihn noch erstaunlicher als der funkensprühende Kragen. An einem Pfosten hing ein leichter Rennsattel aus vergoldetem Leder, daneben ein Zaumzeug von derselben Leichtigkeit und Farbe! Auf einem kleinen Wandbrett lag ein Leuchtstab mit roter Birne und daneben stand ein hohler Huf aus Plastik, ein Huf, der genau den seltsamen Abdruck hinterlassen mußte, den Alec beim Bergbach gesehen hatte: plump, rund und tief.
    Damit war klar, daß der Hengst in den beiden Nächten draußen in den Bergen einen Reiter auf dem Rücken gehabt hatte und keineswegs allein gelaufen war. Er hatte einen Reiter gehabt, der ihn lenkte, und der das große Tor für ihn geöffnet und geschlossen hatte! Tief in den Sattel gedrückt, von der wehenden Mähne halb verborgen, war ein Reiter sicher im Dunkel der Nacht aus der Ferne nicht zu sehen. Er hatte den Leuchtstab ein- und ausgeschaltet, und so das geisterhafte rote Licht erzeugt, das frei in der Luft zu schweben schien, während die Metallplättchen an den Hufen und die glitzernden Fäden am Schweif wie Funken im Mondlicht sprühten.
    Jetzt war das Bild vollständig, jetzt waren die letzten Stücke im Puzzlespiel am richtigen Platz. Nur auf zwei Fragen fehlte noch die Antwort: Wer war der Reiter? Und was bezweckte das ganze Gaukelspiel? Abd al Rahman konnte den Hengst nicht geritten haben, denn er hatte ihn ja in der ersten Nacht zusammen mit Alec verfolgt. Tabari war in dieser Nacht weit weg gewesen. Homsi vielleicht? Mit seiner kleinen Gestalt und der dunklen Hautfarbe würde er sich gut für die Aufgabe eignen. Nun, das würde sich wohl ergeben, wenn er Abd al Rahman beim Frühstück erzählte, was er entdeckt hatte. Dann würde der Scheich ihn nicht mehr für einen Feigling halten und auch mit dem geplanten Heimflug einverstanden sein, denn sein Ziel — Ziyadah in die Hände zu bekommen — war ja erreicht. Furcht hatte Alec jetzt nicht mehr, nachdem er vernunftgemäß, durchaus irdische Erklärungen für den ganzen Spuk gefunden hatte. Er würde nun nicht nachgeben, bis er wußte, wer das seltsame Spiel trieb und warum. Vielleicht fand er auch den Zugang, der vom Haus hierher führte, denn eine solche Verbindung mußte es wohl geben. Er erinnerte sich an die beiden Gänge, die von dem breiten Gang mit Ziyadahs Stall seitab führten,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher