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Blitz sucht seinen Vater

Blitz sucht seinen Vater

Titel: Blitz sucht seinen Vater
Autoren: Walter Farley
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wild funkelten. »Richtig betrieben, ist ein solcher Kampf eine Kunst, die übrigens täglich in einfacherer Form von meinen berittenen Hirten ausgeübt wird. Sie müssen ihre ebenfalls stumpfen Lanzen gebrauchen, um die Stiere und Kühe von einer Weide zur anderen zu treiben. Dabei ist es sehr oft unumgänglich, einen Stier über den Haufen zu werfen, um Pferd und Reiter zu retten.«
    »Wenn Sie aber in dieser Arena mit einem Kampfstier allein sind...?«
    »Dann ist er am wildesten und tapfersten«, Gonzáles lächelte, »und ich muß beweisen, daß ich ihm gewachsen bin.«
    »Aber Ihr Pferd? Welche Gefühle hat das dabei?«
    »Wahrscheinlich dieselben! Es muß gleichfalls Mut beweisen. Dafür ist es gezüchtet und trainiert worden. Es hat keine Furcht vor dem Stier, es sei denn, ich zeigte Furcht; das würde mein Pferd sehr schnell merken. Doch wenn das der Fall wäre, würde ich mich ja nicht in diese Arena wagen.«
    »Bleibt Ihnen denn bei einem solchen Kampf überhaupt Zeit nachzudenken?« wollte Henry wissen.
    Gonzáles lachte unbändig. »Ich merke, daß Sie von meiner Abwandlung der alten Bullenjagd nichts halten, Henry. Als Trainer sollte Sie dieses Kampfspiel jedoch interessieren, denn es ist mein Pferd, auf dessen Geschicklichkeit es hauptsächlich ankommt. Ich brauche nur sehr selten die Lanzen anzuwenden, um den Stier von ihm abzuhalten; es ist so schnell wie ein Rennpferd, so kraftvoll wie ein Percheron, so wendig wie ein Polopony. Aber Sie müssen das selbst sehen, um diese Leistung richtig würdigen zu können.«
    »Ich nehme Sie beim Wort!« sagte Henry.
    »Ich brenne darauf, Ihnen den Hengst vorzuführen, denn schließlich sind Sie ja seinetwegen über das Meer hierhergekommen«, sagte der große Mann gleichmütig.
    »Wie? Sie reiten bei diesem Kampfspiel El Dorado?«
    »Selbstverständlich. Und morgen Vormittag werde ich Ihnen hier in dieser Arena zeigen, was er kann.«

    Henry und Alec schliefen in einem Zimmer, das so groß war wie zwei Wohnzimmer zu Hause. Lange, von Hand behauene Balken liefen an der Decke entlang über die ganze Breite des Raumes, und auf dem Boden lagen prächtige bunte Teppiche. Über Alecs Bett hing der präparierte Kopf eines Stieres mit mächtigen, spitzen, blankpolierten Hörnern.
    »Möchtest du mit dem zusammen in der Arena sein?« fragte Henry von der anderen Seite des Zimmers herüber.
    »Mir ist so, als wäre ich’s«, antwortete Alec mit unbehaglichem Gefühl, die Augen auf die breit ausladenden Hörner gerichtet. Um den Anblick loszuwerden, sah er zu seinem alten Freund hinüber, der behaglich in seinem großen Bett lag, mit geschlossenen Augen. Kein Wunder, dachte Alec, nach dem Festmahl, das man uns vorgesetzt hat, muß er ja schläfrig sein. Es hatte frische Garnelen als Vorspeise, dann gebratene Hühnchen mit Salat, schließlich Roastbeef und Gemüse gegeben, dazu Eierrahm, Käse und Obst. Henry hatte sich noch weit mehr an die guten Sachen gehalten als er. Bei Tisch hatte eine große alte Frau namens Maria bedient, die Don Angel duzte. Er stellte sie als seine Amme vor, die Mutterstelle bei ihm vertreten habe, denn seine Eltern seien früh gestorben. Man merkte, daß Maria ihn auch jetzt noch bemutterte, denn sie mischte sich oft ins Gespräch und versuchte, ihn von dem geplanten Stierkampf abzubringen, als die Rede darauf kam. Aber er hatte ihre Einwände abgewiesen.
    Alecs Augen wanderten über die schweren Vorhänge und die reichgeschnitzten Stühle mit vergoldeten Stierköpfen auf den Rücken- und Seitenlehnen. Don Angel Gonzáles mußte reich sein; trotzdem war er seinen Worten nach am glücklichsten bei dem Spiel mit dem Tod. Denn welchen anderen Grund konnte er haben, seine Geschicklichkeit und seine Reitkunst gegen einen Kampfstier einzusetzen?
    Alec konnte keine Ruhe finden. Er stand auf und ging an eines der offenstehenden Fenster. Die Nachtluft war warm und voll scharfer Gerüche, doch Alec wurde sich nur des säuerlichen Duftes von den großen Silos bei den Ställen und des dumpfen Gebrülls der Tiere bewußt. Hatten er und Henry den Vater ihres Hengstes nur gefunden, um am kommenden Vormittag zuzusehen, wie ihm ein Stier den Garaus machte?
    Ohne sich vom Fenster weg ins Zimmer zu wenden, sagte Alec: »Henry, morgen, wenn wir El Dorado zu sehen bekommen, werden wir sogleich wissen, ob er wirklich Blitz’ Vater ist oder nicht. Was tun wir, wenn er’s nicht ist?«
    Es erfolgte keine Antwort; Henry war bereits eingeschlafen. Alec starrte in das
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