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Blindwütig: Roman

Titel: Blindwütig: Roman
Autoren: Dean Koontz , Bernhard Kleinschmidt
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ab!«
    »Womit?«
    »Mit dem Leben. Bring mich nach Hause, damit wir ins Bett steigen können.«
    »Ich dachte, wir wollten noch Dessert bestellen.«
    »Bin ich dir etwa nicht süß genug?«
    »Da ist es!«, sagte ich.
    »Was denn?«
    »Dieses schiefe Lächeln, das du manchmal zustande bringst. Ich liebe dieses schiefe Lächeln.«
    »Dann bring mich nach Hause und tu etwas damit, mein Großer!«

4
    Da ich an diesem Dienstag morgens um drei Uhr aufgestanden war, um dreißig Radiointerviews zu geben, hatte ich keine Schwierigkeiten, nachts einzuschlafen.
    Mich quälte einer meiner Träume, in denen ich mutterseelenallein war. Manchmal befand ich mich in einem verlassenen Kaufhaus, manchmal in einem leeren Vergnügungspark oder in einer Bahnstation, wo keinerlei Züge ankamen oder abfuhren.
    Diesmal streifte ich durch eine riesige, schwach beleuchtete Bibliothek mit hoch aufragenden Regalen. Die Gänge dazwischen kreuzten sich nicht rechteckig, sondern waren so verschlungen wie manche Recherchen, bei denen man von einem Wissensgebiet auf Umwegen unerwartet auf ein scheinbar völlig anderes gerät.
    In dieser Bibliothek des schlummernden Geistes herrschte eine Stille, die so tief und unruhig war wie der Treibsand Ägyptens. Kein Schritt, den ich machte, verursachte irgendein Geräusch.
    Die gewundenen Wege waren Katakomben, die statt mumifizierter Leichen das Leben und Werk unzähliger Menschen bargen, auf Papier gedruckt, mit Faden geheftet und mit Klebstoff gebunden.
    Wie immer in einem solchen Traum war ich unruhig, ohne wirklich Angst zu haben. Ständig erwartete ich eine bedeutsame Entdeckung, die mich zum Staunen bringen würde. Allerdings war es auch möglich, dass etwas Entsetzliches geschah.
    Spielte dieser Traum sich in einem labyrinthischen Bahnhof
ab, dann wurde die Stille manchmal von Schritten durchbrochen, die mich anlockten, bevor sie verhallten. War ich in einem Kaufhaus, so hörte ich von ferne das Lachen einer weiblichen Stimme, dem ich durch die Abteilungen hindurch folgte, an Küchengeräten und Bettzeug vorbei, eine stehengebliebene Rolltreppe hinunter …
    In der Bibliothek hingegen war ab und an ein kurzes, knisterndes Geräusch zu hören, das klang, als blätterte jemand, der sich in einem Nebengang befand, in einem Buch. Wenn ich nach ihm suchte, fand ich jedoch weder einen Benutzer noch einen Bibliothekar vor.
    Ein Gefühl der Dringlichkeit ergriff mich. Erst schneller gehend und dann laufend kam ich um eine Ecke in eine Art Lesebereich. Dort standen allerdings keine Sessel, sondern ein Bett, und darin schlief Penny, ganz allein. Die Decke auf meiner Seite des Betts war so unberührt, als hätte ich dort noch nie geschlafen.
    Bestürzt darüber, dass sie allein war, erkannte ich das als Vorahnung eines Ereignisses, über das ich nicht nachzudenken wagte.
    Ich trat zum Bett - und erwachte darin, neben Penny, also genau dort, wo ich im Traum nicht gelegen hatte. Die verschlungenen Regalreihen voller Bücher waren verschwunden, ersetzt durch Dunkelheit und die fahle Geometrie der mit Vorhängen verhüllten Fenster.
    Normalerweise wirkte Pennys leiser, rhythmischer Atem auf mich wie ein Seil, an dem ich mich im Dunkeln festhalten konnte, doch diesmal war es anders. Ich hatte das Gefühl, unruhig mitten im Raum zu schweben.
    Ich wollte etwas, ohne zu wissen, was es war. Dennoch schlüpfte ich behutsam aus dem Bett und verließ barfuß unser Schlafzimmer.

    Durch die Dachfenster fiel bleiches Mondlicht in den L-förmigen Flur. Als ich an einem dadurch doppelt versilberten Spiegel vorbeikam, erblickte ich mein Ebenbild, das so durchscheinend aussah wie ein Gespenst.
    Obwohl ich wach war, hatte ich immer noch das Gefühl zu träumen. Der Ort, an dem ich mich befand, war mein eigenes Haus, und doch kam er mir unheilvoller vor als die verlassene Bibliothek oder jenes Kaufhaus, in dem ein unauffindbarer, lachender Geist spukte.
    Meine immer stärker werdende Unruhe fand ein Ziel: Milo. Ich eilte den Flur entlang und bog nach rechts in dessen dunklen, kürzeren Teil ein.
    Unter der Türkante von Milos Zimmer war ein Flackern sichtbar, ein schmaler Streifen Licht, dessen Farbe zwischen einem intensiven Saphirblau und einem eisigen Stahlgrau changierte. Vom Fernseher konnte er nicht stammen, und obwohl es sich offenkundig auch nicht um Flammen handelte, vermittelte er mir doch das Gefühl einer tödlichen Gefahr.
    Eigentlich war es bei uns üblich, zu klopfen, aber darauf verzichtete ich, als ich die Tür
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