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Blind

Blind

Titel: Blind
Autoren: Joe Hill
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dafür: Alterszorn. Er hat dich und Marybeth Kimball angegriffen, und sie hat ihn getötet und damit euch beiden das Leben gerettet. Das ist alles, was Quinn hören will. Das, was passiert ist, ganz einfach.« Alles Freundliche, Umgängliche war in den letzten paar Sekunden ihres Vertrags abgestorben. Ihr aufgepapptes Grinsen war verschwunden, er hatte es wieder mit Tennessee zu tun – mit der zähen, unbeugsamen Tennessee, die ihn aus kalten Augen anblickte.
    Er nickte.
    »Und dann dürfte Quinn noch ein paar andere Fragen haben«, sagte sie. »Über den Unfall, bei dem es dir den Finger abgerissen hat. Bei dem der Hund getötet wurde. Der bei euch im Wagen war.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Jude. »Er will mich nicht zu dem befragen, was in Florida passiert ist?«
    Ihre Wimpern flatterten wieder. Einen Moment lang starrte sie ihn unübersehbar verwirrt an. Dann kehrte der kalte Blick in ihre Augen zurück und wurde sogar noch kälter als zuvor. »Ist in Florida irgendwas passiert, Jude? Etwas, das ich wissen sollte?«
    Also gab es in Florida keinen Haftbefehl gegen ihn. Was ihm völlig unerklärlich war. Er hatte eine Frau und ihre Tochter angegriffen, war angeschossen worden und in einen Autounfall verwickelt gewesen. Aber wenn er in Florida gesucht wurde, dann müsste Nan davon wissen. Dann würde sie schon längst an seiner Verteidigung basteln.
    Nan fuhr fort. »Du fährst in den Süden, um deinen Vater vor seinem Tod ein letztes Mal zu sehen. Kurz vor der Farm hast du einen Unfall. Du gehst mit dem Hund Gassi, direkt am Straßenrand, und da seid ihr beiden angefahren worden. Eine ziemlich unwahrscheinliche Kette von Ereignissen, aber so muss es gewesen sein. Nichts anderes ergibt einen Sinn.«
    Die Tür ging auf, und Jackson Browne steckte den Kopf herein. Er hatte jetzt ein rotes Muttermal am Hals, das Jude noch nie zuvor aufgefallen war, einen hochroten Fleck, der ungefähr die Form einer Hand mit drei Fingern hatte. Und als er den Mund aufmachte und sprach, hörte sich das an wie ein nuschelndes Quaken mit Cajun-Einschlag, lachhaft.
    »Mr Coyne. Schön, dass Sie noch bei uns sind.« Er warf Nan einen kurzen Seitenblick zu. »Ihre Plattenfirma wird enttäuscht sein, die hatten sicher schon das Tribute-Album in Planung.« Er lachte, bis er husten undsich die Tränen aus den Augen blinzeln musste. »Mrs Shreve, ich hab Sie unten gar nicht gesehen.« Sein Ton war hinreichend jovial, aber so wie seine zusammengekniffenen und fragenden Augen sie anschauten, klangen seine Worte fast wie eine Anklage. »Die Schwester am Empfang meint, dass sie sie auch nicht gesehen hat.«
    »Ich hab nur kurz gewinkt, als ich an ihr vorbei bin«, sagte Nan.
    »Kommen Sie rein«, sagte Jude. »Meine Anwältin hat mir schon erzählt, dass Sie mich sprechen wollten.«
    »Eigentlich sollte ich Sie ja festnehmen«, sagte Detective Quinn.
    Judes Pulsschlag beschleunigte sich, aber seine Stimme war ruhig und unbeschwert, als er ihm antwortete. »Weshalb?«
    »Wegen Ihrer letzten drei Alben«, sagte Quinn. »Ich hab zwei Töchter, und die spielen dauernd diese CDs. Und zwar mit einer Lautstärke, dass die Wände wackeln und das Geschirr in den Schränken klappert. Fehlt nicht viel, und ich raste noch aus, häusliche Gewalt, Sie verstehen, was ich meine. Und das bei meinen fröhlichen, reizenden Töchtern, denen ich unter normalen Umständen nie ein Haar krümmen könnte.« Er seufzte, wischte sich mit der Krawatte die Stirn ab und trat dabei ans Fußende von Judes Bett. Er bot ihm seinen letzten Kaugummi an. Als Jude ablehnte, steckte er ihn sich in den Mund und fing an zu kauen. »Aber man muss sie einfach lieben, auch wenn sie einen manchmal wahnsinnig machen, richtig?«
    »Richtig«, sagte Jude.
    »Ich hab nur ein paar Fragen«, sagte Quinn und zog einen Notizblock aus der Innentasche seiner Jacke. »Okay, fangen wir an, bevor Sie zum Haus Ihres Vaters kamen. Da waren Sie zunächst Opfer bei diesem Fall von Fahrerflucht, kann man so nennen, oder? Mann, wasfür ein grässlicher Tag für Sie und Ihre Freundin. Und dann noch von seinem Vater angegriffen zu werden. So wie Sie aussehen und in welchem Zustand ihr Vater war, hat er wahrscheinlich gedacht, dass Sie irgendein … was weiß ich … irgendein Killer sind, der seine Farm ausräumen will. Ein böser Geist oder so. Aber eins verstehe ich nicht ganz. Warum sind Sie nach diesem Unfall, bei dem Sie den Finger verloren haben, nicht gleich ins Krankenhaus?«
    »Na ja«, sagte Jude.
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