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Bleib doch, liebes Hausgespenst!

Bleib doch, liebes Hausgespenst!

Titel: Bleib doch, liebes Hausgespenst!
Autoren: Marie Louise Fischer
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Cognacflasche sich über sein Glas neigte und — gluck, gluck, gluck — die goldbraune Flüssigkeit hineintröpfeln ließ.
    Ihm sprangen die Augen fast aus dem Kopf. Er starrte entgeistert auf das Phänomen, dann drückte er die Lider fest zusammen und öffnete sie erst nach einigen Sekunden wieder, um sich zu überzeugen, daß er nicht geträumt hatte. Die Flasche stand ganz unschuldig wieder auf ihrem Platz — aber sein Glas, das vorhin leer gewesen war, hatte sich gefüllt.

    „Was war das?“ fragte er verwirrt.
    Liane strich ihm sanft über die Stirn. „Nichts, gar nichts!“
    Monika grinste. „Amadeus!“ sagte sie.
    „Ah, jetzt verstehe ich!“ rief der junge Mann plötzlich ganz erleichtert. „Sie sind ein Zauberkünstler, Herr Schmidt! Das war ein Trick! Glas und Flasche waren präpariert.“
    „Sie irren sich.“
    Walt Spiel hob das Glas, schnupperte daran, nahm einen Schluck und leerte es dann in seiner Verwirrung. „Schmeckt wie echter französischer Cognac.“
    „Ist es auch. Wir trinken davon nur zu besonderen Anlässen.“
    Der junge Mann zog sein Taschentuch, trocknete das Glas sorgfältig damit aus und stellte es, mit der Öffnung nach unten, wieder auf den Untersetzer. „Das gibt mir das Stichwort!“ sagte er dabei. „Wir sprachen gerade von der offiziellen Verlobung...“
    „Natürlich nicht hier im Haus. Das würde für Mutti zuviel Arbeit machen und außerdem“...Liane sprach den Satz nicht zu Ende. „Wir dachten an ein schickes Restaurant.“
    „Ja, genau“, stimmte ihr Freund zu, „es braucht ja nicht gerade ein Luxusrestaurant sein.“
    „Das finde ich sehr entgegenkommend!“ Herr Schmidt zwinkerte mit den Augen, weil er sich über die beiden jungen Leute lustig machte.
    Aber weder Liane noch ihr Freund merkten es. Unbekümmert machten sie weiter ihre Pläne, für die Herr Schmidt bezahlen sollte.
    „Wir haben auch nicht an einen großen Kreis gedacht!“ versicherte Liane. „Nur meine Freundinnen und deren Freunde...“
    „...und einige meiner Kommilitonen mit ihren Freundinnen...“
    „...und natürlich Walts Eltern...“
    „...und meine Geschwister!“
    „Wir dürfen doch wohl auch an dieser kleinen Feier teilnehmen?“ fragte Herr Schmidt.
    Jetzt endlich merkte der junge Mann, daß Herr Schmidt es ironisch meinte. „Aber... das ist doch eine Selbstverständlichkeit!“ Er wurde sehr rot. „Wir haben es nur nicht erwähnt, weil es doch ganz selbstverständlich ist!“ Er sah Liane hilfesuchend an. „Nicht wahr, Liebling?“
    In diesem Augenblick drehte sich das leere Glas um, so daß es wieder auf seinem Fuß zu stehen kam. Rasch legte Walt Spiel seine Hand darüber. Aber natürlich war Amadeus stärker. Der junge Mann konnte das Glas nicht halten. Es flog nach oben.
    Liane griff nach der Flasche. Sie wurde ihr entrungen. Flasche und Glas schwebten außer Reichweite ihrer Hände anmutig durch die Luft.
    „Amadeus! Hör auf damit!“ rief Liane. „Bitte, Monika, tu etwas dagegen! Sag ihm, daß er aufhören soll!“
    „Aber warum denn?“ fragte Monika vergnügt. „Das ist doch lustig, ein harmloser Scherz! Sieh mal, er führt einen richtigen Tanz auf!“
    Das tat Amadeus wirklich. Glas und Flasche drehten und wendeten und verneigten sich voreinander, und dazu ertönte jetzt auch noch Musik: eine geisterhafte Walzermelodie.
    Walter Spiel war ganz weiß geworden. „Das ist ja furchtbar“, stöhnte er, „entsetzlich!“
    „Aber wieso denn?“ fragte Herr Schmidt. „Sie als werdender Regisseur müßten doch erkennen, wie phantastisch unser Gespenst das inszeniert. Es macht das doch geradezu künstlerisch, finden Sie nicht auch?“
    „Wer?“
    „Amadeus!“ sagte Monika. „Ich dachte, Liane hätte Ihnen von ihm erzählt.“
    „Habe ich auch!“ sagte Liane.
    „Aber so was ist doch unmöglich!“ beharrte Walter Spiel allem Augenschein zum Trotz. „So etwas kann es nicht geben!“ Den Kopf in den Nacken gelegt, starrte er gebannt zur Zimmerdecke hinauf, wo der unsichtbare Amadeus mit Glas und Flasche seinen drolligen Tanz aufführte. Für den jungen Mann sah es natürlich so aus, als wären die Gegenstände lebendig geworden.
    „Hören Sie nur“, sagte Herr Schmidt, „eine hübsche Melodie. Wahrscheinlich hat Amadeus die sogar selber komponiert.“
    „Wann... wann ist endlich Schluß damit!?“ Walter Spiel hielt sich die Ohren zu.
    „Regen Sie sich nicht auf!“ versuchte Monika ihn zu trösten. „Wie ich Amadeus kenne, wird er bald den Spaß
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