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Blanche - Die Versuchung

Blanche - Die Versuchung

Titel: Blanche - Die Versuchung
Autoren: Jane Christo
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sie zu stürzen. Unnötig , zu erwähnen, dass sie auf diese Erinnerungen lieber verzichtet hätte. Zu ihrer Zeit nannten die Kinder das Heim Madhouse, manchmal auch Funny Farm, und das s i cher nicht, weil es dort so lustig zuging.
    Glücklicherweise hatte ihre Flucht mit gerade mal acht Jahren dem Horror ein Ende gesetzt. Ein fehlendes Kind lässt sich nicht so leicht vertuschen wie Schikane oder Prügel. Spätestens am Jahresende fällt die Abwesenheit bei der Inventur auf.
    Wie immer, wenn sie an ihr ehemaliges Heim dachte, stieg Bitternis in ihr auf. Als hätten sie nur darauf gewartet, schmerzten die Narben auf ihrem Rücken. Obwohl längst verheilt, brannten sie in diesem Moment wie an dem Tag, als die Schwester Oberin so lange auf sie eingeschlagen hatte, bis ihr Schützling das Bewusstsein verlor.
    Blanche schloss die Augen und empfing den Schmerz mit offenen Armen. Er erinnerte sie daran , wer sie war und woher sie kam – als ob sie das verge s sen könnte. Die Wunden ihrer Kindheit. Das Leid ihrer Freunde. Die Ve r zweiflung. Dennoch half er, sich zu fokussieren.
    Wie aus dem Nichts trat Beliar hinter sie, schlang einen Arm um ihre Taille und drückte sie an sich. Mit der freien Hand nahm er das Telefon an sich und ließ sich die Adresse geben. „Wir sind unterwegs.“ Mit diesen Wo r ten beendete er das Gespräch und zog Blanche in eine warme Umarmung, die nach Kaffee und Zimt roch.
    „Wo warst du?“, murmelte sie in seine Armbeuge.
    „Den Recaller und Munition holen.“
    Die Dämonenwaffe? Überrascht hob sie den Kopf und kniff die Augen halb zusammen. „Du hast das gewusst?“
    „Ich kann sie spüren.“
    Sie? Meinte er die Dämonen?
    Er nickte, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
    „Und wann hattest du vor , mir das zu sagen?“
    „Nachdem du geduscht und angezogen bist, Blanche.“
    Gegen ihren Willen lief sie rot an. Eigentlich hätten sie heute J ag d auf Zoey machen sollen. Doch als Beliar ihr am Morgen das Frühstück ans Bett brachte, kam eins zum anderen, sodass sie sich bis Mittags in den Laken gewälzt hatten, und irgendwann eingeschlafen waren. Vor einer Stunde ha t ten sie eine Kleinigkeit zu sich genommen. Jetzt war es bereits dunkel und sie verpassten ihren ersten Einsatz.
    Das fing ja gut an.
    In Nullkommanichts war sie angezogen und bis an die Zähne bewaffnet, als würde sie in einen Krieg ziehen. Trotz des Recallers benutzte sie nach wie vor konventionelle Waffen. Solange Typen wie Zoey da draußen rumliefen, würde sich das auch nicht ändern. Davon abgesehen kam sie sich ohne ihre Ausrüstung nackt vor. So oder so, würde sie nicht unbewaffnet auf die Str a ße gehen. Zwei SIGs steckten in den Schulterholstern, die kleine Beretta Jetfire im Rücken, die Heckler im rechten Oberschenkelholster, die Glock im linken. Die Taschen ihrer schwarzen Cargohose waren mit Uzi-Combat Stahlmessern und Wurfsternen bestückt, während ein schicker Gürtel von Dolce & Geballer als Handgranatenhalter diente. Darüber trug sie einen gewachsten Kurzmantel, der den größten Teil ihres Arsenals verbarg. Der Mantel erlaubte einen schnellen Zugriff auf die Waffen, und ließ ihr gleic h zeitig genug Bewegungsfreiheit.
    Beliar trug weder Schuss- noch Hiebwaffen am Körper. Das musste er auch nicht, er war ein lebendes Kriegswerkzeug. Als Saetans Warlord hatte er zahllose Schlachten geschlagen und Jahrhunderte damit verbracht, diese Kunst zu perfektionieren, bis er am Ende selbst zu einer Waffe geworden war. Stahlharte Muskelstränge drückten sich durch den Ledermantel, der so eng an seinem Körper lag, dass er aufgemalt wirkte. Für ihren Ausflug nach Chartres hatte er sich lediglich die prall gefüllte Munitionstasche des Recallers umgehängt, schon war er ausgehbereit.
    Als ihr Blick auf die ausgebeulte Tasche fiel , hob sie eine Braue. Da drin mussten sich mindestens fünfzig Lichtfiolen befinden – mit wie vielen D ä monen hatten sie es zu tun?
    Schweigend verließen sie die Hotelsuite des Ritz und nahmen die Treppe zur Dachterrasse, die in der klirrenden Kälte aussah, als hätte jemand gro ß zügig Feenstaub verstreut, der im schwachen Mondschein silbrig funkelte.
    Oben angekommen schloss der Dämon Blanche fest in die Arme und bre i tete die Flügel aus, die wie von Geisterhand aus dem Rücken seines hochg e schlossenen Mantels wuchsen. Zumindest sah er wie ein Mantel aus. De facto gehörte er zu seiner Haut, war ein Teil von ihm, den er nach Belieben formen und verändern konnte. Zuerst
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