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Blackout

Blackout

Titel: Blackout
Autoren: Jonathan Kellerman
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einsachtzig groß, breitschulterig, mit schmalen Hüften, maskulin, das attraktive Gesicht mit einem Hauch von Charakterfalten überzogen, ein Schopf dichter, bronzefarbener Locken und ein dazu passender, breiter Schnauzbart. Er trug einen maßgeschneiderten, schwären Seidenanzug, ein schwarz-weißgestreiftes Hemd und eine schwarze Seidenkrawatte. »Glücklicher Milo«, flüsterte Robin, als sie an unseren Tisch kamen.
    Neben ihm sah Milo noch ungepflegter aus als sonst, obwohl er versucht hatte, sich herauszuputzen, wobei er sich das Haar mit Brillantine geglättet hatte wie ein kleiner Junge vor dem Kirchgang.
    Milo machte uns bekannt. Wir bestellten Drinks und gewöhnten uns aneinander. Rick war ruhig und zurückhaltend, mit nervigen Chirurgenhänden, die immer etwas zu tun haben mußten - mal hielten sie ein Glas, dann wieder eine Gabel oder einen Getränkequirl. Er und Milo tauschten liebende Blicke. Einmal sah ich, wie sich ihre Hände berührten, nur eine Sekunde lang. Als der Abend fortschritt, taute er auf und erzählte von seiner Arbeit und über das, was ihm am Beruf eines Arztes gefiel und was nicht. Dann kam das Essen. Die anderen hatten Hummer und Steak, ich dagegen mußte mich mit einem Souffle zufriedengeben. Wir unterhielten uns nett, und der Abend verlief prächtig.
    Nachdem die Teller abgeräumt waren und noch bevor der Servierwagen mit den Desserts kam, ließ sich Ricks Piepser vernehmen. Er entschuldigte sich und ging ans Telefon. »Wenn es den Gentlemen nichts ausmacht, schaue ich mal kurz bei Damen vorbei.« Robin tupfte sich den Mund mit der Serviette ab und stand auf. Ich folgte ihr mit Blicken, bis sie verschwunden war.
    Milo und ich saßen da und schauten einander an. Er zupfte sich ein Stückchen Hummer von der Krawatte. »Hallo, Freund«, sagte ich.
    »Hallo.«
    »Er ist ein netter Kerl, dein Rick. Ich mag ihn.«
    »Das freut mich. Ich wünsche mir, daß es diesmal lange hält.
    Es ist nicht leicht, wie wir leben, weißt du.«
    »Du siehst aber glücklich aus.«
    »Wir sind glücklich. In vielen Dingen sehr verschieden, aber wir haben auch viel Gemeinsames. Er bekommt einen neunachtundzwanziger Porsche«, sagte er und lachte.
    »Meinen Glückwunsch. Dann gehörst du zu denen, die ein besseres Leben führen.«
    »Man muß nur warten können.«
    Ich winkte dem Kellner, und wir bestellten frische Drinks. Als sie kamen, sagte ich: »Milo, da ist noch etwas, worüber ich mit dir reden wollte. Über den Fall, meine ich.«
    Er trank einen großen Schluck Scotch.
    »Und worüber im speziellen?«
    »Hayden.«
    Sein Gesicht wurde ernst.
    »Du bist mein Psychiater, also steht dieses Gespräch unter dem Siegel der ärztlichen Schweigepflicht.«
    »Mehr als das. Du bist mein Freund.«
    »Okay«, seufzte er. »Frag schon, was du fragen willst.«
    »Dieser Selbstmord. Er ergibt keinen Sinn, und zwar aus zwei Gründen. Erstens war er nicht der Typ dafür. Ich höre von allen das gleiche: ein arroganter, widerlicher, sarkastischer kleiner Dreckskerl. In sich selbst verliebt. Kein Schatten eines Zweifels, was sein Ego betrifft. Solche Leute begehen nicht Selbstmord. Sie suchen nach Möglichkeiten, die Schuld auf andere abzuwälzen, wieseln sich geschickt aus allem heraus. Zweitens: Du bist ein Profi. Wie konntest du so nachlässig sein und so etwas zulassen?«
    »Unserem Disziplinarausschuß habe ich gesagt, daß ich ihn für einen berühmten Richter hielt und deshalb mit Ehrerbietung behandelt habe. Ich habe zugelassen, daß er sich umzog. In seinem Studio. Das haben sie mir abgekauft.«
    »Sag mir, wie es wirklich gewesen ist. Bitte.« Er schaute sich in dem Restaurant um. Die Tische in der näheren Umgebung waren schon leer, Rick und Robin noch immer nicht zurück. Er kippte den Rest seines Whiskys hinunter.
    »Ich bin gleich, nachdem ich dich verlassen hatte, zu ihm gefahren. Es. muß nach zehn gewesen sein. Er wohnte in einer dieser riesigen, Tudor-Imitationen am Hancock Park. Altes Geld. Großer Rasen. Bentley in der Einfahrt. Kunstvoll gestutztes Baumwerk. Eine Türglocke wie aus einem Boris-Karloff-Film.
    Er kam selbst an die Tür, ein kleiner Furz von einem Kerl, vielleicht einssechzig. Seltsame Augen. Unheimlich. Er hatte einen seidenen Hausmantel an und in einer Hand ein Cognacglas. Ich sagte ihm, weshalb ich da war. Es beeindruckte ihn nicht.
    Er war sehr korrekt und irgendwie distanziert, als ob das, weshalb ich hier war, gar nichts mit ihm selbst zu tun hätte. Ich ging mit ihm hinein ins
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