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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Kragenweite der Herren ihrer Begleitung?«
    Ohne Antwort ergriff Peter seinen Hut, stülpte ihn auf den Kopf und verließ unter Zurücklassung einer zuknallenden Tür das Büro. Draußen in der Kanzlei winkte er dem Assessor Bornemeyer zu und zeigte zum Chefzimmer. »Herr Dr. Portz möchte ein Glas Milch haben.«
    »Milch?« Hubert Bornemeyer sah entgeistert aus. »Wirklich Milch?«
    »Ja. Ihm ist irgendwie unwohl.«
    Eine völlig fassungslose Kanzlei verlassend, ging Peter Sacher die Treppen hinunter. Der Lehrling überholte ihn mit großen Sprüngen. Bornemeyer hatte ihn losgehetzt, eine Flasche Milch zu besorgen. Der Buchhalter mit dem Gallengesicht holte aus seinen Taschen einige Medikamentenschachteln und -rollen und baute sie auf seinem Tisch auf. Er war für alle inneren Gebrechen versorgt. Es war immerhin möglich, daß der Chef irgendeine Pille brauchte. Das ganze Anwaltsbüro wartete auf ein Zeichen von Dr. Portz. Als der Lehrling mit der Milch kam, wärmte eines der Tippfräuleins sie etwas in einem Kessel heißen Wassers an. Warme Milch ist für einen Magen immer besser.
    Unterdessen ging Peter Sacher die Alleestraße entlang, bog in die Königsallee ein und traf dort Sabine. Sie stand vor einem Modegeschäft und betrachtete blumengemusterte Bademäntel. In der Hand trug sie einen neuen weißen Koffer.
    Er stellte sich hinter sie, beugte sich ein wenig über ihre Schulter und flüsterte ihr mit verstellter Stimme ins Ohr.
    »Entzückende Dame, darf ich Ihren Koffer tragen?!«
    »Was erlauben Sie sich?!« Sabine schnellte herum. Ihre Augen sprühten vor Beleidigung. »Das ist …« Dann lächelte sie, als sie Peter erkannte, und hielt ihm den Koffer hin. »Aber bitte, mein Herr! Mich erschreckte nur das In-den-Nacken-Blasen Ihrer Stimme.«
    Peter atmete tief auf. »Ich wollte dich nur an kommende, veränderte Situationen gewöhnen«, sagte er gepreßt. »In wenigen Tagen wird man dir ganz andere Dinge sagen. Mein Gott, wird man dich belügen! Du solltest dich in den richtigen Antworten üben.« Er nahm den weißen Koffer und schwenkte ihn betrachtend durch die Luft. »Du willst an die See fahren?«
    »Wieso denn See?« Ihre großen, dunklen Augen waren voll Geheimnis.
    Sie sind mir sechs Jahre lang nicht mehr so aufgefallen, dachte Peter Sacher. Damals waren es zuerst ihre Augen, die mir auffielen. Sie stand in der modernen Gemäldegalerie und betrachtete ein abstraktes Gemälde. Als er sich räusperte, hatte sie ihn kurz angeblickt, und dabei waren ihm ihre Augen aufgefallen. »Können Sie sich etwas dabei denken?« hatte sie gefragt und auf das abstrakte Bild gedeutet. Er hatte nur ihre Augen gesehen und ernsthaft genickt. »Jetzt ja«, hatte er geantwortet. »Es hat jetzt einen Sinn bekommen.«
    Peter schüttelte die Gedanken ab. Jetzt standen sie auf der Königsallee, Sabine hatte einen weißen Koffer gekauft, sie wollte anscheinend an die See fahren, allein, weg von ihm. So wandeln sieben Jahre die Betrachtungsweise.
    »Weiße Koffer sind doch für die See«, sagte Peter etwas unwirsch. Ihn ärgerte, daß er Sabines Augen wieder herrlich fand.
    »Man kann auch im Gebirge weiß tragen.«
    »Kann man.« Katze, dachte er. Ob sie einen Liebhaber hat? Vielleicht trifft sie ihn in diesen sechs Wochen. Ich bringe ihn um!
    Er schwang den Koffer und trug ihn zu seinem Wagen. Sabine ging hinterher.
    »Du fährst schon wieder?«
    »Du nicht?«
    »Nein. Ich bleibe noch in der Stadt.«
    »Du willst noch einkaufen?«
    »Auch.«
    Peter fuhr herum. »Was heißt auch?«
    »Auch heißt auch.« Sie hob die Schultern und hatte ein unschuldiges, fast schmollendes Gesicht. »Willst du auf mich warten?«
    »Das gehört sich ja wohl so«, sagte Peter giftig.
    »Es wird vielleicht zehn Minuten dauern.«
    »Überhetze nichts. Es schadet dem Kreislauf.«
    Er stieg in den Wagen und zog mit einem Ruck die Tür zu, ohne eine Entgegnung Sabines abzuwarten. Doch bevor sie ging, kurbelte er die Scheibe hinunter und rief ihr nach: »Bring mir bitte eine Schachtel Zigaretten mit.«
    Sie nickte und ging mit schnellen Schritten Richtung Börse. Peter sah ihr nach. Sie fragt gar nicht, welche Zigarettenmarke, grübelte er. Sollte sie tatsächlich wissen, was ich rauche? Und schlanke, lange Beine hat sie auch. Und schöne Hüften. Wie der Kerl da im hellbraunen Anzug sie anstarrt. Stehen bleibt er auch noch, dieser Affe! Weitergehen, du Idiot. Diese Dame ist verheiratet. Mit mir! Und glücklich verheiratet.
    Glücklich? Peter Sacher
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