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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr
Autoren: Heinz G. Konsalik
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suchte im Handschuhfach nach einer Zigarette. Er fand einen alten, platt gequetschten Stengel, drückte ihn rund und zündete ihn an.
    Sabine bog in die Alleestraße ein. Peter überlegte, was sie da wohl kaufen könnte. Einen Pelz? Ein Modellkleid? Zarte, hauchdünne Unterwäsche aus Perlon. Und dann sechs Wochen allein.
    Er nahm wütend eine Illustrierte vom Sitz und blätterte unlustig darin herum, um sich abzulenken. Als der Herr im hellbraunen Anzug, der Sabines wegen stehengeblieben war, an seinem Wagen vorbeikam, sagte Peter Sacher noch einmal laut »Idiot!« Aber der Herr hörte es nicht.
    Immerhin befreite es Peter von einem inneren Druck, als habe man an einem Dampfkessel das Ventil geöffnet.
    Ein Glas warme Milch ist ein beliebtes Getränk bei denen, die Milch mögen. Es enthält Kalorien und Aufbaustoffe. Es soll vor Er kältungen der Atemwege schützen. Mit Honig vermischt, wird es zur echten Athletennahrung.
    Auf dem Schreibtisch Dr. Portz' aber war es eine Beleidigung.
    Als Assessor Hubert Bornemeyer mit dem Glas Milch in der Tür erschien, hatte ihn Dr. Portz entgeistert angestarrt und abgewinkt. »Bornemeyer«, hatte er gesagt. »Wenn Sie schon immer etwas zu sich nehmen müssen, dann kommen Sie meinetwegen mit Salamibrötchen herein, aber nie und nimmer mit Milch. Ich bekomme eine Gänsehaut.«
    Assessor Bornemeyer stellte das Glas Milch auf den Schreibtisch. Dr. Portz verzog die Nase, als stänke es nach Kloake.
    »Bitte«, sagte Bornemeyer unsicher.
    »Was bitte?«
    »Ihre Milch.«
    »Meine …«
    Dr. Portz starrte das Glas an. Es gibt zwei Möglichkeiten, dachte er rasend schnell. Entweder man wirft das Glas Bornemeyer an den Kopf und wird für jähzornig erklärt, oder man streichelt Bornemeyer über das schüttere Haar, denn er ist schwachsinnig geworden.
    Auf Zehenspitzen verließ der Assessor das Chefzimmer. Draußen in der Kanzlei verkündete er dem atemlos lauschenden Personal, der Chef sei anscheinend trübsinnig geworden.
    Der Gedanke, die Bestellung der Milch könne von Peter Sacher ausgehen, war mittlerweile in Dr. Portz zur Gewißheit geworden. Er nur allein kannte seine Abneigung gegen dieses Getränk. Es war die Rache eines Mannes, dem man die Wahrheit gesagt hatte. Dr. Portz schob das Glas Milch mit dem Handrücken in die hinterste Ecke des Schreibtisches. In diesem Augenblick führte Assessor Bornemeyer eine Dame ins Zimmer.
    »Sie ließ sich nicht abhalten, Herr Portz«, sagte Bornemeyer entschuldigend.
    Dr. Portz schnellte aus seinem Sessel hoch und rannte mit ausgestreckten Armen um den Schreibtisch herum auf Sabine Sacher zu.
    »Gnädige Frau, Sie?!« Er ergriff ihre Hand und küßte sie innig. »Wenn ein Vormittag so endet, kann man den ganzen Tag loben.«
    Sabine entzog ihm lächelnd ihre Hand. Ihr Blick fiel auf das Glas Milch. »Ach, Sie leben neuerdings diät?« fragte sie. »Milch ist gesund für die Nerven.«
    »Wenn dem so ist, sollte man Milch zum Pflichtgetränk für Politiker und Ehemänner machen.«
    »Ihr Wort in die richtigen Ohren.« Sabines Stimme war so bitter, daß Dr. Portz, Unheil witternd, ernst wurde und sie genau betrachtete. Sieht so eine Frau aus, die sechs Wochen Urlaub macht? Allein Urlaub?! Weg von einem Ekel von Ehemann, dachte Portz einen Augenblick gehässig.
    »Ist etwas nicht in Ordnung, Sabine?« fragte er.
    »Peter will sechs Wochen verreisen!«
    »Peter? Soso!« Dr. Portz spürte, daß Verwicklungen nicht zu vermeiden waren. »Er hat Erholung nötig. So ein Arbeitstier wie Peter! Wenn er nicht einmal zwischendurch Urlaub macht, besteht die Welt nur noch aus Peter-Sacher-Bauten!«
    Es sollte witzig klingen, aber es traf genau den neuralgischen Punkt Sabines. Sie sank in den Sessel, den vor wenigen Minuten noch Peter gewärmt hatte, und sah hilflos zu Dr. Portz empor.
    »Er will allein fahren.«
    »Ohne Sie?« tat Portz baß verwundert.
    »Ja.«
    »So ein Lümmel!« Dr. Portz fühlte einen leichten Schweißausbruch auf seiner Stirn und in seinem Nacken. »Ich spreche Ihnen mein Beileid aus, Sabine. Sie sind mit einem Flegel verheiratet. Wie konnten Sie so etwas tun, wo so viele stattliche Männer zur Verfügung stehen.« Dabei richtete er sich hoch auf. Er war wirklich eine Hühnengestalt, aber nicht der Typ, den man heiratet, sondern nur als Freund verehrt. Ein Gorilla mit Herz.
    »Bleiben wir doch ernst, bitte«, sagte Sabine schwach. Sie war dem Weinen nahe. »Peter will Ferien von der Ehe machen. Als ob ich nicht sieben Jahre lang eine
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