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Bittersueße Sehnsucht

Bittersueße Sehnsucht

Titel: Bittersueße Sehnsucht
Autoren: Tanja Rauch
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Vorsichtig lugte ich um die Ecke. Mein Vater saß auf der Couch und starrte auf den flimmernden Bildschirm. Sein Gesicht wirkte müde, als er sich von seinem Film losriss und mich anlächelte. „Hallo Schatz. Ich habe gesehen, dass du tief schläfst und wollte dich nicht wecken. Wie war dein Tag?“
„Hmmh, okay.“, erwiderte ich nur. Was sollte ich ihm auch schon erzählen. Er würde es nur wieder runterspielen und mir einen unnützen Rat erteilen. „Ich bin müde – ich gehe wieder schlafen.“, sagte ich und gähnte, um meine Müdigkeit zu unterstreichen. „Alles klar, gute Nacht Schatz.“, antwortete er mir, aber sein Blick war schon wieder gebannt auf den Fernseher gerichtet. 
    Fröstelnd tapste ich die Stufen hinauf, als mir auf der Mitte der Treppe noch etwas einfiel. Ich schlurfte zurück und stand wieder auf der Schwelle zum Wohnzimmer. „Ach…Paps?“
„Hm?“
„Nächste Woche ist die Abschlussfeier in meiner Schule.“, teilte ich ihm mit. Er blickte noch mal zu mir rüber, ich war mir aber nicht sicher, ob die Information überhaupt bei ihm angekommen war. „Okay.“, sagte er nur und wendete sich erneut der Flimmerkiste zu. „Vergiss es bitte nicht.“, flüsterte ich im Gehen, wusste aber, dass er das nicht mehr hörte.
     
    Eine Woche später:
 
    Ich saß angespannt auf meinem Bett und strich die Falten meines Rocks glatt. Mein Vater hatte mir extra Geld gegeben, damit ich mir für die Abschlussfeier etwas Schönes zum Anziehen kaufen konnte. Nervös malte ich mit dem Finger das Muster meiner Bettdecke nach.
Er wird schon gleich kommen!,
versuchte ich mich zu beruhigen.
Ich sprang auf und trat vor den Spiegel. Der Tüll meines Rockes raschelte leise und mein Herz klopfte wie wild. Unsicher überprüfte ich mein Spiegelbild. Hatte ich doch zu viel Make up genommen? Stand mir die Frisur überhaupt? Mit klammen Fingern versuchte ich, mittels einer Haarklammer eine störrische Strähne zu bändigen. Dann atmete ich tief durch, warf mir noch einen letzten Blick zu und beschloss, unten auf Papa zu warten. Vielleicht würden wir ja dann doch noch pünktlich zu meiner Abschlussfeier kommen. 
    Ich setzte mich auf den antiken Sessel, der am Fuß der Treppe stand und starrte zur Haustür. So als wollte ich sie beschwören und ihr sagen, dass sie sich doch nun bitte endlich öffnen sollte und mein Vater auf ihrer Schwelle stehen würde. Doch nichts geschah. Auch weitere fünfzehn Minuten später nicht. Und auch nach einer halben Stunde nicht. Ich zitterte und war den Tränen nahe. Die Küchenuhr, die man von hier aus sehen konnte, zeigte sieben Uhr. Die Abschlussfeier hatte soeben begonnen. Ohne mich!
Wütend sprang ich auf und riss mir die Klammern aus den Haaren. Die Tränen brannten in meinen Augen. Er hat es tatsächlich vergessen!
    Während ich hoch ins Bad rannte, löste sich die Wimperntusche mittlerweile unter meinen Tränen auf. Trotzig riss ich Klopapier ab und rieb mir die schwarze Suppe aus den Augen. Ich drehte den Wasserhahn auf und wusch mir mein Kunstwerk aus dem Gesicht. Die Kleider zog ich aus und warf sie achtlos auf den Boden. Ich schnappte mir meinen Bademantel vom Haken, hüllte mich darin ein und ging auf direktem Weg ins Bett. Die Enttäuschung und Wut, die in mir tobten, drohten wie hohe Wellen über mir zusammenzuschlagen. Ich biss in mein Kissen und schrie erstickt, während ich auf meinen Plüschbären einprügelte!
    Irgendwann schlief ich erschöpft und mit schwarzen Heulspuren auf meinen Kissen ein und bekam  nicht mit, wie mein Vater sich ins Haus schlich. Als ich am Morgen erwachte, war er bereits wieder weg. Am Kühlschrank fand ich eine Nachricht von ihm:
Guten Morgen mein Schatz!
Es tut mir so leid, wegen gestern. Ich bin in einem Meeting festgesteckt, das bis weit nach Mitternacht gedauert hat. Heute gehen die Verhandlungen weiter. Der Kunde hat sich als sehr hartnäckig erwiesen, deswegen wird es heute sicher wieder spä….
 
    Noch bevor ich zu Ende gelesen hatte, dass mein Vater heute wohl wieder erst in der Nacht heimkommen würde, zerknüllte ich den Zettel und warf ihn zornig in den Mülleimer, der in der Ecke stand. Ich bereitete mir ein Müsli zum Frühstück und machte mich dann auf den Weg in die Schule, um mir im Sekretariat mein Abschlusszeugnis abzuholen.
     

Winterkälte
    Vier Jahre später:
    Ich war guter Dinge. Vor ein paar Monaten hatte ich erfolgreich die Abschlussprüfung bestanden und ich musste zugeben, im Vergleich zu meiner Schulzeit
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