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Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Titel: Bitterer Nachgeschmack - Anthologie
Autoren: Claudia Senghaas , Iny Lorentz
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verreisen musste. Vor seiner Abfahrt überließ er seiner Frau fünfzig Taler, um die Kosten der Entbindung bezahlen zu können. Das erzählte Beta ihrer Freundin, woraufhin diese die Schwangere am folgenden Tag besuchte und Essen mitbrachte, das mit Mäusebutter angereichert war. Da Beta von robuster und gesunder Statur war, konnte die geringe Menge Gift ihr anscheinend nichts anhaben. Ein paar Tage später schenkte Beta einem gesunden Knaben das Leben. Sofort nach der Geburt bekam sie von Gesche Suppe gereicht, die sie stärken sollte. Doch auch in der war die Giftmenge zu gering, sodass die Frau nichts spürte. Ihre dreijährige Tochter hingegen, die nur von der Hafersuppe probierte, starb innerhalb kurzer Zeit unter qualvollen Leibschmerzen, Durchfall und Erbrechen. Gesche erhöhte nun die Dosis für ihre Freundin, sodass Beta kurz darauf ihrer Tochter folgte.
    Gesche stahl der Toten das Geld, das nach der Entbindung übrig geblieben war, doch zu ihrem Entsetzen reichte es nicht aus, auch nur einen Bruchteil der eingeforderten Schulden zurückzuzahlen. Daraufhin kratzte sie ihr letztes Geld zusammen und reiste in der Hoffnung nach Hannover, den Gläubiger damit erst einmal zufriedenzustellen. Für den Fall, dass das nicht gelingen sollte, hatte sie genügend Mäusebutter im Gepäck. Schlau wie Gesche war, hatte sie im Vorfeld bereits Briefe an den Mann geschrieben, in denen sie ihn als wahren und einzigen Freund betitelte. Sie wurde von dem Alten und seiner Familie wie eine Tochter aufgenommen. Doch es nützte dem Mann nichts. Am 17. Juli 1827 richtete Gesche ihm das Frühstück und versah dabei den Schinken mit Gift. Sieben Tage später war er tot. Da der Leichenbeschauer ›Gallenruhr‹ auf den Totenschein schreiben ließ, schöpfte niemand Verdacht, sodass Gesche ihr Teufelswerk fortsetzen konnte. Nur einen Tag nach dem Tod des Mannes gab sie seiner Familie vergiftete Hafersuppe zu essen. Zum Glück mussten alle so stark erbrechen, dass die Nebenwirkungen des Gifts geringfügig waren. Trotzdem erreichte Gesche, was sie wollte, denn die Familie vergaß, das restliche Geld von ihr einzufordern. Unbekümmert machte sie sich auf den Weg zurück nach Bremen, wo sie sich erneut um den Witwer Rumpf kümmern wollte. Fast in jede Speise mischte sie eine kleine Menge Arsen. Während sich der Mann erbrach, hielt sie ihm fürsorglich den Kopf, wischte ihm den Schweiß von der Stirn oder vergoss Tränen, weil er so furchtbar leiden musste.
    Gesche lächelte im Schlaf, denn sie erinnerte sich an die liebevollen Sprüche, die sie dem Radmachermeister niederschrieb, um ihre geheuchelte Zuneigung zu verstärken. Stumm formten die Lippen die Worte, die sie ihm vorgelesen hatte: »Schuldlos sein ist des Leidens höchste Würde, und der Edle, welcher mit heiterem Antlitz unter das Geschick sich beugt, ist ein Anblick, über den der Himmel sich freut.«
    Gesche gluckste leise im Schlaf. Doch dann wurden ihre Gesichtszüge verkniffen. Rumpf wollte sie weder heiraten noch fühlte er sich dazu verpflichtet, ihr ein Vermächtnis zu hinterlassen. Im Gegenteil! Gesche glaubte, eine zunehmende Abneigung gegenüber ihrer Person zu spüren, sodass sie befürchten musste, dass er ihr auf die Schliche kommen könnte. Gesches Gefühl hatte sie nicht getäuscht! Achtsam geworden, entdeckte Rumpf eine weiße, körnige Substanz auf seinem Salat, die er zuerst Gesche und dann seinem Nachbarn zeigte. Während sie das Entdeckte herunterspielte, warnte der Nachbar ihn vor dem Essen der Witwe Gottfried. Die Angst, dass man ihre Taten aufdecken würde, schien sie wahnsinnig zu machen. Wie von Sinnen verteilte Gesche von nun an das Gift unter die Menschen.
    »Vielleicht wollte ich, dass es endlich vorbei ist. Wollte endlich, dass dieser Drang in mir aufhörte, mich in Ruhe lässt«, murmelte sie und legte sich auf die Seite. Sie sah in der Erinnerung den entsetzten Blick des Witwers, als er das Ergebnis von seinem Hausarzt hörte, der den vergifteten Schinken untersucht hatte. Nun konnte sie nichts mehr leugnen, nichts mehr verheimlichen.
    Es war der 6. März 1828 und somit ihr 44. Geburtstag gewesen, als man Gesche Gottfried verhaftete.
    Seitdem waren drei Jahre vergangen. Drei Jahre, in denen sie fast täglich verhört worden war und in denen sie immer wieder ihre Morde und Taten erzählen musste.
    Gesche hoffte auf ein mildes Urteil, denn sie war bemüht gewesen, den Richtern schönzutun, und gab sich schüchtern und leidend; erklärte sogar, dass
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