Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille
Autoren: Andreas Schmidt
Vom Netzwerk:
bei uns Mitglied werden? Ich
könnte da bestimmt was machen für dich, Stefan.«
Der Kollege belächelte Stefans Bauchansatz. »Schaden
könnte dir etwas Sport jedenfalls nicht.«
    »Darum geht es
nicht«, erwiderte Stefan und schüttelte den
Kopf.
    »Es hat einen
Toten gegeben. Heute Nachtmittag haben sie ihn aus dem See
gezogen.«
    »Moment«,
rief Zachi. »Du redest vom Beyenburger
Stausee?«
    »Richtig.
Niemand weiß, wer der Tote ist. Angeblich hatte er weder Geld
noch Papiere bei sich. Der Mann ist zwischen dreißig und
vierzig Jahre alt, schlank, etwa einen Meter achtzig groß,
dunkle Haare.«
    »Eine
Beschreibung, wie sie auf zig Personen passen würde.«
Stefan musste zugeben, dass Zachi recht hatte.
    »Aber ich kann
mich ja mal umhören bei uns am See. Die meisten Leute, die
dort in einem Verein sind, kenne ich - zumindest vom Sehen her.
Vielleicht wird jemand vermisst, oder jemand hat etwas
beobachtet.« Zachi hatte sich in Rage geredet. Dann holte er
tief Luft. »Was ist denn mit der Polizei?«
    Stefan winkte ab.
»Sind noch nicht so weit, ist ja auch noch relativ frisch,
diese Geschichte. Jedenfalls sollen wir um Gottes willen nichts
senden, was die Ermittlungen gefährden
könnte.«
    »Kenne ich,
diesen Spruch.« Zachi drehte sein Wasserglas in den
Händen. »Also werde ich vorsichtig sein bei meinem
Frage-Antwort-Spiel.«
    Takis brachte den
Gyrosteller. Wie immer eine üppige Portion. Stefan machte sich
über den Teller her, ohne Zachi aus den Augen zu lassen.
»Heike ist im Studio und bereitet einen Beitrag vor, der noch
heute gesendet wird.«
    »Typisch«,
lachte Zachi. »Wie gesagt: Wenn du magst, kann ich mich mal
am See umhören. Vielleicht weiß jemand
etwas.«
    »Der Kommissar
wird uns lynchen«, erwiderte Stefan kauend. »Aber klar:
Immer her damit, wenn du Informationen hast.«
    »Unter einer
Bedingung.« Zachi war ernst geworden. »Ich will einen
Beitrag bei Radio Berg-Land laufen lassen.«
    »Geschenkt.« Stefan
nickte. Er fragte sich seit Langem, warum die benachbarten
Radiostationen nicht enger zusammenarbeiteten. Und vielleicht war
dies ja der Anfang einer guten Freundschaft.

5
    Polizeipräsidium
Wuppertal, 22:34 Uhr
    »Die sind ja
schneller, als die Polizei erlaubt«, rief Ulbricht und warf
den Kugelschreiber, mit dem er gerade gespielt hatte, auf den
Schreibtisch. Heinrichs zuckte zusammen, erschrocken über den
Ausbruch des Hauptkommissars. Ulbricht sprang auf, stapfte zur
Fensterbank des Büros. Aufgeregt schaltete er das
batteriebetriebene Radio auf dem Sims ab. Wie immer war das kleine
Gerät auf die Frequenz der Wupperwelle eingestellt. Eben waren
die Lokalnachrichten gelaufen, und der Sender hatte schon vom
Leichenfund am Beyenburger Stausee berichtet. Ulbricht stand dem
Radiobeitrag mit gemischten Gefühlen gegenüber.
Einerseits war er froh, dass sich so möglicherweise Zeugen
meldeten, andererseits ging es gegen seine Ehre, dass Heike
Göbel bereits über die Sache berichtete, während er
nach wie vor mit leeren Händen dastand. Aber er hatte es ja
genauso gewollt, dachte er nachdenklich und beruhigte sich
langsam.
    Ulbricht stand mit
verschränkten Armen am Fenster und blickte hinunter auf die
Friedrich-Engels-Allee. »Diese Göbel berichtet über
den Fall im Radio, noch bevor wir eine erste heiße Spur
haben.«
    »Dann
müssen wir reinhauen«, murmelte Heinrichs, nahm die
Brille ab und fuhr sich mit der flachen Hand durch das
errötete Gesicht. »Ich hab’s Ihnen gesagt.«
Er machte sich am Computer zu schaffen und fragte die
Vermisstenmeldungen ab. Die Aufnahmen des Toten, die der Fotograf
am Fundort geschossen hatte, lagen ihnen bereits vor, sodass
Heinrichs sie mit wenigen Mausklicks mit der Datenbank abgleichen
konnte. Doch er fand nichts. Immer wieder schüttelte er den
Kopf und murmelte unverständliche Worte. Ohne sich vom Monitor
abzuwenden, griff er nach dem Plastikbecher, führte ihn zu den
Lippen und trank. Natürlich war der Kaffee längst kalt
geworden. Heinrichs stellte den Becher weg und schüttelte sich
angewidert. »Ist das Zeug eklig.«
    Ulbricht konnte sich
ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen. Er legte die
Füße auf die Schreibtischkante, zog eine zerknautschte
Packung Marlboro aus der Hemdtasche und friemelte eine Zigarette
hervor. Er machte sich einen Spaß daraus, das in offiziellen
Dienstgebäuden der Stadt herrschende Rauchverbot immer wieder
zu unterwandern. Längst schon hatten es sich die Vorgesetzten
abgewöhnt, ihn immer und immer wieder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher