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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille
Autoren: Andreas Schmidt
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grinste säuerlich. Er machte keinen Hehl daraus, dass
es ihm nicht passte, wie sich das LKA in die Ermittlungen
einmischte. Andererseits war der Fall nichts für einen
Kriminalhauptkommissar, die Geschichte enthielt deutlich mehr
Zündstoff, als ihm lieb war. »Klinke schwört
übrigens, dass er seinen BMW nicht an Jan Rüben verliehen
hat, und er hat ein hieb- und stichfestes Alibi, das ihm sein
Freund Brechtmann jetzt allerdings vor Gericht nicht mehr
bestätigen kann. Insofern steht die Frage im Raum, wer den
Wagen zur Tatzeit gefahren hat.«
    »Eine Idee
hätte ich«, murmelte Stefan. »Aber das müssen
wir noch beweisen.«
    »Ich lausche
gespannt.« Ulbricht beugte sich über den Schreibtisch
und faltete die Hände wie zum Gebet.
    »Noch
nicht«, erwiderte Stefan und schüttelte den Kopf.
»Geben Sie uns noch ein wenig Zeit, Kommissar. Wir brauchen
noch einen Beweis, und dann liefern wir Ihnen den
Mörder.«
    »Sie sind ein
verdammter Spinner, Seiler.«
    »Mag sein. Aber
Sie sind unzufrieden mit der Situation, dass Ihnen das LKA den Fall
abgenommen hat. Denken Sie zurück. Es begann am Samstag mit
einer Leiche im Stausee. Der Mann war zu Lebzeiten Journalist. Er
wurde ermordet, weil er zu viel wusste, und nach ihm musste jeder
dran glauben, der mit dem Fall in Zusammenhang stand und
möglicherweise ebenfalls zu viel wusste, gleich, ob er mit
diesem Wissen etwas anfangen konnte oder nicht. Da draußen
läuft jemand rum, der bereit ist, einen weiteren Mord zu
begehen, solange die Geschichte hinter alldem nicht ans Licht
kommt. Wir wissen, dass eine Mitarbeiterin des Ministeriums in die
Sache involviert war. Die Frau ist kalt genug, um einen Mord zu
begehen. Aber wer steckt hinter den anderen Morden?« Ulbricht
machte keinen Hehl daraus, dass ihn Stefans Gedankengang
interessierte. »Es muss also mehrere Parteien geben, die
hinter der vermeintlichen Mordreihe
stecken?«    
    »Richtig,
Kommissar.«
    »Und?«
    »Sie sind der
Kriminologe. Was treibt einen Mörder an?«
    »Das
Mordmotiv.«
    »Sechs Richtige,
Herr Ulbricht. Was wir suchen, ist also eine Person, die,
unabhängig von der ganzen Geschichte, so unglaublich sie auch
klingen mag, ebenfalls ein Motiv haben könnte, drei Morde zu
begehen. Möglicherweise war sich diese Person der Tragweite
gar nicht bewusst.«
    »Jeder, der drei
Menschen tötet, ist sich der Tragweite seiner Taten bewusst,
denn er handelt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im
Affekt, sondern er geht gezielt vor.« Ulbricht machte eine
wegwischende Handbewegung. Er sprang auf und taperte durch sein
Büro. Die Arme hatte er hinter dem Rücken
verschränkt, als er am Fenster stehen blieb und hinunter auf
die Friedrich-Engels-Allee blickte. »Vorausgesetzt, wir haben
es weder mit einem Psychopathen, noch mit einem Amokläufer zu
tun. Ich denke, beides können wir in diesem Fall
ausschließen.«
    »Die Gefahr,
dass er für den Rest seines Lebens ins Gefängnis wandert,
nimmt unser Mörder also billigend in Kauf. Es muss schon ein
ziemlich schwerwiegendes Mordmotiv sein.«
    »Unser
Mörder will verhindern, dass die Geschichte ans Licht der
Öffentlichkeit kommt«, warf Heike ein.
    »Viel mehr
noch«, erwiderte Stefan. »Er will es um alles in der
Welt verhindern. Und dafür muss es einen verdammt triftigen
Grund geben. Vielleicht einen geschäftlichen Grund. Vielleicht
ist die Tat aber auch privat motiviert.«
    »Sie wissen doch
mehr, als Sie zugeben wollen, Seiler.« Ulbrichts Augen
schienen Funken zu versprühen. Es störte ihn gewaltig,
dass er in dem Fall nichts mehr zu sagen hatte und dass die
Reporter der Wupperwelle unbehelligt von dieser Tatsache mit ihren
Ermittlungen weitermachten.
    »Nein.«
Stefan seufzte und schüttelte den Kopf. »Leider
weiß ich auch nicht mehr. Aber es sind zumindest ein paar
Denkanstöße, die wir nicht außer Acht lassen
sollten. Und wir werden es dem Landesamt zeigen, Kommissar. Das
sind wir Ihnen schuldig.«
    »Warum denn
das?« Ulbricht kehrte zu seinem Stuhl zurück und
ließ sich in das Kunstlederpolster sinken. Er legte die
Fingerspitzen beider Hände aneinander.
    »Seitdem wir das
Schwebebahnkomplott vor fast zehn Jahren aufgeklärt haben,
hassen Sie uns, weil wir ohne Rücksicht auf die
Bürokratie, mit der Sie sich täglich herumschlagen
müssen, ermitteln können. Und es ist an der Zeit, dass
wir Ihnen helfen, Ulbricht.«
    »Hauptkommissar
Ulbricht«, verbesserte er Stefan. »Außerdem bin
ich nicht auf Ihre Almosen angewiesen. Sie sind Reporter,
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