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Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen
Autoren: Horst Eckert
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Weile neben ihm gesessen, und Tom hatte die Gelegenheit benutzt, seinen Charme zu erproben. Seit er verheiratet war und erst recht seit der Kleine auf der Welt war, brauchte er das ab und zu. Den Beweis, dass er noch flirten konnte und auch andere Frauen als Gabi Gefallen an ihm fanden.
    Sie hatte ihn an Sinead O'Connor erinnert, die Sängerin. Auf dem Kopf hatte sie nur millimeterkurze Haarstoppeln. Ihr Lachen hatte ein angenehmes Kribbeln durch Toms Brust gejagt. Sie kannte eine Menge Prominente, und, um mitzuhalten, hatte er ein wenig mit seiner Arbeit geprahlt. Schließlich waren sie auf die Schweinehitze zu sprechen gekommen. Ohne Ventilator würde sie es an ihrem Arbeitsplatz, in der Maske, gar nicht aushalten, hatte sie gesagt.
    Mit großen Schritten durchquerte Tom die Halle. Er war sicher, die Kleine beeindruckt zu haben. Sein Charme funktionierte noch, darauf war Tom stolz. Und ebenso stolz war er darauf, dass er das Depot entdeckt und allein untersucht hatte. Sie würden lange suchen müssen, um einen zweiten Nachwuchsmann mit so viel Mumm zu finden.
    Als Tom den Paternoster bestieg, stieß er mit dem Leiter des K1 zusammen. Rottweiler, so nennen ihn alle. Ein brutaler Typ. Unwillkürlich duckte sich Tom.
    »So, den Vormittag mit Shopping verbracht, junger Mann?« Brauning grinste und musterte Tom herablassend.
    Knarrend bewegte sich die Holzkabine nach oben. Tom fiel keine Antwort ein. Vor Menschen, die ihre Macht mit Genuss zur Schau stellten, wurde er urplötzlich ein anderer: klein, hilflos, unbedeutend.
    »Wie heißen Sie?«
    »Swoboda, Thomas Swoboda, Kommissar im K2.«
    »Der Bruder von Mike Swoboda?«
    Auch das noch. »Äh – ja.« Scheißbruder.
    »Na, da sehen Sie mal zu, dass Sie Ihrem Namen alle Ehre machen. An schönen Tagen wie diesem hat er es locker auf zwei, drei Festnahmen gebracht! Wie lange sind Sie schon bei der Kripo?«
    »Drei Wochen.« Tom spürte schon wieder Schweißtropfen auf seiner Stirn.
    »Ein Frischling also.« Brauning blickte auf die Tüte.
    Tom meinte, eine Erklärung abgeben zu müssen: »Ventilator.«
    »Geht heiß zu bei Rauschgift und Sitte, was?« Braunings Grinsen wurde breiter.
    »Ja, äh – Wiedersehen.« Gerade noch rechtzeitig sprang Tom ab. Beinahe wäre er mit Brauning in die Chefetage gefahren.
     
     
    8.
     
    Als Erstes öffnete Ben das Küchenfenster, um den Geruch nach Verbranntem abziehen zu lassen.
    »Was sagen die zwei Alten?« Ben sah sich um. Eine Riesenküche.
    »Fabians Geschiedene ist Schauspielerin, lebt aber schon lange nicht mehr in der Stadt. Seine Tochter ist auch Schauspielerin, aber auch sie hat hier nie jemand gesehen. Fabian soll ein Einzelgänger gewesen sein. Viel unterwegs, selten Besuch. Gestern Abend war es völlig still, bis auf ...«
    »Ich weiß.« Wo in der Wohnung darüber der Laufstall stand, war hier eine Art Vitrine. Ben sah nichts als Flaschen. Der Schrank summte leise.
    »Die zwei haben mich vielleicht genervt!«, klagte Ria. »Die haben vor Monaten Anzeige erstattet, weil ihre Nachbarin stöhnt. Die Kollegen haben nichts unternommen, und die Alten wollten ihren Ärger an mir auslassen.«
    Ben öffnete die Glastür. Es war ein Kühlschrank. »Wozu braucht man so was?«
    »Lauter edle Tropfen«, sagte Ria und strich ihre langen, dunklen Locken aus dem Gesicht. »Wahrscheinlich war Fabian zu faul zum Treppensteigen. Oder der Keller ist zu warm, um guten Wein zu lagern.«
    »Damit kenne ich mich nicht aus.«
    »Immer noch Antialkoholiker?«
    Ben brummte statt einer Antwort. Vor einem halben Jahr war Ria ins K1 versetzt worden, seitdem mussten sie zusammenarbeiten. Sie hatten vereinbart, so zu tun, als sei nie etwas gewesen. Ben rechnete nach. Fünf Jahre war es her. Sie hatten beide kurz vor dem Abschluss der Verwaltungshochschule gestanden. Ria war seitdem etwas rundlicher geworden, doch ihr Gesicht war noch genauso hübsch wie damals. Über ihr jetziges Privatleben wusste er nichts. Es ging ihn nichts an.
    Sie folgte ihm ins Wohnzimmer. »Was sagt die junge Mutter?«
    Ben schüttelte nur den Kopf.
    Eine Kreidespur markierte die Umrisse des Toten auf dem Teppichboden. Bis auf die Blutflecken gab es keine Spuren eines Kampfes. Auf den ersten Blick schienen keine Gegenstände zu fehlen.
    »Er hat seinen Mörder gekannt und wurde überrascht.«
    »Na prima, das schränkt den Kreis der möglichen Täter schon mal ein. Wie viel Bekannte wird ein Gastronom wohl haben, der mehrere Läden betreibt und einen Partyservice?«
    Ben
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