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Bitte sagen Sie jetzt nichts

Bitte sagen Sie jetzt nichts

Titel: Bitte sagen Sie jetzt nichts
Autoren: Loriot
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Leben behält, wenn man das Kindliche immer noch mitträgt. Und wenn ich einmal vielleicht auf die Operninszenierung zurückkommen darf: Ich möchte diese Inszenierung machen wie ein Kindertheater. Ich bin als Kind manchmal enttäuscht gewesen, weil im Theater das, was das Stück versprach - nämlich einen Wald, einen See, ein Schloss oder etwas anderes -nicht gezeigt wurde, und so möchte ich das hier anders machen. Ich möchte, dass man, wenn man wie ein Kind ins Theater geht, nicht enttäuscht wird, sondern sieht, was man erwartet hatte. Und ein bisschen versuche ich, das Kindliche auf diese Operninszenierung zu übertragen.
    von Boehm Ihr Vater hat eigentlich das Gegenteil von dem getan, was man von einem Vater erwartet. Er hat Ihnen nämlich geraten, Zeichner zu werden. War Ihr Vater so eine Art Leitfigur für Sie? Sie haben offensichtlich auf ihn gehört, als er Ihnen das empfahl.
    Loriot Ja, ich habe oft gemurrt, was jedes Kind seinem Vater gegenüber tut. Aber ich habe immer gewusst, dass er recht hatte. Ich bin deswegen nicht angepasst gewesen. Wir sind ab und zu auch mal sehr überkreuz gewesen. Aber ich weiß heute, dass er ein unglaublich guter Vater war, der genau wusste, was richtig war. Er war sein Leben lang für mich der Maßstab dessen, was richtig und was falsch ist. Er war ein typischer Preuße, was das Pflichtbewusstsein, die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit und diese gewissen positiven Eigenschaften angeht, die andere natürlich auch haben, die aber den Preußen zugeschrieben werden. Da gibt es eine Parallele zu Flotow: Der Vater Flotow, ein pommerscher Gutsbesitzer, der fern von musikalischer Kultur und fern vom Pariser Leben war, schickt Anfang des 19. Jahrhunderts - 1810 oder so - seinen Sohn, einen pommerschen Gutsbesitzerssohn, nach Paris, damit der dort Komponist wird. Und ganz ähnlich sagte mein Vater: Du kannst ganz gut zeichnen, das kannst du vielleicht besser als andere, und ich meine, du solltest auf eine Kunstakademie gehen. Dabei hätte er im Grunde sagen müssen: Junge, du wirst Arzt oder Rechtsanwalt. Ungeheuer für einen Vater, der sein Leben lang Beamter war und Offizier. Aber eben doch sehr preußisch. Das ist etwas, was den Preußen nicht zugeschrieben wird, dass sie eben auch so untypisch reagieren und sagen: Nein, nein, Junge, wenn du das kannst, dann mach das. Auch wenn es etwas ist, was mit dem landläufigen Preußentum nichts zu tun zu haben scheint.
    von Boehm Hatte Ihr Vater Humor?
    Loriot Sehr. Ich habe niemals über jemanden mehr gelacht als über meinen Vater. Er war der witzigste Mann, den man sich überhaupt vorstellen kann. Dabei sehr ernst, wenn es sein musste.
    von Boehm Können Sie seinen Witz beschreiben? Erinnern Sie sich an eine Begebenheit, in der er besonders witzig war?
    Loriot Es gibt da eine Geschichte, die mir besonders in Erinnerung ist, weil mein Vater auf dem Totenbett lag. Ich saß mit meiner Frau an seinem Bett, und ich wusste, es würde zu Ende gehen. Wir waren alle Berliner und sprachen zwar keinen Berliner Dialekt, aber das Berlinerische war eine komische Form, sich zu unterhalten. Das voraus ... Meine Frau begann einen Satz und sagte: Weißt du, ich kann mir nicht vorstellen ... Und in die Pause rein sagte er sofort: Du brauchst dir nich vorstellen, ick kenn dir ja schon! Das war nur so eine ganz kleine Sache, aber wenn jemandem auf dem Totenbett liegend und fast nicht mehr am Leben, wenn ihm das dazu einfällt - das ist typisch für dieses ständige Wachsein, etwas in bewusster Absurdität zu verstehen.
    von Boehm Gibt es eigentlich etwas an Ihnen, eine Eigenschaft, über die Sie selbst schmunzeln oder manchmal sogar lachen können?
    Loriot Ach Gott, viele! Die tägliche Unzulänglichkeit von morgens bis abends bietet immer wieder Anlass, sich selber komisch zu finden.

Menue
    Warum tun sich die Deutschen
so schwer mit dem Leichten?
    Frankfurter Allgemeine Magazin, 28. Februar 1986
    Mit Ingrid Heinrich-Jost
    Heinrich-Jost Wären Sie statt Humorist und Cartoonist lieber Musiker geworden?
    Loriot Ich bin Zeichner geworden, weil ich nach dem Krieg nicht recht wusste, was ich machen sollte. Aber die schönsten Beschäftigungen meines Lebens hatten eigentlich immer mit Musik zu tun. Es ist ein bisschen traurig, dass ich selber nicht Musik machen kann, sondern darauf angewiesen bin, sie zu hören. Aber meine große Liebe ist sie geblieben, mehr, als es das Zeichnen oder die bildende Kunst je hätten sein können.
    Heinrich-Jost Warum tragen Sie so
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