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Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Sarah Harvey
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hier jetzt in etwa so gut gebrauchen wie eine Zungenschwellung oder amputierte Hände.
    Sie neigte den Kopf zur Seite und sah ihn an, bevor sie antwortete:
    »Schlechtes Timing?«
    »Schlechter Tag«, gab er knapp zurück.
    Sie ließ sich nicht beirren und lächelte.
    »Also schlechtes Timing. Wie immer.«
    »Timing wofür, Annabelle?«
    Sie trat auf ihn zu und legte eine kühle Hand auf seinen Arm.
    »Ich wollte gerne mit dir reden.«
    »Ach? Und worüber?«
    Sie lächelte weiter und kam ihm noch näher.
    »Es gibt so vieles, das ich dir sagen will, Rory. Aber unter den gegebenen Umständen dachte ich, es sei das Beste, zu schweigen. Jetzt fürchte ich allerdings, dass es zu spät sein könnte, wenn ich weiter schweige ... Und darum habe ich beschlossen, dass ich lieber mit der Demütigung einer Zurückweisung leben möchte als damit, es gar nicht versucht zu haben.«
    Rory verdrehte die Augen.
    »Ach, Annabelle. Bitte«, stöhnte er.
    Doch sie schüttelte den Kopf.
    »Ich werde jetzt sagen, was ich zu sagen habe, Rory. Und nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben, finde ich, dass du mir wenigstens zuhören solltest. Und was ich dir sagen möchte, lässt sich am besten so ausdrücken.«
    Ehe er es sich versah, umfasste sie sein Gesicht mit beiden Händen und küsste ihn.
    Mit dem Kuss ging es ihm wie mit der Trockenbeerenauslese: Früher war ihm der Geschmack angenehm gewesen, jetzt war er ihm zuwider. Daran konnten auch ihre leidenschaftlichen, sachkundigen Lippen nichts ändern. Sein Herz schlug für eine andere.
    Doch sie ließ sich nicht abwimmeln.
    Bis er fast Gewalt anwenden musste und sie von sich schubste.
    »Es reicht!«, herrschte er sie an, und es war der Zorn in seiner Stimme, der sie mehr verunsicherte als der Stoß.
    »Annabelle! Ich will das nicht!« Er seufzte und rieb sich das Gesicht. »Bitte geh jetzt. Sofort.«
    Er rechnete mit Widerstand.
    Doch zu seiner Überraschung sah sie nur in Richtung Tür, lächelte breit und tat dann, worum er sie gebeten hatte.
    Sie verschwand ohne ein weiteres Wort.
    Dieses Mal rannte sie nicht kopflos die Steigung hinauf bis zum Hotel. Dieses Mal blieb sie eine Weile draußen vor der Tür stehen. Gelähmt vor Schock.
    Als Linda gesehen hatte, wie Annabelle und Rory sich im Kerzenlicht küssten, war sie einen Moment wie erstarrt, dann hatte sie schnappend Luft geholt, kehrtgemacht und war wieder hinausgegangen. Die Treppe hinunter in die Dämmerung, die sich auf Quinn und den ungewöhnlich viel Wasser führenden Fluss legte. In die kalte Luft, in der ihr Atem, als sie ihn endlich aus ihren Lungen entließ, Wolken vor ihrem blassen Gesicht bildete.
    Sie war zurückgekommen. Zu Rory. Um mit ihm zu reden. Um ihm zuzuhören.
    Sie hatte noch so viele Fragen.
    Aber was sie da gerade mit eigenen Augen gesehen hatte, war mehr als eindeutig.
    Den Rory Trevelyan, den sie zu kennen glaubte, gab es nicht.
    Er hatte ihr etwas vorgemacht.
    Sie hatte sich etwas vorgemacht.
    Hatte sich dieser perfekten Begegnung, dieser ultimativen Lovestory hingegeben, als sei es wirklich möglich, seine große Liebe so mir nichts, dir nichts zu finden. Er hatte sie wirklich daran glauben lassen ...
    Und jetzt war sie wieder auf dem harten Boden der Tatsachen gelandet.
    Linda konnte natürlich nicht wissen, dass der ganze Abend ein einziges Ränkespiel war, ausgedacht und eingefädelt von zwei sehr unterschiedlichen, aber in ihrer Eifersucht vereinten Frauen. Die eine wollte schlicht und ergreifend den Mann, der Linda liebte. Und die andere hatte Linda zwar immer für ihre geborgene, fast schon idyllische Kindheit verspottet, sie in Wirklichkeit aber darum beneidet.
    Linda konnte nicht wissen, dass sie nur einen Moment später gesehen hätte, wie der Mann, den sie liebte, ziemlich unmissverständlich klarmachte, dass er von dieser unerwarteten Annäherung überhaupt nichts hielt.
    Und sie konnte nicht wissen, dass sie, wenn sie nur eine Minute früher zum Hotel zurückgekehrt wäre, gehört hätte, wie Consuela einen Anruf von Annabelle entgegennahm, die sich bei ihr für ihre Hilfe bedankte.
    Schlechtes Timing war gar kein Ausdruck.
    Und so musste Linda natürlich glauben, Rory habe sie von vorne bis hinten belogen.
    »Ich fasse es nicht, wie ich mich derart in einem Menschen täuschen konnte ...«, jammerte sie Consuela auf dem Sofa in ihrer Suite vor. Sie war todunglücklich.
    »Sie haben dich angelogen«, säuselte Consuela, obwohl sie doch die Einzige gewesen war, die Lügen verbreitet
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