Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen
ein paar betont fröhliche Mails an Mom. Am Samstag fuhr ich zur Bibliothek, aber sie war so schlecht bestückt, dass ich mir nicht einmal eine Mitgliedskarte geben ließ; ich nahm mir vor, für die nächste Zeit einen Besuch in Olympia oder Seattle einzuplanen und mir dort einen guten Buchladen zu suchen. Wie viel Sprit der Transporter wohl verbrauchte? Lieber nicht darüber nachdenken, dachte ich mit Schrecken.
Der Regen blieb das Wochenende über schwach und leise genug, dass ich gut schlafen konnte.
Als ich am Montagmorgen auf dem Schulparkplatz ankam, wurde ich von allen Seiten begrüßt; ich kannte noch nicht alle Namen, winkte aber zurück und lächelte. Es war kälter als an den Tagen davor, aber zum Glück regnete es nicht. In Englisch setzte sich Mike auf seinen gewohnten Platz neben mir. Wir schrieben einen unangekündigten Test über Sturmhöhe , aber der war zum Glück sehr einfach. Alles in allem fühlte ich mich sehr viel wohler, als ich erwartet hatte. Wohler, als ich erwartet hatte, mich je hier zu fühlen.
Als wir nach Englisch vor die Tür traten, wirbelten lauter weiße Fusseln durch die Luft. Schüler schrien aufgeregt durcheinander. Der Wind schnitt mir in Nase und Wangen.
»Wow«, sagte Mike. »Es schneit.«
Ich betrachtete die kleinen wolligen Bausche, die sich am Boden aufschichteten und mir wild ums Gesicht wehten.
»Uh.« Schnee. Das war’s dann wohl mit meinem guten Tag.
Er sah überrascht aus. »Magst du keinen Schnee?«
»Nein. Schnee bedeutet, es ist zu kalt für Regen.« Logisch. »Außerdem dachte ich, es schneit in Flocken – jede einzigartig und so. Die hier sehen aus wie die Enden von Wattestäbchen.«
»Sag bloß, du hast noch nie Schnee fallen sehen«, sagte er ungläubig.
»Doch, na klar« – ich machte eine Pause. »Im Fernsehen.«
Mike lachte. Im nächsten Augenblick traf ihn ein großer, matschiger, tropfender Schneeball am Hinterkopf. Wir drehten uns beide herum, um zu sehen, woher der gekommen war. Mein Verdacht fiel auf Eric, der gerade in die andere Richtung davonging, obwohl er denselben Weg hatte wie wir. Mike hatte offensichtlich den gleichen Gedanken; er hockte sich hin und begann weißen Matsch zusammenzukratzen.
»Wir sehen uns beim Essen, okay?«, sagte ich, ohne stehen zu bleiben. »Wenn Leute anfangen, nasses Zeug durch die Gegend zu werfen, weiß ich, es ist Zeit zu verschwinden.«
Er nickte nur; seine ganze Aufmerksamkeit galt Eric, der sich unauffällig aus dem Staub zu machen versuchte.
Den ganzen Vormittag war der Schnee das einzige Thema; offensichtlich war es der erste in diesem Jahr. Ich sagte dazu nichts. Schnee war vielleicht trockener als Regen, aber nur, bis er einem in den Socken schmolz.
In erhöhter Alarmbereitschaft lief ich nach Spanisch mit Jessica zur Cafeteria. Von überall kamen die Bälle geflogen. Ich hielt einen Ordner in den Händen, um ihn im Fall der Fälle als Schutzschild zu benutzen. Jessica fand das irre komisch, aber irgendwas in meinem Gesichtsausdruck hielt sie davon ab, selbst einen Schneeball nach mir zu werfen.
An der Tür holte uns Mike ein, dessen stachlige Frisur vom Schnee ganz aufgeweicht war. Als wir uns an der Essensausgabe anstellten, unterhielten sich die beiden aufgekratzt über die Schneeballschlacht. Ich warf aus reiner Gewohnheit einen Blick zum Tisch in der Ecke. Und blieb wie vom Schlag getroffen stehen. Dort saßen fünf Personen.
Jessica zog mich am Arm.
»Hallo? Bella? Was nimmst du?«
Ich schaute zu Boden, meine Ohren glühten. Ich habe ihm nichts getan, sagte ich mir. Es gibt keinen Grund, sich schlecht zu fühlen.
»Was ist denn mit Bella?«, fragte Mike Jessica.
»Gar nichts«, erwiderte ich. »Ich nehme nur was zu trinken.« Ich schloss die Lücke zum Ende der Schlange.
»Hast du keinen Hunger?«, fragte Jessica.
»Ehrlich gesagt, mir ist ein bisschen schlecht«, sagte ich, ohne aufzuschauen.
Ich wartete, bis sie ihr Essen geholt hatten, dann folgte ich ihnen mit gesenktem Blick zum Tisch.
Langsam nippte ich an meinem Wasser, in meinem Magen rumorte es. Mike war übermäßig besorgt und erkundigte sich mehrmals nach meinem Befinden. Ich sagte zwar, dass alles okay sei, überlegte aber ernsthaft, ob ich die Vorlage annehmen und für eine Stunde im Zimmer der Krankenschwester verschwinden sollte.
Lächerlich. Es gab keinen Grund davonzulaufen!
Ich beschloss, einen Blick zum Familientisch der Cullens zu werfen. Sollte er mich mit demselben wütenden Blick wie letzte Woche
Weitere Kostenlose Bücher