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Bis einer weint! - 20 böse Ratschläge für gute Menschen (German Edition)

Bis einer weint! - 20 böse Ratschläge für gute Menschen (German Edition)

Titel: Bis einer weint! - 20 böse Ratschläge für gute Menschen (German Edition)
Autoren: Arian Devell
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Alexander der Große half, ein kulturelles Reich aufzubauen. Die arabische Welt erfand die Mathematik mit dem numerischen System, die Kirche half den Armen. Die Demokratie den einfachen Menschen. All dies waren Hilfe, um die Welt besser zu machen. Hilfe gehört zum Menschen wie das Reden und Denken, das Essen und Schlafen, das Arbeiten und der Müßiggang.
    Hilfe ist als etwas Mächtiges. Das freundliche Gesicht der Macht, wenn Sie so wollen. Und Sie? Sie helfen auch gerne. Man hat Ihnen beigebracht, wenn jemand in Not ist, dann muss man helfen. Man muss Hilfe anbieten, dort wo sie gebraucht wird. Ja, das ist richtig. Das ist humane Erziehung. Sie sind auf dem richtigen Weg.
     
    Erziehung hat aber mit dem Leben so viel zu tun, wie das Lesen mit dem Kämpfen. Das eine sollten Sie tun, das andere müssen Sie tun.
    Kämpfen ist Alltag im Leben und wir haben es so internalisiert, dass uns der Kampf normal vorkommt. Tatsächlich müssen wir täglich Entscheidungen treffen, die uns Schmerzen, Verzicht und Verlust zufügen.
    Wann haben Sie das letzte Mal drauf verzichtet, das nächste Bier zu trinken? Wann die Schokolade im Regal gelassen? Den teureren Urlaub zu buchen, obwohl sie wussten, dass Sie es nicht bereuen würden? Brauchten Sie dazu Hilfe? Vermutlich haben Sie es allein geschafft.
    Wir helfen uns heute mehr selbst, als wir es registrieren, als wir es merken und auf unser Pluskonto des Selbstbewusstseins legen. Was wir aber tun sollten. Wir leiden, obwohl wir uns gut tun. Wir helfen uns selbst, ohne die Hilfe als solche zu erkennen. Aber sie ist da.
    Und was wir jetzt am wenigsten benötigen, ist jemand, der uns noch mehr Hilfe zukommen lassen will. „Who the fuck is he?“, denken wir.
    „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“, ist ein furchtbarer Satz, den niemand mehr hören will. Er stimmt auch nicht. „Hilf dir selbst und dir wird es besser gehen“, sollte er eigentlich lauten.
    Er impliziert, dass Hilfe etwas von Gott Gegebenes ist, etwas für das wir zutiefst dankbar sein sollen, wenn wir es erhalten. Von wem auch immer. Hilfe bedeutet also, dass wir etwas nicht hinbekommen. Dass wir an den Realitäten scheitern. Wir können nicht mithalten. Hilfe ist auch immer ein Signal: Du scheiterst, wenn du so weitermachst. Du gehörst hier nicht her.
    Deshalb sollten Sie mit Hilfe vorsichtig umgehen.
     
    Man bietet Hilfe also nicht einfach an, weil die Leute sonst instinktiv denken, sie seien inkompetent. Sie denken und fürchten, dass sie eine gesonderte Aufmerksamkeit benötigen. Hilfe bedeutet, dass sie nicht das schaffen, was andere schaffen. Und für diesen Wink mit dem Rettungsanker sollen sie dankbar sein? Was erwarten Sie denn eigentlich noch?
    Hilfe anzunehmen ist für die meisten Menschen ein Zeichen von Schwäche. Es bedeutet ihnen, dass sie nicht mehr voll und ganz zum Stamm dazugehören. Hilfe anzunehmen setzt einen erst mal herab. Das wird uns übrigens ständig in der großen weiten Welt der Politik vorgeführt. Welche Länder brauchen Hilfe? Ohh, die mit den kaputten Kassen! Da, wo Korruption und Vetternwirtschaft herrschen! Klar, bei denen, die sich selbst bekriegen und in Höhlen und Lehmhütten leben! Wir helfen denen, die wir für unterentwickelt und rückständig in jeder Hinsicht halten. Hilfe hat also auch immer etwas Gönnerhaftes. Hilfe ist eine schöne Machtdemonstration. Hilfe lenkt - der Helfende legt die Regeln fest. Dies gilt auch im Kleinen: Wenn Sie anderen ungefragt Hilfe anbieten, glauben diese auch, Sie denken, man stehe über ihnen und wolle nun mit seinen Fähigkeiten imponieren.
    Und letztendlich weiß jeder: Eine Hand wäscht die andere. Man wird glauben, Sie spekulieren auf Gegenleistungen. Anstatt dankbar zu sein, wird man sich fragen: Was will er oder sie von mir? „Guter Rat hilft immer demjenigen, der ihn erteilt“, sagte Balthasar Gracián, einer der größten spanischen Schriftsteller der Frühen Neuzeit. Er erhielt übrigens Publikationsverbot, weil seine Wahrheiten zu provozierend waren.
    Nehmen wir seinen Ratschlag ernst:
    Helfen Sie nicht ungefragt, die anderen denken alles, nur nicht, dass Sie hilfsbereit sind. Vielmehr denken die meisten, dass Sie sogar pervers sind und irgendwie Anschluss suchen! Geben Sie auch keine Ratschläge!
    Man gibt keine Ratschläge, denn die Leute denken, man sei altklug und letztlich wollen sie auch nicht Ratschläge befolgen. Ratschläge sind wie Hilfe immer Aufforderungen, Verhalten zu überdenken. Ratschläge kommen nie gut an
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