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Bille und Zottel 02 - Zwei unzertrennliche Freunde

Bille und Zottel 02 - Zwei unzertrennliche Freunde

Titel: Bille und Zottel 02 - Zwei unzertrennliche Freunde
Autoren: Tina Caspari
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schon seit vierzig Jahren in den Diensten der Familie Henrich und hätte es als unter ihrer Würde empfunden, anders als im schwarzen Kleid mit weißer Schürze Gäste zu empfangen. Bille machte angesichts solcher Vornehmheit einen verlegenen Knicks und ärgerte sich im gleichen Augenblick über ihr Verhalten. Sie hatte sich doch fest vorgenommen, sich durch nichts beeindrucken zu lassen!
    Die Halle hatte die Größe eines Kleinstadtbahnhofs. Der Boden war mit spiegelglatten Fliesen im Schachbrettmuster ausgelegt, an den Wänden standen kostbare alte Truhen, darüber hingen Gemälde von strengen Herren und Damen aus vergangenen Jahrhunderten, die sich vor allem durch kunstvoll hochgetürmte Frisuren auszeichneten. Bille .unterdrückte gerade noch rechtzeitig den Impuls, durch die Zähne zu pfeifen.
    Die Mitte des Raumes nahm ein riesiger runder Tisch ein. Mindestens vier bis fünf Zentner, schätzte Bille, wenn sie umziehen wollen, brauchen sie einen Baukran, für den Transport. Aber Leute wie die Henrichs zogen wohl nicht um, die lebten schon seit vielen Generationen auf dem Hof.
    Auf dem Tisch lagen achtlos durcheinandergeworfen Reitgerten, Zeitschriften, ein Luftgewehr und Munition, alte Lederhandschuhe und eine Reitkappe. Das machte die Umgebung wieder sympathisch. Auch daß hinter der Haustür eine Galerie abgenutzter Reitstiefel in allen Größen stand, söhnte Bille mit der steifen Feierlichkeit des Hauses aus.
    Von der oberen Etage her näherte sich lautes Gekläff und Füßetrappeln . Florian, der Jüngste der drei Henrich-Söhne, sprang — immer drei Stufen auf einmal nehmend — die Treppe hinunter. Ihm folgten zwei Hunde undefinierbarer Rasse und Farbe. Als Florian Herrn Tiedjen sah, machte er eine Vollbremsung, bei der er drei Meter über den gefliesten Boden schlitterte, und endete in einer gekonnten Verbeugung vor dem Gast. Dann begrüßte er Bille mit männlich-hartem Handschlag und musterte sie neugierig.
    Fräulein Fuchs führte die Besucher in die Bibliothek und Florian benutzte die Gelegenheit, Bille ins Ohr zu flüstern: „Prima, daß du gekommen bist. Jetzt brauchen wir uns wenigstens nicht mehr um den Trauerkloß zu kümmern!“
    Bille sah sich scheu in dem eleganten Raum um, dessen Wände bis unter die Decke mit Büchern vollgestopft waren. In einer Fensternische war der Teetisch gedeckt, auf weißem Batist schimmerte kostbares altes Porzellan, blitzten silberne Kannen und Schalen. Bille wurde augenblicklich von der Vorstellung befallen, die schwere silberne Zuckerdose würde ihr in die Teetasse fallen, die Tasse zerbrechen und der Tee auf die kostbare Tischdecke und den noch viel kostbareren Teppich fließen. Sie beschloß, ihren Tee ohne Zucker zu trinken.
    Frau Henrich erwartete sie bereits. Sie war eine resolute blonde Frau mit wachen, hellblauen Augen und einem etwas vorstehenden Gebiß, und sie schien gar nicht in diese vornehme Umgebung zu passen. Sie schüttelte ihnen herzlich die Hände, wobei sie Bille unauffällig musterte. Bille segnete Mutsch in Gedanken dafür, daß sie darauf bestanden hatte, ihre Jüngste so fein herauszuputzen. Wenn Bille geahnt hätte, welche Hemmungen sie bei diesen „besseren Leuten“ befallen würden, hätte sie auf den Besuch ganz sicher verzichtet.
    Frau Henrich bat die Gäste, Platz zu nehmen. Kaum hatte Bille sich auf dem hochbeinigen, seidenbezogenen Stühlchen niedergelassen und verzweifelt überlegt, wo sie mit ihren Händen bleiben sollte, erschien der Hausherr. Bille sprang auf, um ihn zu begrüßen und stieß mit den Knien hart an die Tischkante. Es klirrte furchterregend.
    „Das passiert mir bei dem Tisch auch immer“, erklärte
    Florian kameradschaftlich, und Bille, die puterrot geworden war, warf ihm einen dankbaren Blick zu.
    Herr Henrich gefiel ihr sofort. Mit seinen großen, braunen Augen hinter den dicken Brillengläsern, dem schmalen Kopf und den schlanken Händen sah er eigentlich mehr wie ein Gelehrter oder ein Künstler aus, und nicht wie ein geschickter Landwirt und guter Reiter. Daß er leise und etwas schleppend sprach, unterstrich diesen Eindruck noch.
    „Florian, bitte hol Bettina herunter . Und sag deinen Brüdern Bescheid, daß wir Tee trinken wollen!“ Frau Henrich hatte eine Stimme wie eine Fanfare.
    Herr Tiedjen und Herr Henrich unterhielten sich über die Ernte und den Verkauf eines wertvollen Hengstes, und Bille stand unschlüssig daneben, bis Frau Henrich sie aufforderte, sich wieder zu setzen. Fräulein Fuchs
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