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Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition)
Autoren: Kate Racculia
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vieler wunderschöner Zombies verloren.
    Dann lernte er Amy kennen. Er war seit einem Monat in der Stadt – ein langer, schrecklicher Monat, ohne sicheren Job, ohne feste Bleibe, ohne Freunde kennengelernt zu haben. Nichts, was seine Entscheidung, nach L. A. zu kommen – was er einmal so verlockend fand, weil sie das genaue Gegenteil von Boston war –, als eine gute Entscheidung erscheinen ließ. Ziellos hatte er die Boulevards von North Hollywood abgefahren und sich geweigert, die Autobahnen zu benutzen (da er nie ein Auto besessen hatte, fehlte ihm das rasche instinktmäßige Reagieren am Lenkrad). Als er versehentlich in den Mulholland Drive einbog, versetzten ihn die Haarnadelkurven in solche Panik, dass er auf direktem Weg zurück in sein Motel fuhr und dieses drei Tage lang nicht mehr verließ. In dieser Zeit fanden alle seine Gespräche mit anderen nur noch telefonisch statt, und als seine Mutter meinte, dass keine Entscheidung von Dauer sein müsse und er jederzeit in sein altes Zimmer zurückkehren könne, sagte er nicht Nein. Er sagte: Ich werde darüber nachdenken.
    Mit Fluchtfantasien im Kopf, die jedoch von der Weigerung begleitet waren, Los Angeles zu verlassen, bevor er es richtig gesehen hatte, nahm Arthur all seinen Mut zusammen und fuhr hinein nach Hollywood. Er kam am Chinese Theater und einem als Dr. Frank-n-Furter verkleideten Mann vorbei, der ein schönes Bein in Netzstrümpfen ausstreckte und ihn mit einem Winken anzuhalten versuchte. Arthur winkte zurück, hielt aber nicht an. Er fuhr am Roosevelt Hotel und am Chateau Marmont und dem Viper Room vorbei, die zu betreten er nie die nötige Coolness aufbrächte, wofür er aber auch dankbar war.
    Ein Drive-in-Burger, das war schon eher seine Kragenweite. Er fuhr am In-’n’-Out Burger, das am Sunset-Boulevard lag, raus und stellte seinen Wagen ab. Auf dem Parkplatz stand ein Junge mit einer weißen Pappmütze, der wie ein Zigarettenmädchen eine Tafel vor sich hertrug und die Bestellungen aus den Autos in der Schlange vor dem Drive-in aufnahm. Es war eine lange Schlange – und ihm fiel auf, dass Mittagszeit war. Außerdem merkte er, dass er Hunger hatte. Wann er zuletzt gegessen hatte, hätte er nicht sagen können, doch er wusste noch, dass es irgendwas aus dem Automaten im Motel gewesen war.
    Sein Appetit jedoch und seine gerade erst aufgeblühte gute Laune verpufften in dem Moment, als Arthur Rook das Xanadu der südkalifornischen Fast-Food-Restaurants betrat. Kellner mit weißen Käppis, deren rote Schürzen mit beängstigend großen Sicherheitsnadeln zusammengehalten wurden, flitzten geschäftig umher; Gäste bestellten ganz zwanglos Gerichte, die gar nicht auf der Speisekarte standen (ein Double-Double? Ein Flying Dutchman?). Das Restaurant war gefliest wie ein Badezimmer oder ein Krankenhaus, helles Rot und steriles Weiß, und rote Palmen marschierten in Reih und Glied über die Wände, die Ränder der Trinkbecher und der Platzdeckchen, die auf den Tabletts lagen. Alle anderen außer ihm kannten sich hier aus, alle außer Arthur hatten einen Platz hier, er war das ausgekugelte Gelenk, das Rädchen, das nicht ins Getriebe dieser wunderbar surrenden Maschinerie passte. Und jetzt stand er an der Theke, und das Mädchen dahinter lächelte ihn breit an, und hinter ihr ermordete ein ebenfalls fröhlicher Arbeiter Kartoffeln mit einer teuflischen Vorrichtung, die halb Guillotine, halb Knoblauchpresse war. Der riesige Silbergriff senkte sich herab auf eine wehrlose Kartoffel und zersplitterte diese in bleiche Finger.
    »Was darf es sein, Sir?«
    Ich gehöre nicht hierher .
    Seine Augen schossen zur handgeschriebenen Speisekarte über ihrem Kopf. Hamburger, Cheeseburger. Keine andere Auswahl. Niemand sonst hatte einfach nur einen Hamburger oder einen Cheeseburger bestellt. Würde man es merken, würde er ertappt werden, wenn er etwas vorzutäuschen versuchte?
    »Sir?« Das Mädchen an der Kasse sah umwerfend aus. In L. A. waren alle schön, selbst die Mädchen im In-’n’-Out. Das machte ihn traurig, aber er wusste nicht warum.
    Arthur öffnete den Mund, aber es kam nichts heraus.
    »Entschuldigung, ich habe Sie nicht verstanden.«
    Die Maschinerie verlangsamte sich. Er, Arthur der Eindringling, war dafür verantwortlich. Doch eine plötzliche heftige Vorahnung sagte ihm, dass es zur Flucht bereits zu spät war. Diese Stadt würde ihn zermalmen, auffressen und ihn dann zwingen, für alle Ewigkeit darin herumzuwandern: namenlos und allein
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