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Biker's Barbecue (German Edition)

Biker's Barbecue (German Edition)

Titel: Biker's Barbecue (German Edition)
Autoren: Stefan Micke , Tobias Micke
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wir hineinfahren. Aber es ist zu spät, um noch weiter zu suchen.
    Walton ist seltsam schaurig. Dicke, hässliche Menschen, die sich alle irgendwie ähnlich sehen. High noon. Ich und er. Der Radfahrer und der Ort. Ich komme mir beobachtet vor. Dabei ist die Stadt wie ausgestorben. – Dass das nur mal keine Falle ist!?
    Die meisten Einwohner sind bei einem „Ballgame“, sagt man uns. Aber wer weiß, ob man den Leuten hier trauen kann. – Uns traut man jedenfalls nicht. Ein schlechtes Zeichen!
    Wir finden niemanden, der uns beherbergen will. Als letzten Ausweg fragen wir schließlich bei einer Kirche um Quartier. Der Pastor ist konsequenterweise gerade bei einer Beerdigung. Aber ein Kaffeekränzchen alter kichernder Ladys nimmt uns äußerst herzlich im Pfarrsaal auf und bewirtet uns mit Keksen. Eine der Damen bringt uns schließlich gleich nebenan bei ihrem Sohn unter.
    Trotzdem, ein stupides Nest.

    7.
    Nichts geht mehr. Robert De Niro in „Casino“

    Als ich am Morgen auf die Veranda trete, ist mein Fahrrad weg. Panik! – Als ich zurück ins Haus stürze, lehnt es wie selbstverständlich am Küchentisch (wo sonst?); ich hatte es im Vorbeigehen einfach übersehen …  So viel zu meinem heutigen Geisteszustand.
    Eigentlich wollten wir Walton ja so schnell wie möglich verlassen, aber als uns am Ortsausgang der Hunger übermannt, fallen wir stattdessen in ein Deli ein, wo wir bei einer Kellnerin namens Denise Frühstück um 99 Cents bestellen. Wir essen alles auf und bestellen danach bei der Kellnerin namens Denise umgehend noch einmal Frühstück. Doch die Kellnerin lässt sich nicht verwirren und berechnet uns das Frühstück gleich viermal. (Hatten wir wirklich so viel?) Danach gelingt es uns, spät aber doch, mit heiler Haut aus Walton zu entkommen.
    Es ist der mühsamste Tag bisher. In der Ebene hätten wir vielleicht 100 Meilen gemacht; aber in den Bergen um Masonville …  – Vielleicht der Fluch der Waltons? Die ganze Zeit entweder steil bergauf oder steil bergab. Dieser verdammte letzte Berg rüttelt ganz furchtbar an meiner Schmerzgrenze. Wenn das hier schon anfängt, wie um Himmels willen sollen wir dann die Rockies schaffen?!
    Um drei Uhr nachmittags haben wir erst 25 Meilen zurückgelegt. Anstatt zu fahren, liegen wir abseits der Straße im Gras herum. Gedanken fließen zäh, die Tage verschwimmen, verlieren die Konturen. Obwohl es schon so lange her ist, sind wir doch eben noch in den Bergen von Connecticut herumgeradelt. Oder nicht?
    Es ist angenehm, vom Rad zu steigen und sich auf den Boden zu legen: Als ob man von Bord eines Schiffes geht und endlich wieder festen Grund unter den Füßen hat. – Seit Tagen haben wir uns nicht mehr gefragt, ob wir genug Kraft für diese Reise haben. Jetzt zeichnet sich aber ab, dass die wahre Stärke woanders liegen muss: Motivation.
    Ich bin mir nicht mehr sicher, ob wir überhaupt im richtigen Maßstab reisen. 30 statt 60 Meilen am Tag wären wahrscheinlich auch genug. Genug jedenfalls, um sich erledigt und verbraucht zu fühlen, und wohl auch genug, um eines schönen Tages mit einem Gepäckträger voller Abenteuer in San Francisco anzukommen.
    Irgendwann vor unserer Abfahrt hatten wir beschlossen, dass 100 Kilometer (oder rund 60 Meilen) am Tag eine schaffbare Distanz wären. Seitdem haben wir über den Sinn oder Unsinn dieser aus der Luft gegriffenen Zahl nicht mehr nachgedacht. Wer mit dem Auto reist, bekommt nur einen Kurzfilm serviert. Aber muss man denn mit dem Rad genauso rasen?
    Ich blicke von der Straße aus in die Ferne. Dieser Kontinent ist so schön! Ich frage mich, ob wir das nur so empfinden, weil wir die großen Städte und Highways meiden. Natürlich gibt es dort draußen auch Städte. Aber welches Amerika ist das echte? Und welches Amerika meinen die, die behaupten, dass sie Amerika kennen und nicht mögen? – Wir haben in so wenigen Tagen bereits so viel Unterschiedliches gesehen. Unverständlich, dass das alles zu einem Land gehört.
    Unablässig beschäftigt mich die Frage, wie groß Amerika ist und wie lange drei Monate dauern. Zeit und Raum sind die maßgeblichen Kategorien geworden. Unser Rückflug ist jedenfalls gebucht. 24. August. Programmierter Notausgang. Keine Fahrt in die zeitlose Unendlichkeit. Das raubt einem irgendwie die Illusionen: Schwierig loszulassen, wenn man an beiden Enden festgebunden ist …
    Eigentlich wollten wir ja noch weiter als Whitney Point fahren, aber da war auf einmal diese hässliche, schwarze
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