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Big Bad City

Big Bad City

Titel: Big Bad City
Autoren: Ed McBain
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unrecht. Manchmal war Carella froh, daß er nur ein Cop war.
    »Ich habe draußen vor der Notaufnahme gewartet«, sagte Roselli, »auf dem Parkplatz, auf dem die Krankenwagen halten. Das war zwei oder drei Tage später. Ständig gingen Krankenschwestern rein oder raus. Es war Katie, da bestand nicht der geringste Zweifel. Ich sprach sie nicht an, weil ich nicht wußte, wie sie sich verhalten würde. Sie war aus der Band ausgestiegen und verschwunden. Sie war Nonne geworden und hatte einen anderen Namen angenommen. War sie davongelaufen, weil sie Angst vor dem Gesetz hatte? Oder Angst vor mir? War sie Nonne geworden, weil sie sich auf diese Weise verstecken wollte? Vor dem Gesetz? Oder vor mir?«
    Er nickte erneut, erinnerte sich. Nickte unentwegt. Versuchte zu verstehen. Faltete die Hände auf dem Tisch. Die Finger arbeiteten. Er knetete die auf dem Tisch gefalteten Hände.
    »Ich habe in allen Telefonbüchern nachgesehen, aber es war niemand namens Mary Vincent eingetragen. Also bin ich ihr eines Tages nach Hause gefolgt«, sagte er. »Sie wohnte in einem Haus ohne Fahrstuhl an der Yarrow. Ich habe mir die Briefkästen angesehen und fand einen, an dem Mary Vincent stand. Jetzt wußte ich also, wie ich sie erreichen konnte, falls ich das wollte. Aber warum sollte ich es wollen?«
    Und nun schien Roselli sich treiben zu lassen, abzuschweifen. Seine Stimme wurde so leise, daß sie kaum mehr als ein Flüstern war, und er vertraute sich Carella an, als säßen die beiden tatsächlich allein irgendwo draußen in der Sonne. Er war sich der Kamera jetzt nicht mehr bewußt, richtete den Blick nach innen, und die Worte ergossen sich aus seinem Herzen wie scharfe Glasscherben.
    Carella lauschte und litt.
     
    Mir war klar, daß eine Nonne nicht mal das Schwarze unter den Fingernägeln hat, aber Sie wissen ja, sie kam aus einer begüterten Familie. Irgendwo aus Pennsylvania. Als wir unterwegs waren, hat sie ständig von ihnen gesprochen. Ihr Vater war Professor an der Uni, ihre Mutter Psychiaterin. Da war Geld. Was bedeuten so einer Familie schon ein paar tausend Dollar? Ich wußte natürlich nicht, daß ihre Eltern tot waren. Das habe ich erst später erfahren. An jenem Abend im Park. Ich wußte nicht, daß ihr Bruder das ganze gottverdammte Geld geerbt hatte. Ich dachte einfach … Sie wissen schon … wenn ich sie um etwas Geld bitte, nur damit ich über die Runden komme, bis ich mit meinem Buchmacher klar bin, irgendwo eine feste Anstellung gefunden habe, dann könnte sie es ja vielleicht von ihren Eltern bekommen? Wenn eine meiner Töchter Nonne wäre, würde ich ihr geben, was sie will. Einfach alles. Ich liebe die kleinen Mädchen. Ich würde ihnen alles geben. Vielleicht werden Katies Eltern ihr aushelfen. Das habe ich jedenfalls gedacht.
    Ich konnte sie nicht anrufen, sie stand ja nicht im Telefonbuch, aber ich wollte sie auch nicht einfach auf der Straße ansprechen. He, Katie, erinnerst du dich an mich? Erinnerst du dich an die Nacht, in der wir beide Charlie Custer umgebracht haben? Erinnerst du dich daran, wie die Alligatoren ihn gefressen haben? Das war doch zum Piepen, was? Erinnerst du dich an das alles, so wie ich mich daran erinnere, außer wenn ich ganz tief im Dopeland bin? Erinnerst du dich, Katie?
    Ich schrieb ihr einen Brief.
    Er war auf Montag, den 10. August datiert. Ich weiß das, weil ich ihn noch mal gelesen habe, nachdem ich in ihre Wohnung eingebrochen bin, um ihn mir zurückzuholen. Ich zerriß ihn in dem Augenblick, in dem ich wieder zu Hause war. Spülte die kleinen Fetzen die Toilette runter. In dem Brief stand: Hallo, Katie, schön zu wissen, daß du noch lebst und es dir gut geht. Ich will dich nicht belästigen, Katie, ich weiß, daß du jetzt ein neues Leben führst, aber ich habe ein paar Probleme, und du kannst mir vielleicht helfen. Es geht um folgendes. Ich brauche ein paar tausend Dollar, um Schulden zu bezahlen. Ich hatte gehofft, du könntest deine Eltern um ein Darlehen bitten, bis ich wieder auf den Füßen stehe. Glaubst du, das wäre möglich? Ich wüßte deine Hilfe wirklich zu schätzen. Bitte ruf mich an, Katie. Ich wohne im Augenblick auf Sand’s Spit, in einem kleinen Reihenhaus. Die Nummer lautet 803-7256. Ich will dir nichts Böses. Ich brauche nur etwas Geld. Angesichts unserer gemeinsamen Vergangenheit bin ich überzeugt, daß du mir helfen wirst. Bitte ruf mich an. Sie hat nie angerufen.
    Sie muß den Brief irgendwann in dieser Woche erhalten haben. Selbst wenn sie ihn
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