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Big Bad City

Big Bad City

Titel: Big Bad City
Autoren: Ed McBain
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er wußte, daß es zum Kopfrechnen zu spät war. Er wußte genau, was sie wußten. Er wußte, Katie konnte ihm nicht von ihren Eltern erzählt haben, wenn er sie nicht seit dem vergangenen Juli gesehen hatte. Er wußte, er hatte einen Fehler gemacht, einen schlimmen Fehler, und er sah keine Möglichkeit, ihn zu korrigieren. Auf der anderen Seite des Flusses gingen in den Fenstern der Wohnhäuser die ersten Lichter an. Wenn die Nacht in diese Stadt kam, kam sie mit atemberaubender Plötzlichkeit.
    Er legte den Kopf in die Hände und fing an zu weinen.
    »Ich kann euch gar nicht sagen, wie toll ihr gewesen seid, Kinder«, sagt Charlie. Er hat zu viel getrunken und spricht undeutlich. Mit einer Flasche Bier in der Hand geht er schwankend zum Safe, bewahrt nur mühsam sein Gleichgewicht. »Upps«, sagt er, kichert glucksend, grinst dann breit als Entschuldigung und zwinkert Katie zu. Er hebt die Flasche zu einem verspäteten Toast. »Auf das nächste Mal«, sagt er, hebt die Flasche an den Mund und trinkt erneut. Sal hofft, daß er nicht ohnmächtig wird, bevor er den Safe geöffnet und sie bezahlt hat. Er selbst hat den ganzen Abend über Pot geraucht und ist ein wenig benommen. Auf jeden Fall hofft er, daß Katie nicht zu müde ist, um das Geld zu zählen.
    Charlie trägt einen zerknitterten weißen Leinenanzug, er sieht aus, als wolle er sich um die Rolle von Big Daddy in Süßer Vogel Jugend bewerben. Er kaut auf einer Zigarre, rülpst und nimmt sie aus dem Mund, nur um wieder einen Schluck Bier zu trinken. Schließlich stellt er die Flasche auf den Safe. Es ist ein großer, alter Mosler, der auf dem Boden steht, Charlie hat Schwierigkeiten, vor ihm niederzuknien, zum einen, weil er so fett, zum anderen, weil er so betrunken ist. Sal macht sich jetzt wirklich Sorgen, daß sie bis zum Morgen warten müssen, um iltre Gage zu bekommen. Wie will Charlie sich an die Kombination erinnern, geschweige denn die Ziffern auf der Scheibe sehen können? Und wie soll er selbst, Salvatore Roselli, den Unterschied zwischen einem Ein-Dollar-Schein und einem Hundert-Dollar-Schein erkennen, so stoned, wie er ist?
    Hier im Büro ist es unerträglich heiß. Die Klimaanlage am Fenster arbeitet, aber nur minimal, und in der Hoffnung, daß eine Brise Erleichterung verschafft, hat Charlie die Glastür zur Veranda aufgerissen. Draußen erklingen die Geräusche von Insekten und wilderer, gefährlicherer Geschöpfe, die Schreie der Tiere in der tiefen Dunkelheit. Nur die Alligatoren sind still.
    Sal hat sich erschöpft und verschwitzt in einen der großen, schwarzen Ledersessel fallen lassen, das T-Shirt ist völlig durchgeschwitzt, streckt die Beine aus und muß aufpassen, daß er nicht eindöst. Charlie kniet vor dem Safe, kann kaum das Gleichgewicht bewahren, murmelt die Kombination laut vor sich hin, als sei niemand bei ihm im Zimmer, drei nach rechts, auf die Zwanzig. Zwei nach links, an der Zwanzig vorbei, auf die Sieben. Eins nach rechts, auf die Vierunddreißig - aber der Safe geht nicht auf. Also fängt er noch mal von vorn an, und dann noch mal, bis er endlich die richtigen Ziffern erwischt. Kühn drückt er den Griff hinab, und schwungvoll öffnet er die Safetür. Alles prachtvolle Bewegungen. Alles groß und barock. Genau wie der betrunkene Charlie selbst.
    Die Einnahmen des Abends liegen im Geldschrank. Charlies Kundschaft setzt sich hauptsächlich aus Teenagern zusammen, und die zahlen bar. Er zählt die Scheine ab, muß auch sie dreimal zählen, bevor er es richtig hinbekommt. Er legt den Rest des Geldes in den Safe zurück, schlägt die Tür zu, dreht mit einer dramatischen Bewegung an der Ziffernscheibe. Jetzt hält er ein Bündel Hundert-Dollar-Scheine in der linken Hand. Mit der rechten stützt er sich auf dem Safe ab und hievt sich wieder auf die Füße.
    Er dreht sich zu Sal um, der es sich in dem schwarzen Ledersessel bequem gemacht hat und schon fast eingeschlafen ist.
    »Na, Piano Boy«, sagt er und schwankt auf ihn zu. »Willst du das Geld haben?« Sal öffnet die Augen. »Willst du bezahlt werden?« sagt er. »Deshalb sind wir hier, Boss«, sagt Katie.
    »Willst du das Geld haben?« fragt Charlie erneut und wedelt mit den Scheinen vor Sals Gesicht.
    »Hören Sie auf damit«, sagt Sal schläfrig, streckt die Hand aus und schlägt nach dem Geld, als wolle er es wie ein lästiges Insekt verscheuchen.
    »Süßer, wenn du das Geld haben willst, weißt du ja, was du zu tun hast«, sagt er und schiebt das Geld in die rechte
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