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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes
Autoren: Brigitte Glaser
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Was glaubst du, was auf der Straße alles überfahren wird! Katzen, Füchse, Dachse, Ratten, Karnickel, manchmal Rehe. Ich kann mir jeden Tag einen Braten von der Straße ins Haus holen.«
    Â»Und wegen deinem Fleisch muss ich meinen Laden dichtmachen. Weil du auf Braten aus Viechern stehst, die von Autos überfahren wurden!«
    Â»Nicht überfahren, nur von Autos getötet«, widersprach Pascal ernsthaft. »Du weißt, dass ich keine platt gefahrenen Viecher verwende. Hat dir das Eulenragout nicht geschmeckt oder die Bolognesesoße mit Fuchsfleisch?«
    Â»Aber da muss man doch keine Lebensphilosophie draus machen!« Felix sog verzweifelt an seiner Zigarette. »Und deswegen schon gar keinen Bauplatz kaufen. Ich mein, was sind ein paar Ratten und Füchse im Vergleich zu zwei Lkws?«
    Mein Handy klingelte, Martha blies mir den Marsch, weil ich noch nicht nach unten gekommen war. »Hey«, rief ich den beiden zu. »Es gibt einen Aperitif im Innenhof.«
    Als hätte ich sie bei etwas Verbotenem ertappt, sahen sie zu mir hoch und nickten eilfertig. Ich schloss das Fenster, nahm meine Messertasche und die Kochklamotten aus der Tasche. Auf dem Weg nach unten stieß ich auf Hedwig, die ihren kleinen, runden Körper in ein rosa Kleid mit weißem Kragen gesteckt hatte. Sehr kuchenaffin, wie ich fand. Sie schloss sich mir an und fragte nach meinem Patissier-Kurs.
    Â»Deville! Ich habe sein Buch über Dekorationen in der Patisserie gelesen. Kannst du dich erkundigen, ob er auch Kurse für Laien anbietet?«
    Das versprach ich und stieg mit ihr in den Innenhof hinunter, wo wir auf Pascal und Felix stießen. Hedwig lächelte Pascal an und lief mit ihm weiter, Felix blieb stehen, nestelte schon wieder eine Zigarette aus seiner Packung. Er rauchte Roth-Händle, die bereits in unserer Jugend Tot-Händle genannt wurden, und schenkte mir einen seiner melancholischen Hundeblicke.
    Â»Hab gar nicht gemerkt, dass du am Fenster stehst«, sagte er beim Anzünden der Zigarette.
    Â»Dabei bin ich eigentlich unübersehbar.«
    Â»Stimmt. Rote Locken und Sommersprossen hat nicht jeder.«
    Â»Und so groß und schwer sind auch nicht so viele.«
    Â»Weißt du noch, wie ich versucht habe, deine Sommersprossen in der dritten Klasse zu zählen? Ich bin auf dreihundertfünf gekommen.«
    Â»So weit hast du damals schon zählen können?«
    Die Antwort ein leichtes Lächeln, dann folgten wir Pascal und Hedwig zu den Stehtischen, wo ich neben Martha und Erna ein paar neue Gesichter entdeckte. Mitglieder der elsässischen Küchencrew, die uns der Hausherr Pierre Mueller vorstellte, der ein bisschen wie der Franzose aus der Camembert-Werbung aussah: klein und drahtig, dunkler Schnäuzer, Baskenmütze. Hände wurden geschüttelt, Küsschen getauscht, mit Cremant d’Alsace aus Scherwiller angestoßen, Blätterteigstangen in Kräuterquark getaucht.
    Â»Bibbeleskäs heißt der bei uns«, sagte Erna. »Und bei euch? Fromage de bibbelebib? «
    Â»Bibbeleskäs wie bei euch!«, antwortete Pierre Mueller.
    Allgemeines Gelächter, wieder wurde miteinander angestoßen.
    Â»Die wolle uns b’soffe mache, bevor mir mit dem Kochen anfange«, kicherte Hedwig schon leicht angeschickert und lehnte sich wie zufällig gegen Pascal, der neben ihr stand.
    Ich stellte mir kurz eine Mahlzeit im zukünftigen Haushalt der beiden vor: Fleisch, frisch von der Straße, und als Nachtisch eine Torte aus dem Dr.-Oetker-Backlabor. Ob das gut gehen konnte?
    Â»Einer von uns fehlt noch, d’r Luc«, sagte Pierre. »Do isch er jo!«
    Â»Mannomann«, entfuhr es Hedwig. Sie richtete sich auf, zupfte ihr Bonbonkleid zurecht und suchte Abstand zu Pascal.
    Ich sah auf. Dieser Luc kam direkt auf mich zu. Unsere Blicke trafen sich, und zum ersten Mal an diesem Tag spürte ich meinen Bauch. Der geriet von einer Sekunde in die nächste in hellen Aufruhr.
    Es war Martha, die zum Aufbruch drängte. Wir seien nicht nur zum Vergnügen hier, Feiern könne man später noch, erst gelte es, zu kochen. Also, auf in die Küche! Frisch ans Werk!
    Wenig später zeigte uns Pierre Mueller die Salle polyvalente , und es galt, sich in einer fremden Küche zu orientieren. Der Jörger-Metzger hatte unsere Zutaten ordentlich im Kühlraum abgestellt. Von dort schafften wir sie in die Küche. Während die Franzosen noch
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