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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes
Autoren: Brigitte Glaser
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große Freundin von Fondor-Würze, die sie bei Bedarf über alles streute, und Hedwig liebte Dr.   Oetkers chemische Wundermittel.
    Â»Die Hedwig«, so schwärmte meine Mutter, »ist die Kuchenkönigin von Fautenbach. Was kann die dir für Torten zaubern! Nachtische auch, selbstverständlich. Ich bin natürlich froh, dass sie dabei ist, aber …« Und dann tratschte sie darüber, dass Hedwig vor allem einen neuen Mann suche, seit ihrer sie im letzten Jahr sitzen gelassen habe, sie Pascal Eckerle, den ewigen Junggesellen, im Blick habe, der sich aber ein bisschen sperre. Ich hatte nur die Augen verdreht. Beziehungsstress in der Küche war ein verlässlicher Garant für verunglückte Gerichte. – Wie gesagt, die Sache mit dem Wettkochen konnte nur schiefgehen.
    Abgeerntete Weizenfelder, Weideland und nicht enden wollende Maisplantagen zogen an uns vorbei. Ich schloss die Augen und dachte an die Weiße Lilie, mein verwaistes Restaurant in Köln. Nach sieben Jahren leistete ich mir zum ersten Mal seit der Eröffnung zwei Wochen Ferien. Jedem, der mir vor einem halben Jahr erzählt hätte, dass ich den hart verdienten Urlaub auf einer Busfahrt zu diesem Wettkochen verbringen würde, hätte ich den Vogel gezeigt. Doch jetzt, wo die Liebe mal wieder den Bach heruntergegangen war und ich nicht ewig Trübsal blasen wollte, war mir jede Art von Ablenkung recht.
    Mais, Mais und noch mehr Mais. Achtzig Prozent der Gesamtfläche des Oberrheingrabens wurde auf deutscher Seite mit Mais bebaut, auf der französischen nicht weniger. Ich dachte an das große Bienensterben vor vier Jahren. Chemische Keulen zur Vernichtung von Maisschädlingen waren dafür verantwortlich gewesen. Den öffentlichen Aufschrei von damals hatte man längst niedergeschlagen, nirgendwo war eine Reduzierung des Maisanbaus erfolgt, im Gegenteil. Bis ans Ende ihrer Tage würden sich die Lobbyisten der Saatguthersteller die Hände reiben, weil es ihnen zudem gelungen war, der EU den Mais auch noch als Grundlage für Biogas anzudrehen. Darüber konnte ich mich ohne Ende aufregen.
    Tat ich auch. Zudem stach mir die Erinnerung an das Bienensterben ins Herz, weil der Tod meiner Patentante Rosa damit zusammenhing. Rosa, die ich sehr gemocht hatte. Rosa, die mir in den schwierigen Jugendjahren weit nähergestanden hatte als meine leibliche Mutter.
    Â»Guck mal, Störche!«, unterbrach diese meine Gedanken und deutete aus dem Fenster. »Die begrüßen uns. Der Storch ist das Wahrzeichen des Elsass!«
    Drei, vier, fünf landeten auf einem abgeernteten Weizenfeld. Ganz zum Schluss setzte mit noch ungelenkem Flattern ein Jungvogel am Boden auf.
    Â»Wie schmeckt eigentlich Storch?«, wollte Felix wissen.
    Â»Badischer oder elsässischer?«, fragte Pascal.
    Â»Storch schmeckt auf der rechten und auf der linken Rheinseite nach Frosch«, behauptete Erna. »So wie Katze nach Maus schmeckt.«
    Antoinette fiel mir ein, Rosas elsässische Freundin. Die hätte auch so eine Antwort geben können. Seit Rosas Tod hatte ich sie nicht mehr gesehen, und mit einem Mal freute ich mich auf Scherwiller, denn ich würde den Aufenthalt für einen Abstecher zu Antoinette nutzen.
    Aufgereiht wie eine Perlenkette zogen in der Ferne die Dörfer der Elsässischen Weinstraße an uns vorbei. Obernai, Heiligenstein, Barr, Dambach la Ville. Orte, eng in die Täler und Ausläufer der Vogesen geschmiegt, Fachwerk, Blumen, schmale Sträßchen, alte Kirchen, stolze Weingüter, feine Restaurants. Ein Bilderbuchdorf nach dem nächsten! Scherwiller, so erzählte mir Martha, musste sich im Reigen dieser prächtigen Orte erst seinen Platz erkämpfen. Noch in der Ebene gelegen, mit Weinbergen, die sich weit ins Rheintal schoben, gehörte das Dorf lange Zeit nicht zum Muss für Weinstraßentouristen. Aber der hervorragende Riesling, der mittlerweile hier angebaut wurde, der hübsche Dorfkern und die üppige Blumenpracht lockten heute immer mehr Besucher an.
    Käshammer fuhr seinen Bus durch ein kleines Industriegebiet nach Scherwiller hinein und brachte ihn auf dem Marktplatz, der hier Place de la Libération hieß, zum Stehen. Die Fußballer hüpften als Erste nach draußen, gefolgt von Musikern und Ortschaftsrat, den Schluss bildeten wir Köche. Alle strömten zu einem Tisch, der vor dem Rathaus stand. Dort warteten der Bürgermeister
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