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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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geschlossenen Augen wie eine Schlafende, doch es war kein Atem mehr wahrzunehmen.
     
    |407| Zu dieser Zeit befand der Kaiser sich in Torino, weil diese an sich guelfische Kommune mit dem Gedanken spielte, sich nach der Befreiung vom Bann dem Kaiser anzuschließen. Friedrich war dafür zu allerlei Zugeständnissen bereit und führte mit den Stadträten darüber gerade Verhandlungen, als der Bote hereinplatzte. Man muss es wohl so bezeichnen, denn der abgehetzte Mann stolperte, von der Stadtwache verfolgt, in den Saal und sank zu Boden.
    Der Kaiser las die Botschaft, sprang auf und rief:
    „Dieser Papst hat mich abgesetzt und mir meine Kronen geraubt! Woher diese Frechheit? Woher dieser dreiste Übermut? Soll er sich meine Kronen doch holen – ich werde ihn vom Thron Petri zerren. Doch dieser Spruch hat ja auch sein Gutes, denn nun bin ich ihm gegenüber jeden Respekts enthoben, und das bedeutet Krieg, Krieg, Krieg!“
    Die Stadtväter von Torino zogen sich schnell von dem Gebannten zurück und lehnten weitere Verhandlungen ab. Der Kaiser aber kehrte in sein Königreich zurück und schon unterwegs ergriff er Gegenmaßnahmen. In ausführlichen Schreiben wandte er sich an die Könige und Fürsten des Abendlandes, bestritt die Rechtmäßigkeit seiner Absetzung mit scharfen Worten und gab den Herrschern zu bedenken, dass ihnen bald das Gleiche zustoßen könne. Viele pflichteten ihm bei, an der Spitze König Ludwig von Frankreich, dessen Wort großes Gewicht besaß.
    In Pisa erfuhr Friedrich von Biancas Tod. Er nahm mit der gesamten Familie Lancia am Requiem teil und bestieg dann Anfang August mit den Kindern ein Schiff nach Süden.
    Seit Biancas Tod bewegten Friedrich seltsame Gedanken. Irgendwie war sie noch um ihn, er spürte ihre Gegenwart, manchmal so nah, als sitze sie mit ihm am Tisch. Fast jede Nacht träumte er von ihr, allerdings häufig im Zusammenhang mit Ereignissen, die zu ihren Lebzeiten niemals stattgefunden hatten. So begleitete sie ihn auf die Jagd, übernahm sogar die Rolle des Falkners, der den stolzen Vogel auf der Hand hielt. Dann wieder ritt sie wie ein Krieger gekleidet neben ihm, hielt eine Lanze und lächelte ihn beruhigend an, als wolle sie sagen: Solange ich neben dir bin, kann dir nichts geschehen.
    Sein sonst sehr ausgeglichenes Gemüt durchlebte jetzt ungekannte Höhen und Tiefen. Manchmal erwachte er mit einem Gefühl der Vergeblichkeit. Er hatte doch zeitlebens alles getan, um seine Ämter als König und Kaiser im Einklang mit der Kirche und |408| den Reichsfürsten wie auch zum Wohle aller auszuüben. Damit war er offenbar gescheitert und er wusste nicht, was er tun konnte, um die unangefochtene, allmächtige Kaiserherrlichkeit früherer Zeiten wiederherzustellen. Nicht, dass er jemals erwogen hätte abzudanken, um den Rest seines Lebens als Klostereremit hinzubringen – nein, dazu war er sich zu schade. Doch da gab es ja noch die Möglichkeit, sich auf sein sizilisches Königreich zu beschränken und damit den ewigen Zank zwischen Kaiser und Papst für alle Zeiten hinter sich zu lassen – diese Art der Lösung gefiel ihm mehr und mehr. Freilich gab es auch kämpferische Tage, da er nicht gesonnen war, dem Papst auch nur einen Fußbreit entgegenzukommen. Das hatte er ja schon versucht und Zugeständnisse gemacht, die seine Ratgeber zur Verzweiflung brachten. Heute freute es ihn, dass der Papst nicht darauf eingegangen war, und er schwor sich, bei neuen Verhandlungen eine enge Grenze einzuhalten. Aber würde es solche jemals geben? Es sah nicht danach aus.
     
    Einen Tag vor dem Osterfest landete im Hafen von Grosseto eine Galeere und ein Bote des Grafen von Caserta drängte sich rücksichslos zum Kaiser durch und überreichte ihm verschiedene Dokumente. Friedrich nahm sie stirnrunzelnd entgegen und sagte:
    „Ich hoffe, diese Nachricht ist so eilig, dass sie dein unziemliches Benehmen rechtfertigt.“
    Der Kaiser las, vergaß über dem Inhalt den wartenden Boten und rief seine Getreuen zu sich. Zuvor hatte er den Befehl erteilt, die Palastwache zu verdoppeln und Truppen aus der Umgebung zusammenzuziehen. Leichenblass und mit vor Erregung zitternden Händen hob Friedrich das Schreiben Richards hoch.
    „Was hier steht, ist an Ungeheuerlichkeit kaum zu übertreffen und wenn es ein Alptraum gewesen wäre, hätte ich ihn am nächsten Morgen lachend, weil in der Wirklichkeit undenkbar, abgeschüttelt und bald vergessen. Und doch, meine Freunde, sind es bittere Tatsachen, die hier
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