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Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038

Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038

Titel: Beutewelt 05 - Bürgerkrieg 2038
Autoren: Alexander Merow
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Verzweiflung biss er sich in den Arm – der Schmerz lenkte ab. Die schmutzige Uniformjacke zog Frank über den Kopf. So wirkte er wie ein Kleinkind, das hoffte, unter seiner Bettdecke vor den Schrecken in seinem Kopf sicher zu sein. Glücklicherweise zwang ihn die extreme Erschöpfung nach einigen Stunden doch einzuschlafen. Diesmal träumte er von nichts.
    Julia hatte bereits vor ein paar Tagen angefangen, ihre Sachen in Pappkartons einzuräumen und gedachte, demnächst wieder nach Ivas zu ziehen und ihre Zweitwohnung in Minsk aufzugeben. Frank war tot, daran gab es kaum einen Zweifel, und nach endlosen Stunden der Trauer und Depression hatte sie beschlossen, der weißrussischen Hauptstadt den Rücken zu kehren, um wieder in ihr beschauliches Heimatdorf zurückzukehren. Ihr Pädagogikstudium an der Universität von Minsk hatte sie zunächst einmal auf Eis gelegt, denn die Zukunft war ungewiss und der drohende Bürgerkrieg ließ die Frage aufkommen, wie lange die weißrussische Hauptstadt überhaupt noch ein sicherer Ort war. Vielleicht würde sie irgendwann wieder in der kleinen Dorfschule von Ivas zu unterrichten anfangen, wenn sie den Schock über Franks Tod halbwegs überwunden hatte.
    Die junge Frau hatte die Tragödie erst gar nicht fassen können. Frank Kohlhaas, dem schwierigen, vom Schicksal gezeichneten Menschen, hatte sie letztendlich doch ihr Herz geöffnet und dann war das Unglück wie ein unerwarteter Blitzschlag auf sie hernieder gegangen. Nun, vielleicht war er nicht ganz unerwartet gewesen, wie sie sich selbst eingestehen musste, denn Frank hatte ständig an irgendeiner Front gestanden und sich permanent im Konflikt mit irgendwelchen Feinden und Gegnern befunden.
    Einen ewigen Kampf hatte der oft aufbrausende Heißsporn, der andererseits so liebevoll und einfühlsam sein konnte, ausfechten wollen. Er hatte diesem endlosen Ringen sein Leben gewidmet und es schließlich dafür hergegeben.
    „Ich hätte doch wissen müssen, dass er eines Tages so endet!“, warf sie sich immer wieder unter Tränen vor.
    Betrübt räumte die hübsche Tochter des Außenministers, der selbst nach wie vor nur mit dem Kampf gegen die Weltregierung beschäftigt war, weitere Gegenstände in den Pappkarton vor sich ein. Mittlerweile wirkte die erst kürzlich eingerichtete Wohnung wieder leer und kahl. Ganz so, als wäre sie niemals hier gewesen, als hätte es das kurze Glück zwischen ihr und Frank gar nicht gegeben.
    Als sie zwischendurch innehielt und einen kurzen Blick auf sein Foto auf ihrem Handy warf, flossen ihr wieder die Tränen in die Augen und sie ließ sich auf dem Sofa nieder.
    „Glück ist nur Schein …“, hauchte sie, hielt sich schluchzend den Kopf.
    Wenn sie Pech hatte, dann würde sie eines Tages auch noch ihren eigenen Vater beweinen müssen, denn dieser konnte ebenso leicht ein Opfer der politischen Gewaltspirale werden. Julia fragte sich immer wieder, warum Frank niemals auf ihre Warnungen gehört hatte. Wieder und wieder hatte sie ihn gebeten, doch einmal die anderen kämpfen zu lassen. Aber der junge Mann hatte nicht hören wollen und seine Starrköpfigkeit war letztendlich auch seinen Untergang gewesen. Allerdings nicht nur seiner, sondern auch der ihre, wie Julia manchmal glaubte.
    „Wird es jemals wieder einen Tag geben, an dem ich lachen kann?“, flüsterte sie, sich sanft über den Bauch streichelnd.
    Seit einigen Tagen hatte sie Gewissheit. In ihr wuchs neues Leben heran. Ein Junge oder ein Mädchen wurde da zum Menschen. Doch es würde ein Mensch ohne Vater werden.
    Frank aber war nicht tot, zumindest noch nicht. Sie hatten ihn tagelang in dem dunklen Loch eingesperrt und seinen Ängsten überlassen. Heute Morgen hatten sie ihn erneut herausgeholt, in einen anderen Raum geführt und an einen metallenen Stuhl gefesselt. Dann waren sie wieder verschwunden. Mittlerweile saß der junge Mann schon seit zwei Stunden in der hässlichen Betonkammer. Fenster gab es hier nicht, nur graue Wände, den metallischen Stuhl und ihn selbst. Plötzlich hörte Kohlhaas Schritte und Stimmen. Die Tür wurde geöffnet und der glubschäugige KKG-Offizier betrat mit vier weiteren Männern den Raum.
    Einer der Kollektivisten schob ein kleines Wägelchen vor sich her, auf dem der Gefangene einige blitzende Gegenstände aus Metall erkennen konnte. Er erschrak zutiefst.
    „Bringt mir endlich einen Stuhl!“, herrschte der Offizier seine Untergebenen an und einer der Männer eilte aus dem Raum heraus, um kurz darauf
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