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Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)

Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)

Titel: Betula Pendula: Erster Zyklus: Frühling (German Edition)
Autoren: Sarah Kassem
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wieder zurück in den Schrank.
    Dann setzte er sich an den Tisch und sah zu, wie Viktor seine Froot Loops löffelte. Seine Mutter kam wieder in die Küche, setzte sich und nahm ihren Becher Kaffee in die Hand.
    Es breitete sich eine Stille aus, die Viktor unangenehm fand. Er fühlte sich beobachtet und kaute gehemmt. Das Krachen der Froot Loops zwischen seinen Zähnen war laut. Er kaute langsamer und vorsichtiger.
    Seine Eltern fingen an zu reden. Viktor hatte seinen Kopf über die Schüssel gebeugt, drehte die Augen nach oben, lugte über den Schüsselrand und schaute sich seine Eltern an.
    Er fand das alles sehr seltsam.
    Seine Mutter saß mit lose hochgesteckter Frisur am Tisch, hielt den Becher zwischen beiden Händen und lächelte strahlend. Sein Vater hatte ein T-Shirt und Boxershorts an, nicht den Anzug, den er immer anhatte, und lächelte ebenfalls strahlend. Sie erzählten irgendwas furchtbar langweiliges, aber beide sahen so aus, als ob sie gerade den Spaß ihres Lebens hätten. Viktor erinnerte sich nicht daran, dass er jemals mit beiden zusammen gefrühstückt hätte. Er wusste, dass sein Vater mal bei ihnen gewohnt hatte und er vermutete, dass er damals bestimmt jeden Morgen in der Küche gefrühstückt hatte. Aber er erinnerte sich nicht daran. Das verwirrte ihn. Dass es etwas gab, eine Tatsache in seinem Leben, ein nicht unrelevantes Geschehnis, wie die Zeit, als sein Vater noch bei ihnen gewohnt hatte, und dass er sich daran nicht erinnerte: das fand er sehr verwirrend.
    Solange seine Erinnerung zurück reichte, gab es immer nur ihn und seine Mutter beim Frühstück. Und die Ausnahmen, wenn er unten bei Maricel oder in Odeds kleiner Wohnung im Dachboden frühstücken musste. Aber dass jemand anders morgens am Tisch in Helenas Küche saß, war sehr befremdlich, und Viktor wusste nicht, was er davon halten sollte.
    „Ich zieh mich schnell an, dann fahr ich dich zur Schule, okay?“ Sein Vater stand auf und ging aus der Küche heraus.
    Viktor starrte seine sich entfernende Gestalt entgeistert an.
    „Papa fährt mich zur Schule?“, flüsterte Viktor entsetzt zu seiner Mutter.
    „Ja“, sagte sie.
    „Warum?“
    „Weil er sowieso jetzt zur Arbeit fahren muss, dann lässt er dich bei der Schule raus.“
    „Was ist mit Oded?“
    „Was soll mit Oded sein?“
    „Oded fährt mich immer zur Schule!“
    „Ja. Aber heute fährt dich Papa.“
    „ Warum denn ?“, flüsterte Viktor entsetzt.
    „Willst du nicht, dass er dich fährt?“, fragte seine Mutter.
    Viktor dachte nach und sagte dann: „Doch.“
    „Na prima. Geh und hol deine Schulsachen.“
    Viktor seufzte, legte seinen Löffel hin und stand auf.
    „Hey Viktor“, sagte seine Mutter , als er an ihr vorbeiging und packte ihn am Arm. „Was ist los? Alles gut?“
    „Ja“, raunte er.
    „Nein. Sag. Was ist?“
    „Nichts!“, flüsterte er wütend.
    „Was ist los, Viktor?“, fragte seine Mutter.
    „Nichts“, flüsterte Viktor gereizt und schüttelte seinen Arm und versuchte sich loszureißen. „Es ist alles anders heute. Das ist komisch!“
    Seine Mutter lachte. „Es ist nichts anders und es ist nichts komisch. Geh und hol deine Sachen, sonst kommst du zu spät.“
    Viktor rollte mit den Augen und ging sein en Rucksack holen.
     
    Als sie im Auto saßen und schon ein Stück gefahren waren, fiel Viktor ein, dass er sein Mittagessen vergessen hatte.
    „Macht nichts“, sagte sein Vater. „Ich kaufe dir in einer Bäckerei ein paar belegte Brote.“
    „Aber Andala macht mir immer das Essen!“, sagte Viktor.
    „Egal. Wir können jetzt nicht zurückkehren. Ich kaufe dir was.“
    „Wir können! Du musst nur das Auto umdrehen!“
    „Du kommst dann zu spät zur Schule, und ich zu spät zur Arbeit.“
    „Aber mein Essen ist dort!“
    Sein Vater schaute ihn irritiert an, dann blickte er wieder auf die Straße und fuhr schweigend weiter.
    „Mein Essen liegt immer in der Küche. Nicht oben in der Küche bei Mama. Sondern unten im Atelier. Ein Essen für mich, eins für Gem und eins für Hala. Du hättest in die Küche unten gehen müssen und das Essen für mich holen. Wie Oded. Oded macht das immer so.“
    „ Okay. Morgen kannst du das Essen von Andala wiederhaben. Wir sind jetzt schon zu weit gefahren. Wenn wir zurückgehen, dann kommen wir zu spät zur Schule.“
    „Aber ich kann morgen nicht das Essen von heute essen! Das ist dann kaputt!“, sagte Viktor gereizt und verstand nicht, dass sein Vater so etwas nicht wusste.
    „Nein, du
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