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Bettler 01 - Bettler in Spanien

Titel: Bettler 01 - Bettler in Spanien
Autoren: Nancy Kress
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darum handelte es sich in gewissem Sinn ja auch. Sie grinste ihm zu und freute sich, als er zurückgrinste wie ein Wolf, aber in so offensichtlicher Begeisterung schwelgend, daß es beinahe kindlich wirkte. Wie er wohl im Bett war…?
    Ong zog sein Gesicht in majestätische Falten und erhob sich. »Meine Damen und Herren, ich denke, wir können jetzt beginnen. Zunächst einmal möchte ich Sie miteinander bekannt machen. Mister Roger Camden und Mrs. Camden, unsere Klienten. Mister John Jaworski, Mister Camdens Anwalt. Mister Camden, darf ich Ihnen Judith Sullivan vorstellen, die Juristin unseres Instituts; Samuel Krenshaw in Vertretung von Direktor Doktor Brad Marsteiner, der heute leider verhindert ist. Und Frau Doktor Susan Melling, der die Entwicklung der gentechnischen Veränderung zu verdanken ist, welche das Schlafbedürfnis des Menschen eliminiert. Und nun zu einigen rechtlich relevanten Punkten, die für beide Seiten…«
    »Lassen wir die Verträge einmal kurz beiseite«, unterbrach ihn Camden, »und bleiben wir noch ein wenig bei dieser Sache mit dem Schlaf. Ich hätte dazu ein paar Fragen.«
    »Und was möchten Sie da gern wissen?« fragte Susan. Camdens Augen blickten intensiv blau aus seinen grob gehauenen Gesichtszügen; er war ganz und gar nicht so, wie sie sich ihn vorgestellt hatte. Mrs. Camden, die offenbar weder über einen Vornamen noch über einen Anwalt verfügte – Jaworski war ja ausdrücklich als Anwalt ihres Mannes bezeichnet worden, und nicht als der ihre –, sah störrisch drein. Oder ängstlich. Es war schwer zu sagen.
    »Dann sollte uns Frau Doktor Melling vielleicht zuerst einen allgemeinen Überblick geben«, sagte Ong mit säuerlicher Miene.
    Susan hätte es vorgezogen, auf konkrete Fragen konkret zu antworten, um zu sehen, was Camden besonders interessierte. Aber für heute hatte sie Ong schon genug auf die Zehen getreten, und so stand sie gehorsam auf.
    »Darf ich mit einer kurzen Beschreibung dessen beginnen, was wir ›Schlaf‹ nennen. Seit langem ist uns bekannt, daß es im Grunde genommen drei Arten von Schlaf gibt. Erstens, den durch Delta-Aktivität im EEG feststellbaren Tiefschlaf; zweitens den REM-Schlaf mit seinen raschen Augenbewegungen, der viel flacher ist und die meisten Traumphasen enthält; ein dritter Typus ist der sogenannte ›optionale‹ Schlaf, weil wir ihn anscheinend entbehren können, ohne unserer Gesundheit zu schaden. Manche gewohnheitsmäßige Kurzschläfer kommen ganz ohne ihn aus; dann reichen ihnen drei oder vier Stunden Schlaf.«
    »So wie mir«, stellte Camden fest. »Ich habe es mir systematisch angewöhnt. Könnte das nicht jedermann tun?«
    Anscheinend lief es doch noch auf Einzelfragen und -antworten hinaus. »Nein. Der effektive Schlafmechanismus verfügt zwar über eine gewisse Flexibilität, aber nicht für alle Menschen im gleichen Ausmaß. Die Raphe-Nuclei im Hirnstamm…«
    »Susan, ich glaube nicht, daß wir uns in diese Details verstricken sollten«, mahnte Ong. »Wir wollen uns auf das Grundlegende beschränken.«
    Camden sagte: »Die Raphe-Nuclei regulieren das Verhältnis zwischen Neurotransmittern und Peptiden, von dem das Schlafbedürfnis hervorgerufen wird, nicht wahr?«
    Susan konnte nichts dagegen tun; sie grinste wieder. Camden, der skrupellose, mit allen Wassern gewaschene Geldjongleur, saß da und gab sich Mühe, ernsthaft dreinzusehen wie ein ABC-Schütze, der gelobt werden wollte, weil er seine Hausaufgaben gut gemacht hat.
    Ong sah noch säuerlicher drein.
    Mrs. Camden starrte zum Fenster hinaus.
    »Ja, völlig korrekt, Mister Camden. Sie haben sich wirklich in das Thema versenkt.«
    »Es geht doch um meine Tochter!« sagte Camden, und Susan hielt den Atem an. Wann hatte sie zum letzten Mal einen so ehrfürchtigen Unterton in einer Stimme vernommen? Aber niemand außer ihr schien ihn bemerkt zu haben.
    »Gut«, fuhr Susan fort, »es ist Ihnen also bereits bekannt, daß der Mensch deshalb schläft, weil sich in seinem Gehirn das Bedürfnis danach aufbaut. In den letzten zwanzig Jahren konnte man anhand von Versuchen feststellen, daß dies der einzige Grund ist, weshalb der Mensch schläft. Weder während des deltawelligen Tiefschlafs noch während des REM-Schlafes finden im Körper Vorgänge statt, die im Wachzustand nicht genauso ablaufen würden. Im Schlaf geht zwar eine Menge in uns vor, aber nach einer Neuregelung der Hormonausschüttung kann ebensoviel in uns vorgehen, wenn wir wach sind.
    Ursprünglich kam dem Schlaf
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