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Bestialisch

Titel: Bestialisch
Autoren: J.A. Kerley
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Junge seinen gewalttätigen Vater ermordet, ihm mit einem Messer den Bauch aufgeschlitzt und ihn bei lebendigem Leib seziert, wobei das Opfer langsam und qualvoll verendete. Aufgrund der Brutalität, die der Mörder an den Tag gelegt hatte, kam die örtliche Polizei gar nicht auf die Idee, den intelligenten und sanftmütig wirkenden Jungen zu verdächtigen, und verhörte ihn nur ganz kurz.
    Mehrere Jahre später wurden fünf Frauen auf bestialische und makabere Weise ermordet. Die Taten besaßen große Symbolkraft. Nach dem Fund des dritten verstümmelten Opfers leitete das FBI die Unterlagen des Falles an Vangie weiter. Beim Studium der bizarren und rituell anmutenden Tatorte stieß sie auf Anzeichen, die auf eine gepeinigte Kinderseele hindeuteten. Schließlich konzentrierte sich die Polizei auf einen sechsundzwanzigjährigen Mann, dessen Vater viele Jahre zuvor in den Wäldern umgekommen war. Der Verdächtige legte ein Geständnis ab, wurde für unzurechnungsfähig erklärt und auf Antrag von Dr. Prowse ins Alabama Institute of Aberrational Behavior überstellt.
    Zu der Zeit, als der Mörder überführt wurde, besuchte ich das College. Dass Dr. Prowse und ich uns kennenlernten, war diesem Fall zuzuschreiben, und im Lauf der Jahre freundeten wir uns an. Das Opfer war mein Vater gewesen und der Mörder mein Bruder Jeremy.
    *
    »Jeremy, komm sofort zurück, du kleiner Feigling … hör auf zu flennen … ich werde gleich dafür sorgen, dass du Grund zum Flennen hast …«
    »Nicht, Daddy, bitte nicht. Daddy …«
    Obwohl mein Vater, Earl Eugene Ridgecliff, ein angesehener Bauingenieur war, litt er unter krankhaftem Jähzorn. Als Kinder lebten mein Bruder und ich in der ständigen Furcht, dass alles – ein Wort, ein Blick, eine falsch verstandene Geste – einen Wutausbruch von unvorstellbarem Ausmaß auslöste. In der Regel bekam mein sechs Jahre älterer Bruder den Zorn meines Vaters zu spüren und steckte Prügel ein. Noch heute wache ich nachts manchmal schweißgebadet in meinem Bett auf, weil mich die gellenden Schreie meines Bruders im Schlaf verfolgen.
    »Hilf mir, Mama, hilf mir, Mama … Daddy will mich umbringen …«
    Für das, was mein Bruder unserem Vater angetan hat, habe ich nie das Wort Mord in den Mund genommen. »Versuchte Erlösung« schien mir die treffendere Bezeichnung. Hätte man Jeremy damals überführt und verurteilt, wäre er heute vielleicht frei. Bestimmt hätte die Jury eingesehen, dass jemand, der solche Qualen erdulden musste, am Ende gar nicht anders konnte, als seinen Peiniger zu töten.
    Doch die jahrelangen Misshandlungen waren wie eine Saat, die in meinem sanftmütigen Bruder aufging und ihn um den Verstand brachten. Selbst während wir in den Eichen unsere Forts bauten und wie Schiffe auf hoher See weiße Laken hissten, während wir in den langsam dahinplätschernden Bächen des Südens Welse angelten oder im Sommer im hochstehenden Gras lagen und die Wolken betrachteten, keimte diese Saat und bildete Ranken, die sich um seine Seele wanden und sie erstickten.
    Meine Mutter, eine schöne und emotional labile Frau, war zwanzig Jahre alt, als sie meinem Vater begegnete. Er war achtzehn Jahre älter als sie und kam wegen eines Bauvorhabens in die Kleinstadt, in der sie lebte. Zwei Monate später waren sie verheiratet, und meine Mutter träumte von einem Leben wie im Märchen. Stattdessen fand sie sich in einem höllischen Alltag wieder, der ihre Vorstellungskraft so sehr überstieg, dass ihr nur eine Zuflucht blieb: Sie verzog sich in ihr Zimmer und frönte ihrem einzigen Können, der Anfertigung von Hochzeitskleidern aus wogenden, weißen Satin- und Tüllstoffen.
    Die mutierende Saat in meinem Bruder ließ ihn glauben, unsere Mutter hätte in jenen grauenvollen Nächten, in denen unser Vater Schläge austeilte, eingreifen können. In Wahrheit hätte sie eher einer Flut Einhalt geboten.
    »Die Alabama State Police hat heute die Ergreifung eines Mannes bekannt gegeben, der der bizarren und brutalen Ermordung von mindestens fünf Frauen verdächtigt wird …«
    Mein Bruder war so sehr von der Komplizenschaft meiner Mutter überzeugt, dass er ein paar Jahre nachdem er unseren Vater beseitigt hatte, anfing, unsere Mutter zu töten. Das ist metaphorisch gemeint: Hätte er tatsächlich sie umgebracht, wäre ich zu Pflegeeltern gekommen, was er niemals zugelassen hätte. So behalf er sich und ermordete andere Frauen, um sein unergründliches Verlangen zu stillen.
    Da ich mich für die
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