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Besessene

Besessene

Titel: Besessene
Autoren: S Hayes
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aller Entschiedenheit entgegenzutreten.
    »Warst du letzte Woche in der Hillside Street?«
    Endlich drehte sie das fließende Wasser ab, kickte sich die Ballerinas von den Füßen und streifte anmutig das Gras mit ihren Zehen. »Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Daran wirst du dich doch erinnern können.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Was ist überhaupt das Problem? Warum behältst du den Anhänger nicht einfach?«
    »Weil ich ihn gar nicht will.« Ich kochte innerlich und versuchte, ihr den Anhänger in die Hand zu drücken, doch sie weigerte sich, ihn entgegenzunehmen.
    Störrisch sah ich sie an, aber dann wurde ihr Gesichtsausdruck plötzlich etwas milder und sie fing leise an zu lachen, was mich verwirrte. Schon einen Moment später stimmte ich in ihr Lachen ein, da mir auf einmal klar wurde, wie albern es gewirkt haben musste, dass ich mit allen möglichen seltsamen Anschuldigungen auf sie losgegangen war.
    »Tut mir leid, dass wir so einen unglücklichen Start hatten«, entschuldigte ich mich. »Ich wollte nur nicht, dass du bei deinem Verkauf schlecht wegkommst.«
    »Gefällt dir denn der Anhänger?«
    »Er ist sehr hübsch«, gab ich zu.
    Sie neigte den Kopf zur Seite und sah mich an. »Dann solltest du ihn behalten, Katy.«
    »Du kennst meinen Namen?«
    Sie schien immer noch zu lachen. »Ich weiß alles Mögliche über dich.«
    Sie war jetzt näher an mich herangekommen und ich konnte ihren Atem auf meinem Gesicht spüren. Ihre Lippen öffneten sich leicht und bewegten sich unmerklich, und obwohl sie keinen Laut von sich gab, verstand ich, was sie sagte. Mal um Mal wiederholte sie den gleichen Satz, ohne dass ich mich hätte losreißen können.
    Eine Hand auf meiner Schulter ließ mich zusammenzucken. »Katy«, sagte Nat, nach Atem ringend. »Wir haben dich überall gesucht.«
    Und Hannah fügte hinzu: »Warum bist du denn abgehauen?«
    Ich sah, wie die beiden erst mich, dann das Mädchen anblickten. Sie lächelte, senkte die Augenlider und winkte mir freundlich zu.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Hannah.
    Ich nickte, hakte Hannah und Nat unter und machte mich mit ihnen wieder auf den Weg zu den Verkaufsständen. Nur einmal warf ich einen Blick zurück und sah, wie mir das Mädchen nachschaute und dastand wie gelähmt. Verärgert schüttelte ich den Kopf, weil meine Fantasie so mit mir durchgegangen war. Doch wie sehr ich auch versuchte, die Begegnung mit ihr zu vergessen, immer wieder hörte ich ihre Stimme sagen: »Ich bin dein schlimmster Albtraum.«

Kapitel 5
    D as neue Café in der High Street war in neapolitanischen Farben gehalten   – pink, mokka und erdbeerfarben. An der Wand hingen riesige Fotos von Kaffeebohnen und attraktiven Menschen mit makellosen Zähnen, die lachend in lederbezogenen Clubsesseln saßen und überdimensional große Tassen in der Hand hielten. Nat, Hannah und ich hatten beschlossen, das Café zu testen, bevor wir zur ersten Studentenausstellung des Jahres ins College aufbrachen. Ich war zwar nervös wegen meiner Arbeit, aber immerhin lenkte es mich von meinem eigentlichen Problem ab.
    Hannah machte ein besorgtes Gesicht und trank in kleinen Schlucken ihren Bananensmoothie. »Wir sind die drei Musketiere, schon vergessen? Alle für einen und einer für alle. Also, was ist los mit dir?«
    Nat ließ sich schlechten Gewissens ihren Karottenkuchen schmecken und fragte mit vollem Mund: »Ist was mit Merlin?«
    »Nein, mit ihm ist alles bestens.«
    »Mit deiner Mutter?«
    »Nein, mit der hat es auch nichts zu tun«, antwortete ich. Ich schüttete etwas Pfeffer aus dem Pfefferstreuer und zeichnete mit dem Finger Muster auf dem Tisch.
    »Du bist die ganze Woche schon so still«, bohrte Hannah.
    Ich sah von einer Freundin zur andern. Die beiden hatten ja recht, ich musste mir die Sache von der Seele reden. »Also gut, ich weiß, das klingt jetzt blöd, aber es geht um das Mädchen, das wir auf dem Kunsthandwerkermarkt gesehen haben.«
    »Ah   … deine Stalkerin«, zwinkerte Nat.
    »Das Problem ist   … ich bilde mir ein, dass sie dort etwas zu mir gesagt hat, was mir nicht mehr aus dem Kopf gehen will.«
    Zwei Augenpaare hefteten erwartungsvoll den Blick auf mich, doch mein Mund fühlte sich trocken an und in meinem Bauch kribbelte es. Also pustete ich wieder in meinen Kaffee. »Egal   …«
    »Raus mit der Sprache«, sagte Nat drängend und verzog ihr Gesicht so albern, dass ich lächeln musste.
    Ich betrachtete die Sechsecke auf dem Fußboden, um die beiden nicht ansehen zu
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