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Beseelt

Beseelt

Titel: Beseelt
Autoren: P Cast
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aufwenden, um sich nicht zu ducken. Das Gesicht zu einer finsteren Miene verzogen, näherte sie sich dem Felsen. Der Vogel hatte krallenförmige Abdrücke im Schnee hinterlassen, sodass unter der weißen Decke das Rot des Steins hervorleuchtete. Brighid streckte eine Hand aus und wischte die Stelle frei. Sie war nicht überrascht, darunter Cuchulainns Zeichen zu entdecken – einen Pfeil, der in Richtung Tunnel zeigte.
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich will deine Hilfe nicht, Mutter.“ Ihre Stimme hallte gruselig von den Tunnelwänden zurück. „Der Preis, den du dafür verlangst, ist mir immer zu hoch gewesen.“
    Das Krächzen des Raben schwebte auf dem Wind zu ihr, der sich mit einem Mal auf magische Weise warm anfühlte und die Düfte und Geräusche der Zentaurenebene mit sich trug. Brighid schloss die Augen, da eine Welle der Sehnsucht sie übermannte. Das Grün des sich wiegenden Grases war mehr als nur eine Farbe – es erfüllte die Luft mit den unterschiedlichsten Gerüchen und machte sie beinahe greifbar. Auf der Ebene der Zentauren herrschte Frühling, das totale Gegenteil zu dieser kalten Schneewelt der Berge. Das Gras müsste inzwischen kniehoch sein und wäre getüpfelt von blauen, weißen und violetten Wildblumen. Sie atmete tief ein und schmeckte ihre Heimat.
    „Schluss damit!“ Brighid riss die Augen auf. „Das ist ein Schwindel, Mutter. Freiheit ist das Einzige, was mir die Ebene nicht bieten kann!“
    Das Krächzen des Raben wurde leiser und verklang. Mit ihm verschwand der warme, nach Frühling schmeckende Wind. Brighid zitterte. Es sollte sie nicht überraschen, dass ihre Mutter ihr einen Führer schickte. Die Vorahnung, die sie schon den ganzen Tag spürte, wurde von mehr genährt als nur der Aussicht, endlich am Fuß des Bergpasses anzukommen. Sie hätte die Hand ihrer Mutter spüren müssen. Nein, korrigierte sie sich, ich
habe
sie gespürt – ich wollte es nur nicht wahrhaben.
    Ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich bin die Jägerin des MacCallan-Clans – ein eingeschworenes Mitglied der Gemeinschaft. Ich bereue es nicht
.
    Sie straffte die Schultern und betrat die Schlucht, wobei sie die Ahnung der Anwesenheit ihrer Mutter bewusst sowohl körperlich als auch seelisch abschüttelte. Mit einem Mal war sie dankbar für den Schnee, der den Weg bedeckte, denn so brauchte sie all ihre Konzentration und ihre Kraft, um vorwärtszukommen. Sie wollte nicht an ihre Familie denken oder an die vertraute Schönheit ihres Heimatlandes, dem sie aus eigenem Entschluss für immer den Rücken gekehrt hatte.
    Der Tag war noch jung. Lochlans Aussage zufolge war es ratsam, den gefährlichsten Teil des Weges vor Einbruch der Dunkelheit hinter sich zu bringen. Wenn alles gut ging, würde sie am kommenden Tag das Lager der Fomorianer und mit ihm Cuchulainn erreichen. Sie beschleunigte ihr Tempo, setzte die Hufe aber weiterhin vorsichtig auf, um nicht aus Versehen in einer schneebedeckten Spalte hängen zu bleiben. Brighid konzentrierte sich vollkommen auf den Weg. Sie dachte nicht an ihre Familie oder an das Leben, von dem sie sich abgewandt hatte, und ignorierte das Schuldgefühl und die Einsamkeit, die jede ihrer Entscheidungen überschattete. Sie hatte die richtige Wahl getroffen, dessen war sie sich sicher, doch nur weil sie weise entschieden hatte, bedeutete das nicht, dass sie den einfacheren Weg gewählt hatte.
    Grimmig lächelnd kämpfte sie sich auf dem gefährlichen Untergrund um eine glatte, enge Biegung. Die Route, der sie während ihrer Reise folgen musste, erwies sich als ebenso schwierig wie der Lebensweg, auf dem sie seit Jahren unterwegs war.
    Abgelenkt vom inneren Aufruhr und den Herausforderungen, die die Natur an sie stellte, registrierten die feinen Sinne der Jägerin die sie verfolgenden Blicke nur tief in ihrem Unterbewusstsein als ein Gefühl leichten Unbehagens. Eine Empfindung, die sie als Nachwirkung der Einmischung des Abgesandten ihrer Mutter abtat.
    Ungehindert von der Dunkelheit glühten die Augen in der Farbe uralten Blutes und beobachteten sie abwartend.

2. KAPITEL
    D er verdammte Wind hörte einfach nicht auf. Das war es, was Cuchulainn am Ödland am wenigsten gefiel. Die Kälte konnte er ertragen, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Er fand sogar das offene Gelände und die ungewöhnlich niedrig wachsenden Pflanzen interessant. Aber die von der Göttin verfluchten Windböen waren ihm ein konstantes Ärgernis, denn sie heulten unaufhörlich und rieben so über die
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