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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
Autoren: Marnie Schaefers
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Laune war und die Feierlichkeit genoss, gab sie sich ihren einsamen Gedanken hin.
    Nicht selten träumte sie sich in solchen Momenten weit, weit fort. An einen anderen Ort, in eine andere Zeit, in der sie sein konnte, wer immer sie wollte. Phantastische Geschichten waren es, die es ihr ermöglichten, ihrem Alltag und ihren ständigen Ängsten zu entkommen und sie stundenlang in dicken Schmökern versinken ließen, bis der Tag zur Nacht und die Nacht zum Tag geworden waren.
    Wie gerne wäre sie nur ein bisschen mehr wie diese Helden aus ihrer geliebten Literatur, die sie dem wirklichen Leben viel zu oft vorzog.
    Mutig.
    Tapfer.
    Angesehen.
    Wie gerne wäre sie doch eine der göttlichen Kreaturen gewesen, die der Schöpfer vor langer Zeit erschaffen hatte! Wer zu dieser Zeit zu den Auserwählten gehörte, hatte ein glückliches Leben. Sie mochte sich gar nicht ausmalen von welcher Herrlichkeit die Götter des Fünfjährigen Krieges doch gewesen sein mussten!
    Nur ein klein wenig davon und vielleicht würde sie dann nicht immerzu in ihre Traumwelt flüchten müssen.
    Frei und unbeschwert fühlte sie sich nur, wenn sie mit Leidenschaft atemberaubende Kunstwerke auf die Leinwand zauberte. Wenn sie ihrer Kreativität freien Lauf ließ und vollkommen im Prozess des Schaffens versank, der das Bild in ihrer Vorstellung Wirklichkeit werden ließ. Dann war sie in ihrem Element.
    Ihr Vater sagte manchmal: »Kleines, was du berührst wird zu Kunst.« Und dann lächelte er über ihre Bescheidenheit, wenn ihr die Röte ins Gesicht stieg und sie sich abwenden musste.
    Ihr Vater. Oh ja.
    Wenn es irgend möglich war, ging Crevi aristokratischen Feierlichkeiten wie dieser hier von vornherein aus dem Weg. Sie hasste die Menschenmassen. Das gekünstelte Gekicher. Die tanzenden Pärchen, die graziös über die Tanzfläche schwebten. Sie erinnerten sie daran, wie einsam sie doch war. 
    Crevi war keine dieser Frauen, die sich eigens für diese Veranstaltung neu eingekleidet hatten. Sie legte keinen Wert auf kurze, oberflächliche Gespräche.
    Was sie aber am meisten zu vermeiden suchte, war eine Aufforderung zum Tanz. Sie vermutete, dass es nichts gab, bei dem sie eine Blamage mit höherer Wahrscheinlichkeit heraufbeschwor.
    Daher versuchte sie erst gar nicht , die Blicke der Männer zu fangen. Im Gegensatz zu den prächtigen, farbenfrohen Ballkleidern der edlen Ladys aus Gaze, Tüll und Batist trug sie ein einfaches, weißes Spitzenkleid, das bis zum Hals zugeschnürt und so lang war, dass sie ihre Röcke beim Gehen raffen musste. Doch war sie immer noch eine Frau. 
    Eine Frau, die alleine und ohne Begleitung herumsitzt und augenscheinlich nur darauf wartet angesprochen zu werden , dachte sie düster. Wenn sie wüssten, dass ich keine von ihnen bin.
    Crevi konnte beim besten Willen keine Gemeinsamkeit zwischen ihr und diesen Frauen feststellen.
    Die meisten von ihnen tanzten, lachten oder unterhielten sich in kleinen Gruppen. Sie standen kichernd beieinander, die Gläser mit dem teuren Wein und den noch teureren Likören aus Übersee in den behandschuhten Fingern und tauschten sich über Mode und den neuesten Klatsch am Hofe aus. Die Frisur der einen schien die Frisur der anderen nur noch übertreffen zu wollen, weshalb die meisten von ihnen mit unnatürlich hohen Türmen aus Haar auf dem Kopf herumliefen, so dass Crevi sich ernsthaft wunderte, dass keine von ihnen hintenüber fiel.
    Nachdenklich hob sie ihr Glas an die Lippen und genoss in der Hitze die Kühle des Wassers.
    Es war schwül. So widerlich schwül, dass Crevi die Frauen mit den verzierten Fächern doch ein wenig beneidete.
    War ihr Vater auch ein berühmter Soldat und sonnte sich im Licht der Prominenz, so hatte er sie wie ein gewöhnliches Mädchen erzogen. Nie hatte er gewollt, dass sie sich gezwungen sähe, sich mit seinem Ruhm zu messen.
    Trotz all seiner Bemühungen, war sie nicht glücklich. Manchmal fragte sie sich, ob etwas mit ihr nicht stimmte.
    Erneut trank sie etwas aus ihrem Glas. Sie war einzig und allein ihrem Vater zuliebe hier.
    Mein Gott, ist das heiß hier drinnen. Wieso öffnete bloß niemand die Fenster?
    Die Musik des kleinen Orchesters schwoll an. Ihre Ohren dröhnten von dem allgegenwärtigen Lärm der Feiernden.
    Um sich abzulenken, unterzog sie die Musiker einer Musterung. Einer der Männer, der Violinenspieler, kreuzte wenige Sekunden ihren Blick und lächelte ihr zu. 
    Schnell erwiderte sie seine Geste und errötete, als er fragend eine
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