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Beruehre meine Seele

Beruehre meine Seele

Titel: Beruehre meine Seele
Autoren: Rachel Vincent
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gebracht hatte, hatte er mich auf seine Reaper-Liste gesetzt. Und er weigerte sich, mich zu töten.
    Ich richtete die Augen auf meinen Dad, aber er weinte nur und strich mir immer wieder übers Haar, unempfänglich für alles andere um sich herum.
    Der rothaarige Junge sah stirnrunzelnd zu Todd auf, als würde er auf etwas warten. Er wartete darauf, dass der Reaper, den er rekrutiert und ausgebildet hatte, sich der Logik beugte und nachgab. Doch Todd schüttelte erneut den Kopf. Ein letztes Mal.
    Die Falten auf Levis Stirn wurden tiefer. Er hob seine Hand und legte sie Todd auf die Brust. Todds blaue Augen wurden groß, sein Mund öffnete sich weit. Seine Seele strömte aus seinem Körper und wickelte sich in Levis kleiner Faust wie eine Handvoll ätherischer Watte zusammen. Todd sah zu mir und blinzelte einmal. Dann war er verschwunden.
    Er war weg, einfach so.
    Nein! Ich wollte schreien, doch kein einziger Laut kam mir über die Lippen. Wie ein Ozean sich einen einzelnen Wassertropfen einverleibte, schluckte der Scherz in meinem Herzen den Schmerz in meinem Bauch. Agonie, für die keine Worte existierten, schwappte über mir zusammen, erfüllte mich mit einem Gefühl von unendlichem Verlust. Ich fühlte mich hohl und leer, nur der maßlose Schmerz blieb noch und die Erinnerung an schnell verblassende blaue Augen, die mich ansahen. Augen, die mich gesehen hatten, wie keine anderen es je getan hatten. Augen, die mich nie wieder ansehen würden. Sie würden nie wieder blinzeln oder wirbeln oder leuchten. Es gab sie nicht mehr. Todd war weg.
    Und meine Welt bestand nur noch aus Schmerz.
    Ich sah nichts mehr, als meine Augen sich mit Tränen füllten, und als sie zu fallen begannen, stand Levi neben meinem Vater, unerkannt von Ärzten und Schwestern, die einfach durch ihn hindurchgingen, um zu mir zu gelangen. „Es tut mir wirklich leid, Kaylee“, sagte er. „Aber er hat mir keine andere Wahl gelassen.“
    Dann legte er die Hand über meine Augen, und die Welt versank.
    Ich weiß nicht, was alles passierte, solange die Welt um mich herum verschwunden war. Aber als sie wieder zurückkam, war das Licht viel zu grell, selbst mit meinen geschlossenen Augen. Ich blinzelte, und das Licht schien noch greller zu werden, schlug wie ein Blitz in meinen Kopf ein und überstieg meine Schmerzgrenze bei Weitem. Ich blinzelte mehrere Male, und langsam gewöhnten sich meine Augen an die Helligkeit.
    Mein Verstand setzte wieder ein.
    „Wo, zur Hölle …?“ Ich überraschte mich selbst damit, wie rau meine Stimme klang, bis ich mich wieder erinnerte, was passiert war.
    „Das ist nicht die Hölle, Kaylee, im Gegenteil. Davon sind wir weit entfernt.“
    Ich zuckte erschreckt zusammen und schoss so schnell auf, dass mir schwindlig wurde. Eine Frau in einem braunen Kostüm stand vor mir, sie hatte kurze Haare und eine lange Nase. Bevor ich sie etwas fragen konnte, wurde mir bewusst, dass ich bis zur Taille nackt war und auf kaltem Metall lag.
    Verlegen zog ich mir das weiße Laken, das mir heruntergerutscht war, als ich mich aufgesetzt hatte, bis zum Hals hoch und presste es gegen meine Brust. Mein Blick fiel auf die schimmernde Stahlfront mit den vielen Schubladen zu meiner Linken, rechts neben mir gab es die gleichen Reihen von Vierecken.
    Ich lag in der Leichenhalle.
    „Bin ich gestorben?“, fragte ich.
    „Ja“, sagte eine bekannte Stimme hinter mir, und Levi kam um meinen Tisch herum. „Madeline hat jedoch um ein Gespräch mit dir gebeten. Also bitte, hör genau zu, was sie dir zu sagen hat.“
    Während ich das noch zu verarbeiten versuchte, räusperte sich Madeline. Automatisch sah ich zu ihr hin. „Kaylee, wir möchten dir die Position eines …“
    „Nein.“ Ich presste das Laken noch enger an mich und sah ihr fest in die Augen. „Ich will kein Reaper werden.“ Nicht nach dem, was mit Todd passiert war. Wie kamen sie überhaupt auf die Idee, dass ich für sie arbeiten würde, nachdem sie ihn getötet hatten?!
    Gekonnt zog Madeline nur eine Braue in die Höhe. „Das wollen wir auch nicht. Ich arbeite für die Wiederbeschaffungsbehörde, und wir könnten deine Dienste gut gebrauchen.“
    „Als was?“ Stirnrunzelnd blickte ich von ihr zu Levi und wieder zurück.
    „Um Seelen von jenen zurückzuholen, denen sie nicht gehören.“
    „Gestohlene Seelen wiederbeschaffen? Von Hellions?“ Sollte mein Herz jetzt nicht hämmern? Allein der Gedanke jagte mir große Angst ein. Doch es weigerte sich. Natürlich, ich war ja
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