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Bertrams Hotel

Bertrams Hotel

Titel: Bertrams Hotel
Autoren: Agatha Christie
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ihr Zimmer gegangen, und dort musste ihr eingefallen sein, dass sie »etwas vergessen« hatte (wenn überhaupt etwas Wahres an dieser Äußerung war), und sie war dann nach unten gefahren, um es zu holen. Oder war sie vielleicht nach unten gekommen, um jemanden zu treffen oder nach jemandem Ausschau zu halten? Jedenfalls hatte sie der Anblick, der sich ihr beim Öffnen der Lifttür bot, so in Aufregung versetzt, dass sie sofort wieder umkehrte und nach oben fuhr, um die Person nicht zu treffen, die sie gesehen hatte.
    Es mussten die beiden Neuankömmlinge gewesen sein. Die ältere Frau und das Mädchen. Waren es Mutter und Tochter? Nein, überlegte Miss Marple, nicht Mutter und Tochter.
    Selbst in Bertrams Hotel, dachte Miss Marple, können glücklicherweise interessante Dinge geschehen…

3
     
    » H m – ist Colonel Luscombe hier?«
    Die Dame mit dem Veilchenhut stand beim Empfang. Miss Gorringe lächelte ihr freundlich zu, und ein dienstbeflissener Page wurde sofort losgeschickt, brauchte aber nicht weit zu gehen, da Colonel Luscombe selbst in diesem Augenblick die Halle betrat und rasch zur Rezeption eilte.
    »Guten Tag, Mrs Carpenter.« Er drückte ihr höflich die Hand und wandte sich dann dem Mädchen zu. »Meine liebe Elvira.« Liebevoll ergriff er ihre beiden Hände. »Ei, ei, das ist aber schön. Herrlich – herrlich. Komm, wir wollen uns setzen.« Er führte die beiden an einen Tisch und rückte ihnen Stühle zurecht. »Ei, ei, das ist aber schön«, wiederholte er.
    Es war deutlich zu spüren, welche Anstrengung ihn diese Unterhaltung kostete und dass er sich nicht ganz wohl fühlte in seiner Haut. Er konnte diese Phrase kaum nochmals wiederholen, und die beiden Damen waren nicht sehr hilfreich.
    Elvira setzte ein liebes Lächeln auf. Mrs Carpenter kicherte ohne Grund und glättete ihre Handschuhe.
    »Gute Reise gehabt, wie?«
    »Danke, ja«, sagte Elvira.
    »Kein Nebel oder dergleichen?«
    »O nein.«
    »Unser Flugzeug landete fünf Minuten vor der Zeit«, bemerkte Mrs Carpenter.
    »Ja, ja. Gut, sehr gut.« Er riss sich zusammen. »Hoffentlich ist dieses Hotel nach Ihrem Geschmack?«
    »Oh, es ist wirklich sehr nett«, erwiderte Mrs Carpenter begeistert, während sie ihre Blicke umherwandern ließ. »Sehr behaglich.«
    »Leider ziemlich altmodisch«, sagte der Colonel, gleichsam als Entschuldigung. »Alte Käuze in rauen Mengen. Keine – hm – Tanzvergnügen oder dergleichen.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht«, meinte Elvira.
    »Es ist ja nur für zwei Nächte«, fuhr Colonel Luscombe fort. »Ich hatte mir gedacht, wir könnten heute Abend ins Theater gehen. Ein Musical – « er sprach das Wort etwas unsicher aus, als wüsste er nicht genau, ob er den richtigen Ausdruck gebrauchte. »Let Down Your Hair, Girls. Hoffentlich habe ich das Richtige getroffen.«
    »Wie entzückend!«, rief Mrs Carpenter. »Das wird aber ein Vergnügen werden, nicht wahr, Elvira?«
    »Wunderbar«, sagte Elvira tonlos.
    »Und hinterher Abendessen? Im Savoy?«
    Ein erneuter Begeisterungsausbruch von Mrs Carpenter. Colonel Luscombe warf Elvira einen verstohlenen Blick zu und fasste wieder Mut. Er hatte den Eindruck, dass Elvira zufrieden, aber durchaus entschlossen war, in Mrs Carpenters Gegenwart nicht mehr als höfliche Zustimmung auszudrücken. Und ich kann’s ihr nicht übel nehmen, dachte er bei sich.
    Dann wandte er sich an Mrs Carpenter.
    »Vielleicht möchten Sie sich gern mal die Zimmer ansehen – prüfen, ob alles in Ordnung ist…«
    »Oh, davon bin ich völlig überzeugt.«
    »Nun, wenn irgendetwas nicht ganz nach Wunsch ist, lassen wir es ändern. Man kennt mich hier sehr gut.«
    Miss Gorringe, die hinter dem Empfangstisch saß, war liebenswürdig und zuvorkommend. Nr. 28 und 29 im zweiten Stock mit anschließendem Bad.
    »Ich werde mal hinaufgehen und unsere Sachen auspacken«, erklärte Mrs Carpenter. »Sie, Elvira, möchten sich sicher gern ein bisschen mit Colonel Luscombe unterhalten.«
    Taktvoll, dachte Colonel Luscombe. Etwas deutlich vielleicht, aber jedenfalls waren sie sie eine Weile los. Worüber er allerdings mit Elvira plaudern sollte, entzog sich seiner Kenntnis.
    Er fragte Elvira, ob sie etwas trinken möchte. Er wollte gerade Zitronenlimonade, Ingwerbier oder Orangeade vorschlagen, doch Elvira kam ihm zuvor.
    »Vielen Dank. Ich möchte gern Gin mit Wermut.«
    Colonel Luscombe warf ihr einen etwas zweifelnden Blick zu. Mädchen in ihrem Alter – wie alt war sie eigentlich, sechzehn, siebzehn?
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