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Bertrams Hotel

Bertrams Hotel

Titel: Bertrams Hotel
Autoren: Agatha Christie
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auf den Kopf, und dieser sank bewusstlos zu Boden. Irgendjemand war, glaube ich, sehr aufgebracht darüber. Sie untersuchten den alten Herrn und stellten fest, dass er nur k.o. war und wahrscheinlich nach einiger Zeit wieder zu sich kommen würde. Sie ließen sich also von ihrem Plan nicht abbringen. Der falsche Kanonikus Pennyfather verließ das Hotel und fuhr zum verabredeten Ort, wo er seine Rolle beim Stafettenlauf spielen sollte. Was sie mit dem wirklichen Kanonikus Pennyfather anstellten, weiß ich nicht. Ich kann nur raten. Vermutlich haben sie ihn später in der Nacht zum Haus des Gärtners gefahren, das nicht weit vom Schauplatz des Zugüberfalls lag und wo ein Arzt nach dem Rechten sehen konnte. Wenn dann Meldungen durchkamen, dass man Kanonikus Pennyfather in der Gegend gesehen habe, würde ja alles schön übereinstimmen. Alle Beteiligten müssen in Angst und Unruhe geschwebt haben, bis er wieder zu Bewusstsein kam und sie entdeckten, dass der Schlag mindestens drei Tage aus seinem Gedächtnis ausgelöscht hatte.«
    »Hätten sie ihn sonst getötet?«, erkundigte sich Miss Marple.
    »Nein«, erwiderte Vater, »das hätten sie, glaube ich, nicht getan. Das hätte jemand nicht zugelassen. Es ist von Anfang an deutlich zu Tage getreten, dass der Leiter dieser Organisation eine Abneigung gegen Mord hat.«
    »Es klingt fantastisch«, bemerkte Bess Sedgwick. »Völlig fantastisch! Und ich glaube nicht, dass Sie den geringsten Beweis haben, der Ladislaus Malinowski mit diesem Hirngespinst verbände.«
    »Ich habe allerlei Beweismaterial gegen Ladislaus Malinowski«, erklärte Vater. »Er ist nämlich etwas fahrlässig. Er lungerte im unangebrachten Moment hier herum. Zuallererst kam er, um sich mit Ihrer Tochter in Verbindung zu setzen. Sie hatten einen Kode vereinbart.«
    »Unsinn. Sie hat Ihnen ja selbst erklärt, dass sie ihn nicht kennt.«
    »Das hat sie zwar gesagt, aber es stimmt nicht. Sie ist in ihn verliebt und will ihn heiraten.«
    »Das kann nicht wahr sein!«
    »Sie können es wohl kaum beurteilen«, bemerkte Chefinspektor Davy. »Malinowski ist nicht der Mann, der alle seine Geheimnisse ausplaudert, und Ihre Tochter kennen Sie überhaupt nicht. Das haben Sie selbst zugegeben. Sie waren gewiss recht ärgerlich, als Sie entdeckten, dass Malinowski in Bertrams Hotel gekommen war.«
    »Warum ärgerlich?«
    »Weil Sie der Kopf des Unternehmens sind«, sagte Vater. »Sie und Henry. Die finanzielle Seite wurde von den Brüdern Hoffman geregelt. Die beiden richteten bei den Banken im Ausland Konten ein und dergleichen, aber der Boss des Syndikats, das Gehirn, das alles plante und lenkte, das waren Sie, Lady Sedgwick.«
    Bess blickte ihn an und lachte. »Noch nie in meinem Leben habe ich etwas so Lächerliches gehört!«, erklärte sie.
    »Es ist durchaus nicht lächerlich. Sie besitzen Verstand, Mut und Kühnheit. Sie hatten alle möglichen Experimente unternommen und versuchten es dann einmal mit dem Verbrechen. Es war ein großes Wagnis, das Aufregung versprach. Es war wohl nicht das Geld, das Sie lockte: Sie hatten Spaß an der ganzen Sache. Aber Sie duldeten keinen Mord, keine unnötige Gewalttätigkeit. Es gab keine Leichen, keine brutalen Angriffe, nur einen angenehmen, friedlichen, gut gezielten Schlag auf den Kopf, falls es der Augenblick erforderte. Wissen Sie, Sie sind eine sehr interessante Frau. Eine der wenigen wirklich interessanten großen Verbrecherinnen.«
    Ein langes Schweigen folgte. Dann erhob sich Bess Sedgwick.
    »Sie sind wohl ganz von Sinnen.« Sie streckte die Hand nach dem Telefon aus.
    »Wollen Sie Ihren Rechtsanwalt anrufen? Eine gute Idee, ehe Sie sich verplappern.«
    Energisch knallte sie den Hörer wieder auf die Gabel.
    »Ich habe es mir anders überlegt, ich mag keine Rechtsanwälte… Na schön. Meinetwegen. Ja, ich habe diesen Laden geschmissen. Und wenn Sie sagen, es hat mir Spaß gemacht, so haben Sie durchaus Recht. Es war mir von der ersten bis zur letzten Minute ein Genuss. Was für ein Vergnügen, Geld zu scheffeln aus Banken, Zügen, Postämtern und so genannten Panzerwagen; Pläne zu schmieden und Entscheidungen zu treffen! Ein herrlicher Spaß, und ich bin froh, dass ich ihn gehabt habe. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Das haben Sie doch gerade gesagt, nicht wahr? Nun, ich bin auf meine Kosten gekommen! Aber Sie irren sich, wenn Sie annehmen, dass Ladislaus Malinowski Michael Gorman erschossen hat! Er war’s nicht. Ich hab’s getan.« Sie
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