Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bertrams Hotel

Bertrams Hotel

Titel: Bertrams Hotel
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
lachte plötzlich hell auf. »Es ist unwesentlich, was er getan, womit er mir gedroht hat… Ich sagte ihm, ich würde ihn erschießen – Miss Marple hat es ja gehört –, und ich habe mein Wort gehalten. Es hat sich so abgespielt, wie Sie es vermuten. Ich versteckte mich in dem Kellervorhof. Als Elvira vorbeikam, schoss ich in die Luft. Als sie schrie und Micky herbeieilte, hatte ich ihn da, wo ich ihn haben wollte, und ich knallte ihn nieder! Ich besitze natürlich Schlüssel für sämtliche Hoteleingänge. Also bin ich einfach durch die Kellertür und von da aus auf mein Zimmer gegangen. Ich hätte nie gedacht, Sie könnten herausfinden, dass die Pistole Ladislaus gehört, oder dass Sie ihn gar verdächtigen würden. Ich hatte sie aus seinem Wagen entwendet, ohne dass er es wusste. Aber bestimmt nicht – das schwöre ich Ihnen – mit der Absicht, den Verdacht auf ihn zu lenken.«
    Mit einer raschen Bewegung wandte sie sich an Miss Marple. »Sie sind Zeugin für das, was ich gesagt habe, denken Sie daran: Ich habe Gorman getötet.«
    »Vielleicht sagen Sie das auch nur, weil Sie in Malinowski verliebt sind«, behauptete Davy.
    »Das bin ich nicht.« Ihre Antwort klang scharf. »Wir sind gute Freunde, weiter nichts. Allerdings haben wir eine oberflächliche Liebschaft gehabt, aber ich liebe ihn nicht. In meinem ganzen Leben habe ich nur einen Menschen geliebt – John Sedgwick.« Ihre Stimme war weich, als sie diesen Namen aussprach.
    »Aber Ladislaus ist mein Freund, und ich wünsche nicht, dass er für etwas eingesperrt wird, was er gar nicht getan hat. Ich habe Michael Gorman getötet. Die Absicht habe ich damals geäußert, und Miss Marple hat es gehört… Und jetzt, lieber Chefinspektor« – sie hob erregt die Stimme und lachte laut – »fangen Sie mich, wenn Sie kö n nen.«
    Mit einem Griff packte sie den schweren Telefonapparat und zerschmetterte das Fenster damit. Und ehe Vater aufstehen konnte, war sie zum Fenster hinaus und kletterte geschickt die schmale Brüstung entlang. Aber schon hatte sich Vater an das andere Fenster gestürzt und es in die Höhe geschoben. Gleichzeitig riss er seine Pfeife aus der Tasche und pfiff.
    Miss Marple, die sich etwas schwerfällig aus ihrem Sessel erhoben hatte, stellte sich neben ihn. Zusammen lehnten sie sich aus dem Fenster und starrten die Fassade von Bertrams Hotel entlang.
    »Sie wird bestimmt fallen. Sie klettert am Abflussrohr hoch«, rief Miss Marple. »Aber warum denn nach o ben?«
    »Aufs Dach. Es ist ihre einzige Chance, und das weiß sie auch. Mein Gott, sehen Sie doch bloß. Sie klettert wie eine Katze. Sieht aus wie eine Fliege an der Wand. Wie mutig sie ist!«
    Miss Marple murmelte mit halbgeschlossenen Augen: »Sie wird fallen. Es gelingt ihr nicht…«
    Bess Sedgwick verschwand aus ihrem Blickfeld. Vater zog den Kopf etwas zurück.
    Miss Marple fragte:
    »Aber wollen Sie denn nicht gehen und…«
    Vater schüttelte den Kopf. »Was kann ich mit meinem Umfang schon ausrichten? Ich habe meine Leute postiert für den Fall, dass so etwas passiert. Sie wissen, was sie zu tun haben. Wir werden ja bald hören… Es sollte mich nicht wundern, wenn sie allen miteinander ein Schnippchen schlägt! Sie ist nämlich eine Frau, wie es unter tausend nur eine gibt.« Er seufzte. »Eine von der wilden Sorte. Oh, wir haben in jeder Generation ein paar davon. Sie lassen sich nicht zähmen, sie ordnen sich nicht in die Gesellschaft ein und fügen sich dem Gesetz und der Ordnung nicht.«
    »Wussten Sie, dass sie so etwas tun würde?«
    »Eigentlich nicht. Als sie sich mit uns unterhielt, muss sie sich das ausgedacht haben. Sie wusste, was kam. Also saß sie da, blickte uns an – hielt das Gespräch in Gang – und überlegte. Ich glaube – aha – « Plötzlich drang das Knattern eines Auspuffrohrs, das Quietschen von Rädern und das Heulen eines großen Rennwagenmotors herauf. Er lehnte sich zum Fenster hinaus. »Sie hat es tatsächlich fertiggebracht, zu ihrem Wagen zu gelangen.«
    Sie hörten ein noch lauteres Kreischen, als der Wagen auf zwei Rädern um die Ecke bog, ein gewaltiges Dröhnen, und das schöne weiße Ungetüm raste die Straße entlang.
    »Sie wird noch jemanden überfahren…«, meinte Vater. Sie hörten, wie der Wagen mit lautem Getöse und heulender Hupe davonraste, hörten, wie der Lärm allmählich schwächer wurde. Dann Schreie, Rufe, das Geräusch quietschender Bremsen, das Hupen von Autos und schließlich ein lautes Kreischen von Rädern und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher