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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection
Autoren: Uwe Klausner
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Mikro«, befahl Kuragin, packte Slavín an den Haaren und riss sein Gesicht so weit nach hinten, dass er ihm direkt in die Augen sehen konnte. »Ich zähle bis fünf«, fauchte er und stieß seinem Widersacher den Lauf der Tokarew so tief in den Mund, dass dieser verzweifelt zu würgen begann. »Eins, zwei, drei …«
    Krebsrot im Gesicht, schnellte Slavíns Prothese im allerletzten Moment nach oben, worauf ihn Kuragin in den Würgegriff nahm, dem Piloten seine Waffe zuwarf und von diesem das Mikrofon in die Hand gedrückt bekam. »Wie war das doch gleich mit dem Märchenerzähler?«, spottete er. »Wer weiß, vielleicht kann ich noch von Ihnen lernen!«
     
    *
     
    Knapp zwei Minuten später, nachdem der Funkspruch abgesetzt worden war, bog Kuragin seinem Intimfeind die Hände auf den Rücken, legte ihm Handschellen an und nahm auf dem Sitz hinter ihm Platz.
    »Na also!«, rief er erleichtert aus, damit beschäftigt, sich ohne erkennbare Eile anzugurten. »Warum denn nicht gleich so?«
    »Was haben Sie vor, Kuragin?«, keuchte Slavín und warf einen wütenden Blick über die rechte Schulter. »Sie haben doch nicht etwa Angst, dass ich stiften gehe, oder?«
    »Sie vielleicht nicht«, gab Kuragin mit unbewegter Miene zurück, während er einen Helm mit der Aufschrift CCCP aufsetzte. »Aber wir. Passt wie angegossen, finden Sie nicht auch?«
    Slavín erbleichte, wurde kalkweiß im Gesicht. Dann richtete er den Blick wieder nach vorn.
    Kuragin nahm es mit einem hintergründigen Schmunzeln hin. »Berijew R-1«, dozierte er mit sichtlichem Vergnügen, »erstes mit Strahltriebwerken angetriebenes Flugboot weltweit. Ausgestattet mit Radar, vier 23-Millimeter-Kanonen, Druckkabine und – sozusagen die Krönung sowjetischer Ingenieurskunst – Schleudersitzen! Der Platz des Kopiloten, den wir uns zu manipulieren erlaubt haben, natürlich nicht mit inbegriffen.«
    »Das können Sie nicht …«
    »Und ob ich das kann, Slavín!«, fiel Kuragin seinem Widersacher ins Wort. »Für den Fall, dass es Ihnen ein Trost sein sollte – ich habe mir die Freiheit genommen, die Westberliner Kripo über Ihr geplantes Tête-à-Tête mit einem gewissen Curt Holländer, seines Zeichens Offizier in besonderem Einsatz des MfS, in Kenntnis zu setzen, als ausgleichende Gerechtigkeit sozusagen. Wer weiß, wie lange Ihr Intimus die Belohnung, die er aus Ihren Händen in Empfang genommen hat, überhaupt wird genießen können. Schön und gut, alles hat seinen Preis, vor allem das Wissen um den Verbleib des Bernsteinzimmers. Ach, wenn wir gerade dabei sind: gestatten, dass ich die Karte für Sie in Verwahrung nehme?«
    Halb wahnsinnig vor Furcht, Wut und Hass, musste Slavín mit ansehen, wie Kuragins Hand in seinem Jackett verschwand, die Karte hervorzerrte und sich anschließend wieder aus seinem Blickfeld entfernte. »Zu Ihrer Information, Slavín – Sasa wird gleich mit dem Sinkflug beginnen. In drei, vier Minuten, vielleicht auch etwas später, wird die Maschine irgendwo in der Schorfheide aufschlagen, mit ein wenig Glück sogar in einem der zahlreichen Seen.« Die Andeutung eines Lächelns im Gesicht, ließ Kuragin die Karte in seinem Overall verschwinden, griff nach Slavíns Koffer und nickte seinem Freund und Kollegen, der auf sein Kommando zum Ausstieg wartete, aufmunternd zu. »Tut mir leid, dass ich Ihnen bis dahin nicht Gesellschaft leisten kann, Slavín. Aber von Stund an werden sich nicht nur meine und diejenigen meines unvermutet zum Millionär gewordenen Freundes Sasa, sondern auch unsere Wege trennen. Es gibt da nämlich noch etwas, das ich zu erledigen habe – vorausgesetzt, mein Schleudersitz funktioniert. Gute Reise, Slavín – und einen angenehmen Flug!«
     
    *
     
    Obwohl er gut daran getan hätte, das Weite zu suchen, rührte sich Ole Jensen nicht vom Fleck, sondern starrte mit unbewegter Miene auf die Havel hinaus. Soeben hatte er den ersten Mord seines Lebens begangen, wenngleich er sicher war, dass es niemanden gab, der Holländer eine Träne nachweinte. Nicht ganz so sicher war er sich, was aus ihm werden sollte. Das Unwetter, welches er nur am Rande registriert hatte, war abgeebbt, die Luft längst nicht mehr so schwül und der Grunewaldturm, der sich am jenseitigen Ufer erhob, zum Greifen nah. Irgendwo da draußen musste sich der Leichnam von Holländer befinden, ein Spielball der Wellen, die ihn hoffentlich nie mehr an Land spülen würden. Ole Jensen holte tief Luft, reckte die müden Glieder und ließ die Zeit, die
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