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Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller)

Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller)

Titel: Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller)
Autoren: Jonas Winner
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Leichen weisen darauf hin, dass sie regelrecht gejagt worden sind. Da kann vieles zusammenkommen - vielleicht haben sie panisch reagiert. Aber die Kampfspuren sind auch eindeutig. Auch wenn sie bereits zu Boden gegangen sind, haben sie versucht, noch zu entkommen, sind regelrecht gekrabbelt - und zwar nicht nur ein paar Meter, eher achtzig, hundert Meter weit … wobei“, er nickt zur Tür, um Butz klarzumachen, dass sie hier fertig sind und den Raum verlassen können, „ich mich immer wieder frage: Wie ist das möglich? Dass der Angreifer sie so weit hat krabbeln lassen! Und ehrlich gesagt: Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist, dass er … oder sie … vielleicht waren es ja auch mehrere … also die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist, dass der Angreifer in gewisser Weise mit seinen Opfern gespielt hat. Lass sie ein wenig davonkrabbeln … hol sie wieder ein, wirf sie auf den Boden, setz dich auf sie, ramm ihnen die Fersen in die Seite … “ Der Mediziner bleibt auf dem Gang stehen, auf den sie hinausgetreten sind. „Haben Sie das mal bei einer Katze beobachtet, wenn sie mit ihrer Tatze den Schwanz einer Maus festhält?“
    Nein, hat Butz nicht.
    „Ich weiß nicht, wie man das sonst nennen soll. Für mich ist das Spielen. Der Mörder spielt mit seinem Opfer.“
    Butz erwidert den Blick des Rechtsmediziners.
    „Es ist nur ein Gerücht, oder?“ Der Arzt wirkt plötzlich nicht länger wie der allwissende Experte in Weiß, sondern eher wie jemand, der spürt, dass sich eine Bedrohung nähert, die auch ihm gefährlich werden könnte.
    „Ein Gerücht? Was?“
    „Dass sich dort unten ganze Horden zusammengeschlossen haben.“
    Horden.
    „Schon erstaunlich, wie schnell es sich verbreitet hat, Konstantin.“ Der Rechtsmediziner hat seine Stimme gesenkt. „Wenn man bedenkt, dass wir das Virus seit Jahrzehnten mehr oder weniger unter Kontrolle haben. Habt Ihr denn Informationen darüber, dass es Zusammenrottungen gibt?“
    Butz sieht sie vor sich. Die Menschen, die in den Tunneln, Schächten und Stollen unter der Stadt hausen. Jeder im LKA weiß, dass es mehr sind, als die offizielle Statistik angibt.
    „Ja, es gibt eine Reihe von Hinweisen - das ist wohl mehr als ein Gerücht … “ Er sieht in die blauen Augen seines Kollegen. „Passt so eine Zusammenrottung denn mit dem Krankheitsbild zusammen? Die Infektion durch das Tollwutvirus … und das Bilden von … Rudeln?“
    Der Blick des Mediziners schweift ab. „Naja … klar ist, dass verschiedene Personen, wenn sie vom gleichen Virus infiziert werden, das gleiche abweichende Verhalten an den Tag legen. Sie scheuen das Licht zum Beispiel, das ist bei allen Tollwutinfizierten gleich. Und natürlich: Die Scheu vor Wasser … Außerdem kann jeder abrupte Reiz die heftigsten Reaktionen auslösen.“
    Eine Epidemie, die die Gestalten heraustreibt aus ihren Löchern, in denen sie sich unter der Stadt verkrochen, vermehrt und getummelt haben.
    „Sie treten in Rudeln auf“, hört Butz den Arzt sagen, „aber nicht so sehr, weil sie als Gruppe agieren, sondern weil die Umgebungsbedingungen sie alle - also diejenigen, die an der gleichen Krankheit leiden - in die gleiche Richtung treiben.“ Der Mediziner fährt sich mit der flachen Hand über die Wange, die seit Tagen nicht mehr rasiert worden ist.
    „Und Sie meinen, es ist ungewöhnlich, dass sich das Virus so schnell verbreitet?“
    „Wann ist die erste Tote denn aufgetaucht?“
    „Vor etwa zehn Tagen.“
    „Das ist schon überraschend. Diese Geschwindigkeit der Verbreitung, meine ich … “ Der Arzt runzelt die Stirn. „Klar, da unten sind die Bedingungen natürlich optimal. Es gibt praktisch keine Hygienevorkehrungen, die Menschen sind zum Teil in der Nähe der Belüftungsschächte zusammengepfercht, weil es dort wärmer ist. Unversorgte Wunden, enger Kontakt - da ist es nicht schwer, sich vorzustellen, wie sich der Infekt ausbreitet … und doch … “
    „Ein Anschlag? Ist es das, was Sie meinen?“ Butz scheut sich, es auszusprechen, aber es hilft nichts: Sie müssen versuchen, die Informationsbrocken, die sie haben, zu ordnen und zu bewerten.
    Der Arzt zuckt mit der Schulter. Er will es nicht ausschließen, aber auch nicht vorschnell Schlüsse ziehen.
    „Wie viele Leute bräuchte man denn dafür … für so einen Anschlag, wenn es einer war?“
    „Ach was, wieviele!“, versetzt der Mediziner. „Einer allein - einer genügt! Wenn er den Krankheitserreger hat! Es reicht ja, wenn er an
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