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Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller)

Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller)

Titel: Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller)
Autoren: Jonas Winner
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gebeugt, die Worte kommen ihr rasch und leise, aber absolut artikuliert über die Lippen.
    Till weiß genau, was sie meint. Vor zwei Jahren. Er war einfach weg. Von einem Tag auf den anderen.
    Ihr Blick geht an ihm vorbei in die Tiefe des Restaurants. Das ganze Lokal scheint zu brummen, zu schwirren, zu zappeln. Jeder Tisch ist besetzt, es sind Gruppen von sechs, zwölf, achtzehn Gästen, Runden von Geschäftsleuten, Familien, Freunden. Es wirkt wie vor Weihnachten, wenn die ganze Stadt im Trubel, in der Hektik, in der aufgeheizten Stimmung, mit der alle dem Fest entgegentaumeln, vibriert.
    Till lehnt sich etwas zurück.
    Es ist Felix‘ Vorschlag gewesen, in dieses Restaurant zu gehen. Bestens gelaunt hat er Till aufgefordert, mit ihm und Lisa etwas essen zu gehen, nachdem Till und Felix zurück in die Wohnung gekommen sind, in der Lisa auf sie gewartet hat. Till hat nicht gewusst, was er dem entgegensetzen soll - in seinem Kopf ist nur für einen Gedanken Platz gewesen: Dass Felix recht hat. Dass er, Till, Lisa von sich befreien muss, wenn er nicht will, dass sie an ihm zerbricht.
    Und kaum hatten sie das Restaurant betreten, ist Felix an einem der Tische von einem Bekannten angesprochen worden, so dass sich Till und Lisa erst einmal allein an einem anderen Tisch gesetzt haben.
    „Ich bin in ein Loch gestürzt, Till“, hört er Lisa sagen. „Ich wusste nicht, wieso du plötzlich fort musstest. Wir hatten doch gerade erst begonnen … zehn Jahre lang hatte ich darauf gewartet … bis Bettys Hochzeit, bis du endlich wieder in Berlin warst. Und dann? Kaum hatten wir endlich zueinander gefunden, warst du auch schon wieder fort!“
    Als er sie ansieht, bemerkt er, wie angespannt sie ist. „Felix hat mir gesagt, etwas sei zwischen dir und Max vorgefallen, Till. Damals, am Tag vor zwei Jahren, bevor du verschwunden bist.“ Ihre Augen lassen nicht von ihm ab. „Ich habe ja nicht nur dich an dem Tag verloren, Till, ich habe auch meinen Bruder verloren. Er war danach nie wieder er selbst.“
    Befrei sie von dir, Till, rast es ihm durch den Kopf. Siehst du nicht, wie sie dich anschaut. Sie sehnt sich nach dir … sie liebt dich … sie glaubt, dass du und sie zusammengehören. Lass sie daran nicht zugrunde gehen. Befrei sie von dir, dass sie noch glücklich werden kann.
    Seine Stimme ist heiser, als er ihr endlich antwortet. „Ich liebe dich nicht, Lisa, ich habe dich nie geliebt. Ich wollte bei euch in der Familie aufgenommen werden. Ich war geblendet von dem Reichtum, dem Luxus, dem Stil. Ich hätte alles getan, um dieses Haus nie wieder verlassen zu müssen. Ich habe mir immer nur vorgemacht, dass ich dich lieben würde - wahr aber war davon nichts.“
    Sie kann nicht begreifen, was er sagt. Ihre Haut spannt sich straff über ihre Wangenknochen, ihre hellen Augen wirken wie herausgemeißelt aus diesem Gesicht.
    „Vielleicht hätte ich dich lieben wollen, Lisa, aber ich habe es niemals gekonnt. Du warst immer … ehrlich und offen, aber das hat mich nicht wirklich berührt. Als wir vor zwei Jahren miteinander geschlafen haben, habe ich an Nina oder Irina denken müssen, um es … um es hinzubekommen.“
    Er fühlt, wie falsch seine Worte klingen, und dass sich Lisa zugleich der Wirkung, die sie entfalten, doch nicht entziehen kann.
    Es gibt nur diesen Weg: Er muss sich aus ihr herausreißen, sein Bild in ihr auslöschen.
    Er hat Max gebrochen, weil er gefürchtet hat, Max würde Lisa ihr Geheimnis anvertrauen - ihr anvertrauen, dass Till ihren Vater getötet hat. Wie konnte er glauben, das ewig vor ihr geheim halten zu können? Er hat sich nicht einmal gegen sie, gegen Lisa, schuldig gemacht, sondern zweimal . Er hat ihren Vater getötet und ihren Bruder zugrunde gerichtet. Felix hat recht. Er muss sie endlich von sich befreien. 
    Tills Blick ist auf den leeren Teller vor ihm gerichtet, als er am Rand seines Gesichtsfeldes bemerkt, wie Lisa sich von ihrem Platz erhebt. Kurz schaut er zu ihr auf und sieht, dass sie neben ihrem Stuhl steht und auf ihn herabblickt.
    Er setzt sich ihrem Blick aus. Und seine Seele verkümmert dabei.
    Es ist die Lisa, die er immer geliebt hat. Niemanden wird er jemals so lieben wie sie. Er kann ihr ansehen, dass sie in Flammen steht. Dass sich ihr gesamtes Weltbild verschiebt. Dass sie sich auf ihn, auf Till, seitdem sie sich zum ersten Mal begegnet sind, immer verlassen hat - und mit einem Mal jetzt begreift, dass das ein Fehler gewesen ist.
    Er hält ihrem Blick stand.
    Sie muss
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