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Berlin 1933-1945: Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus (German Edition)

Berlin 1933-1945: Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus (German Edition)

Titel: Berlin 1933-1945: Stadt und Gesellschaft im Nationalsozialismus (German Edition)
Autoren: Unbekannt
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Organisation, die beide am Fehrbelliner Platz ihren Sitz hatten, trugen mit ausgefeilten Angebots- und Kontrollinstrumenten dazu bei, dass eine in den Anfangsjahren des Regimes und dann in der zweiten Kriegshälfte in breiten Arbeitnehmerschichten vorhandene latente Unzufriedenheit sich nicht zu größeren Protestbewegungen auswuchs.
     
    PROF. DR. RÜDIGER HACHTMANN
    (geb. 1953), Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Projektleiter) am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam.
    DR. CHRISTOPH KREUTZMÜLLER
    (geb. 1968), Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Resümee
    Der riesige Arbeitskräftebedarf machte Berlin – entgegen dem ursprünglichen Willen der nationalsozialistischen Machthaber – von 1939 und erst recht von 1942 an in der Zusammensetzung seiner Bevölkerung noch deutlich vielfältiger als zum Zeitpunkt der Machtergreifung. Rund 500 000 Zwangsarbeiter waren Teil der Berliner Kriegsgesellschaft, auch wenn sie nicht zur »Volksgemeinschaft« gehörten. Auf die unerwünschte, aber unvermeidliche Heterogenität reagierte die deutsche Führung mit Vorschriften zur Abgrenzung. Kontakte zwischen den Deutschen und den ausländischen Zwangsarbeitern sollten auf ein hierarchisch strukturiertes Minimum reduziert werden.
    Betriebs- und Lagerführer, Polizisten und Ärzte, Vorarbeiter und Nachbarn hatten unterschiedlich große Spielräume in ihrem Verhalten gegenüber den Zwangsarbeitern. Trotz einzelner Beispiele von Solidarität und Hilfe wurden die Diskriminierung und Ausbeutung der Ausländer von den meisten Berlinern akzeptiert, wenn nicht gar gefördert. Neben der Rüstungsindustrie profitierten schließlich auch viele »Volksgenossen«, die sich billige Hausangestellte hielten, von der Zwangsarbeit.
    Den Zwangsarbeitern blieb kaum etwas anderes übrig, als für den Feind zu arbeiten und auf die Befreiung durch die Alliierten zu hoffen. Nach der Rückkehr in die Heimat litten sie oft noch jahrzehntelang unter den gesundheitlichen und seelischen Schäden infolge der Zwangsarbeit. Für viele war Berlin die Stadt, in der sie ihre Jugend verloren hatten.
     
    DR. CORD PAGENSTECHER
    (geb. 1965), Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Center für Digitale Systeme der Freien Universität Berlin.
    DR. MARC BUGGELN
    (geb. 1971), Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus an der Humboldt-Universität zu Berlin.

GESELLSCHAFT
    Bild 9
    Der Amerikaner James Abbe, der zwischen 1927 und 1936 als Fotojournalist in Berlin tätig war und einige Berühmtheit erlangte, weil es ihm gelang, Stalin, Mussolini und Hitler vor die Linse zu bekommen, fotografierte im Sommer 1933 das Oberdeck eines Ausflugsbusses der BVG, der im Linienverkehr eingesetzt wurde. Zwar waren Uniformen auch in der Weimarer Republik – für Post- und Telegrammboten, Reichsbahn- und BVG-Mitarbeiter, Chauffeure, Polizisten – gang und gäbe. Seit 1933 vervielfachte sich aber die Zahl der Uniformträger und Parteigänger. Auch im Bus manifestierte sich die Uniformierung, die Abbild der physischen Durchdringung der Gesellschaft war. Auf der rechten Seite ist hinter dem Zeitung lesenden Herrn mit Zigarre ein SS-Mann zu erkennen, dahinter ein SA-Mann. Auf der linken Seite hat vor den beiden Damen ein Zivilist mit NSDAP-Parteiabzeichen am Revers Platz genommen.

Resümee
    Die Lebenswelt der Berliner Jugendlichen scheint sich von der ihrer Altersgenossen in anderen Teilen des Reiches in Bezug auf Familie, Schule und Jugendorganisation kaum unterschieden zu haben. Es gab überall eine wahrnehmbare Durchsetzung der Lehrpläne und komplizierte Loyalitätskonflikte. Vom Umfeld und vom Zufall hing es ab, wie aggressiv die Jugendlichen mit ideologischen Inhalten infiltriert wurden, ob es darüber zu Spannungen mit den Eltern kam und wie die Jugendlichen mit diesen Konflikten umgingen. Als Alleinstellungsmerkmale für Berlin lassen sich lediglich zwei Aspekte ausmachen: erstens die extreme Gewalt, der Kinder und Jugendliche im Alltag ausgesetzt waren, zweitens die Tatsache, dass die Spielräume für abweichendes Verhalten in Berlin größer waren als in allen anderen deutschen Städten. Es gab ungewöhnlich viel Militär in der Stadt, dadurch war das Vergnügungsangebot vielfältig und reich an Verlockungen. Überdies boten Parks und Ruinen in der Stadtgeographie
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