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Berg der Legenden

Berg der Legenden

Titel: Berg der Legenden
Autoren: Jeffrey Archer
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Lobby erreicht hatten, schlüpfte Guy hinaus auf die Straße. Er hatte bereits eine Mietkutsche angehalten, ehe George sich die Sache noch einmal überlegen konnte.
    »Zum Moulin Rouge«, sagte Guy mit einer Selbstsicherheit, die er an keiner Flanke irgendeines Berges jemals gezeigt hatte. Der Kutscher schlug ein flottes Tempo ein. »Wenn Mr Irving uns jetzt sehen könnte«, sagte Guy und öffnete ein silbernes Zigarettenetui, das George nie zuvor gesehen hatte.
    Die Fahrt führte sie über die Seine nach Montmartre, einen Hügel, der nicht zu Mr Irvings Besichtigungsroute gehört hatte. Als sie vor dem Moulin Rouge anhielten und George sah, wie elegant die meisten Nachtschwärmer gekleidet waren – manchen trugen sogar Smoking –, fragte er sich, ob sie überhaupt in den glamourösen Club eingelassen werden würden. Erneut übernahm Guy die Führung. Nachdem er den Fahrer entlohnt hatte, zog er eine Zehn-Franc-Note aus seiner Brieftasche und steckte sie dem Türsteher zu, der den beiden jungen Männern einen zweifelnden Blick zuwarf, dann jedoch das Geld in seine Tasche schob und ihnen Zutritt gewährte.
    Sobald sie drinnen waren, begrüßte der Maître d’hôtel die beiden jungen Männern ähnlich zurückhaltend, obgleich Guy eine weitere Zehn-Franc-Note zutage förderte. Ein junger Kellner führte sie zu einem winzigen Tisch an der Rückseite des Saals, ehe er ihnen die Speisekarte reichte. Während George den Blick nicht von den Beinen des Zigarettenmädchens abwenden konnte, wählte Guy, in Anbetracht seiner schwindenden Geldmittel, die zweitbilligste Flasche auf der Weinkarte. Kurz darauf kehrte der Kellner zurück und schenkte jedem von ihnen ein Glas Sémillon ein. Genau in diesem Moment wurde die Beleuchtung gedämpft.
    George saß kerzengerade, als ein Dutzend Mädchen in extravaganten roten Kostümen, unter denen mehrere Schichten weiße Unterröcke zu sehen waren, das vorführten, was im Programmheft Cancan genannt wurde. Wann immer sie ihre Beine in den schwarzen Strümpfen in die Luft warfen, wurden sie mit lärmendem Beifall und »Magnifique!«-Rufen des hauptsächlich männlichen Publikums bejubelt. Obwohl George mit zwei Schwestern groß geworden war, hatte er nie zuvor so viel nackte Haut gesehen, nicht einmal beim Baden in St. Bees. Guy bestellte eine zweite Flasche Wein, und in George regte sich der Verdacht, dass dies nicht die erste Erfahrung seines besten Freundes in einem Nachtclub war. Andererseits war Guy auch in Chelsea, nicht in Cheshire aufgewachsen.
    Sobald der Vorhang fiel und die Lichter angingen, tauchte der Kellner wieder auf und präsentierte ihnen eine Rechnung, die keinerlei Ähnlichkeit mit den Preisen auf der Weinkarte aufwies. Guy leerte seine Brieftasche, aber es reichte nicht, so dass George schließlich seine Fünf-Pfund-Note für Notfälle anbrach. Der Kellner runzelte die Stirn, als er die fremde Währung sah, steckte den großen, weißen Schein dennoch ein, ohne Anstalten zu machen, das Wechselgeld herauszugeben – so viel zu Mr Balfours Entente Cordiale .
    »O mein Gott«, sagte Guy.
    »Finde ich auch«, sagte George. »Ich hatte keine Ahnung, dass zwei Flaschen so viel kosten können.«
    »Nein, nein«, sagte Guy, ohne seinen Freund anzublicken. »Ich meinte nicht die Rechnung.« Er deutete auf einen Tisch in der Nähe der Bühne.
    George war nicht minder verblüfft, als er ihren Hausvorsteher erkannte, der neben einer leicht bekleideten Frau saß, den Arm um ihre Schulter gelegt.
    »Ich denke, es wird Zeit, den taktischen Rückzug anzutreten«, sagte Guy.
    »Das glaube ich auch«, sagte George. Sie erhoben sich, gingen zur Tür und drehten sich erst um, als sie draußen auf der Straße waren.
    Als sie auf den Gehweg traten, gesellte sich eine Frau zu ihnen, deren Rock noch kürzer war als bei dem Mädchen, das im Moulin Rouge Zigaretten verkaufte.
    »Messieurs?«, flüsterte sie. »Besoin de compagnie?«
    »No, merci, madame«, sagte George.
    »Ah. Anglais«, sagte sie. »Un prix pour tous les deux?«
    »Unter normalen Umständen hätte ich mich gefreut, Ihr Angebot anzunehmen«, mischte Guy sich ein, »aber leider sind wir bereits von Ihren Landsleuten ausgenommen worden.«
    Die Frau warf ihnen einen fragenden Blick zu, und George übersetzte die Worte seines Freundes. Achselzuckend wandte sie sich ab, um ihre Dienste anderen Männern anzubieten, die aus dem Nachtclub strömten.
    »Ich hoffe, du weißt, wie wir zurück zum Hotel kommen«, sagte Guy, der
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