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Bereitwillig (German Edition)

Bereitwillig (German Edition)

Titel: Bereitwillig (German Edition)
Autoren: Natalie Rabengut
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grauenvoll. Mabel spürte, wie ein Tropfen von ihrer Wange rollte und fragte sich, wie stark Samantha wohl blutete. Der Schnitt musste extrem tief gewesen sein. Sie zwang sich, ihr Mitleid zu ignorieren. Sie musste die andere Frau dazu bringen, sie frei zu lassen. Wer weiß schon, was der nächste Schritt in diesem Ritual ist?
    Plötzlich hämmerte es an der Tür.  
    „Boston PD. Samantha Richards, öffnen Sie die Tür!“
    Diesmal funktionierte Mabels Kopf sehr viel schneller. Während Samantha noch fassungslos mit der Kerze in der Hand einen unbestimmten Punkt hinter Mabel anstarrte, holte diese tief Luft und rief so laut, wie ihre Lunge es zuließ: „Hilfe!“
    Sekunden später hörte sie erleichtert einen harten Aufprall und das Geräusch von splitterndem Holz. Erleichtert ließ sie den Kopf hängen.
    Eine Hand legte sich um ihre Wange und sie öffnete die Augen. Ben sah sie an, sein Blick war voller Panik. Obwohl sie sich so müde und zittrig wie noch nie in ihrem Leben fühlte, krächzte sie leise: „Das ist nicht mein Blut.“
    Dann ließ sie den Kopf erschöpft gegen seine Brust sinken.

    Später saß sie in eine Decke gehüllt in der offenen Hintertür des Krankenwagens und protestierte energisch.
    „Ich muss nicht ins Krankenhaus, mir geht es gut! Ich brauche nur eine Mütze voll Schlaf.“
    „Das kommt gar nicht in Frage, nachher hast wer weiß was und-“
    Ben brach ab und strich sich mit der Hand über den Kopf. Er war noch immer bleich und sah angespannt aus. Ein harter Zug lag um seinen Mundwinkel – diesmal war es keiner, der in Mabel ein angenehmes Kribbeln auslöste. Sie machte sich Sorgen, dass ihn das gerade Geschehene mehr traf als sie selbst.
    Sie griff nach seiner Hand und er sah sie überrascht an. Sie streichtelte seinen Handrücken und zog ihn langsam zu sich. Sie schlang die Arme um ihn, vergrub ihren Kopf in seinem Hemd und murmelte: „Bring’ mich nach Hause und bleib’ bei mir. Bitte!“
    Er umarmte sie und roch an ihren Haaren. Dann sagte er: „Okay. Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du dir mir sofort Bescheid sagst, wenn es dir schlechter gehen sollte.“
    Sie rang sich ein müdes Nicken ab und war erleichtert, dass er nachgab.
    „Ich spreche kurz mit den Polizisten, dann bringe ich dich zum Auto.“
    Er entfernte sich und Mabel sah ihm nach. Selbst von hinten wirkte er aufgewühlt.

    Den Weg zum Auto legten sie schweigend zurück und mit einem Seufzer ließ sie sich auf den Beifahrersitz sinken. Erst als sie fuhren, stellte sie die Frage, die ihr schon die ganze Zeit unter den Nägeln brannte: „Wie habt ihr mich gefunden?“
    Ben rieb sich die Nasenwurzel mit einer Hand, die andere lag am Lenkrad. Im fahlen Licht der Straßenlaternen sah er so müde aus wie Mabel sich fühlte.
    „Ich habe mich irgendwann gewundert, wo du wohl bleibst und bin in den Club gegangen. Conrad hat in der Eingangshalle gewartet und meinte, dass du dort niemals angekommen bist. Dafür hatte Katie aber gerade Samantha den Eintritt untersagt, die daraufhin wütend hinausgestürmt ist. Conrad ist mit mir zur Polizei gefahren, weil wir uns sofort sicher waren, dass du Samantha in die Arme gelaufen sein musstest. Ich hatte solche Angst.“
    Sie streckte die Hand aus und streichelte seinen Oberschenkel, um ihn zu beruhigen.
    „Mir geht es gut. Du brauchst gar nicht erst auf die Idee zu kommen, dir die Schuld zu geben. Samantha ist wirklich krank und braucht dringend Hilfe.“
    Er schüttelte nur stumm den Kopf, die Lippen fest aufeinander gepresst. Hoffentlich würde er die Vorkommnisse nach ein wenig Schlaf anders sehen. Sie wollte nicht, dass er sich von ihr zurückzog oder sie aufgrund von schlechtem Gewissen anders behandelte.
    Sie schwieg auch. Im Moment war es vermutlich besser, ihn zur Ruhe kommen zu lassen.

    Sie reichte Ben den neuen Schlüssel zu ihrer Wohnung und er schloss auf. Sie sehnte sich nur noch einer heißen Dusche und ihrem Bett. Der Abend war in jeder Hinsicht das Gegenteil zu dem gewesen, was sie sich vorgestellt hatte.
    Außerdem stand sie nun vor dem Problem, dass sie einfach nicht wusste, wie sie mit dem aufgewühlten Ben umgehen sollte. Sie hatte ihn wütend, fröhlich, aufgekratzt und sogar verspielt erlebt – aber so verunsichert und besorgt kannte sie ihn nicht.
    Er legte den Schlüssel auf den Küchentresen, drehte sich zu ihr herum und stand verloren im Raum. „Was möchtest du jetzt machen?“
    „Ich brauche dringend ein großes Glas Wasser und dann eine
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