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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres
Autoren: Charles Simmons
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› So redet der Chef von Simon and Schuster, Marge.» Mrs. Tooling lehnte sich in Erwartung von Mr. Margins Antwort über den Tisch, und die Redaktionsmitglieder drehten die Köpfe hin und her, als verfolgten sie ein Tennisspiel.
    «Das verstehen Sie nicht richtig, Tool», sagte Mr. Margin. «Wenn uns ein Verleger auf diese Weise kritisiert, dann will er uns damit weichkochen, damit wir ihm bei nächster Gelegenheit etwas schuldig sind. Das ist alles.»
    Wir wandten uns wieder Mrs. Tooling zu. Mr. Margins erste Worte - das verstehen Sie nicht richtig - waren unglücklich gewählt. Mrs. Tooling sagte: «Ich will Ihnen mal was sagen, Marge. Wenn Kongreßabgeordnete, Senatoren, Verfassungsrichter oder der Präsident der Vereinigten Staaten bestimmte Dinge wissen wollen, dann rufen sie mich oder meinen Mann an. Ich verstehe sehr wohl.»
    «Ich verstehe auch», sagte Mr. Margin nach einer Pause.
    Mrs. Tooling fuhr fort: «Dick Snyder, Chef von Simon and Schuster, behauptet also, Belles Lettres stinkt. Was sollte ich dazu sagen? Daß es nicht stinkt? Hätte ich Dick Snyder treuherzig in die Augen blicken und ihm in aller Unschuld sagen sollen: ‹ Dick, Belles Lettres stinkt nicht › ?»
    Sie meinte die Frage tatsächlich ernst und zeigte auf mich.
    «Na klar», sagte ich.
    «O ja, ich hätte es sagen können. Wegen Meineid würde mich deshalb niemand in den Knast bringen. Aber ich frage Sie jetzt mal ganz direkt: Stinkt Beiles Lettres oder stinkt es nicht?» Sie zeigte auf Barry Vellum.
    «Als stinken würde ich das nicht bezeichnen», sagte Barry.
    «Ich auch nicht», sagte Mrs. Tooling. «Ich würde sagen, daß es überhaupt keinen Geruch hat. Wenn ein Kritiker von Theatre sich ein Stück ansieht und sich amüsiert, dann sagt er: ‹ Ich habe mir das Stück angesehen, und ich habe mich dabei amüsiert. Wenn ihr euch das Stück anseht, werdet ihr euch auch amüsieren. › Aber was macht die Literaturkritik? Sie macht nur Andeutungen. Wenn ein Buch gut ist, will ich das deutlich hören.» Mrs. Tooling hob die Stimme. «Schreien Sie es heraus: ‹ Ich liebe dieses Buch. Es ist ein tolles Buch. › »
    «Begeisterung ist billig», sagte Mr. Margin, «und nicht immer überzeugend.»
    «Wer redet denn von Begeisterung?» sagte Mrs. Tooling. «Ich rede von Verständlichkeit.»
    Armer Mr. Margin! Er dachte, längst unter sein Niveau gegangen zu sein, aber Mrs. Tooling sagte ihm, daß es immer noch niedriger ging.
    Sie redete weiter: «Beiles Lettres ist die mächtigste Literaturzeitschrift der Welt, aber Sie nutzen diese Macht nicht. Ich wünsche nicht, daß Sie Geschmack aufbringen, Geschmack bedienen, Geschmack verfeinern. Ich wünsche, daß Sie Geschmack produzieren! Ich will nicht, daß Belles Lettres darüber spekuliert, wer den Nobelpreis bekommt, ich will, daß Belles Lettres über den Nobelpreis entscheidet.»
    «Auf den Pulitzer-Preis haben wir einen gewissen Einfluß», sagte Mr. Margin. «In diesem Jahr gehöre ich der Jury an.»
    «Ich rede nicht von Gemauschel hinter den Kulissen. Ich will, daß derlei auf den Tisch kommt. Ich will, daß Belles Lettres entscheidet, wer leben darf und wer sterben muß. Und keine Kompromisse.»
    Ich fand, daß das zu weit ging, und sagte deshalb: «Mrs. Tooling, ich habe eine Idee.»
    «Sie können mich Tool nennen! Schießen Sie los!» Sie war jetzt richtig in Fahrt.
    «Warum legt Belles Lettres nicht einfach fest, wer die fünfundzwanzig besten amerikanischen Schriftsteller sind? Eins, zwei, drei, vier.»
    Mrs. Tooling starrte mich an und sagte: «Die fünfundzwanzig besten amerikanischen Schriftsteller. Eins, zwei, drei, vier.»
    «Und keine Unentschieden», sagte ich.
    «Und keine Unentschieden», sagte sie. «Wie heißen Sie?»
    «Frank Page, Ma'am, aber das sollte eigentlich nur ein Witz sein.»
    Das überhörte sie. «Marge, das ist genau das, was wir brauchen. Damit kommen wir auf die Titelseite der Times. Es wird Kommentare und Gegenlisten hageln. Wie war doch noch mal gleich Ihr Name?»
    «Frank Page.»
    «Margin!» brüllte Mrs. Tooling. «Jawohl?» «Auf geht's!» Mr. Margin nickte.
    Mrs. Tooling stand auf. «Jetzt stimmt die Richtung. Eins, zwei, drei, vier.»
    «Und keine Unentschieden», sagte ich. «Und keine Unentschieden!» sagte sie.
     
    Obwohl Mrs. Tooling meine Ironie als redaktionellen Vorschlag mißverstanden hatte, überschütteten mich die Redaktionsmitglieder auf dem Rückweg zu Belles Lettres mit Komplimenten. Ed Princeps fand, die Idee sei «ein
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