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Belles Lettres

Belles Lettres

Titel: Belles Lettres
Autoren: Charles Simmons
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wandte sich wieder an mich. «Sie sollen die Idee ‹ exekutieren › . Und Ihr Gehalt ist auch gleich verdoppelt worden. Damit liegen Sie uneinholbar vor mir.»
    Ich nickte. Was sollte ich dazu auch sagen?
    «Außerdem, wie ich schon Mrs. Tooling angedeutet habe: Wenn durchsickern sollte, was wir vorhaben, rennen uns sämtliche Pressetussis und -heinis die Bude ein, laden uns zum Mittagessen ein, zum Abendessen, zu Wochenenden auf dem Land, stellen oder legen sich persönlich zu unserer Verfügung, und alles nur, damit ihre Autoren es schaffen.»
    «Das klingt gar nicht so übel, wie es klingt», sagte ich.
    «Nun ja, Sie sind noch jung», sagte Mr. Margin.
     
    Gleich am nächsten Morgen ließ Mr. Margin die Redaktion in seinem Büro antreten. «Trotz unserer Vorbehalte», sagte er und bezog sich dabei auf die Tatsache, daß die Idee weder von ihm war noch seinen Neigungen entsprach, «sehe ich eigentlich keinen Grund, warum wir die Sache nicht mit Geschmack und Witz durchziehen sollten. Es ist ein Allgemeinplatz, daß eine Zeitschrift nicht per Volksabstimmung herauszugeben ist, aber in diesem Fall wünsche ich mir eine Gemeinschaftsleistung. Die von uns zu erarbeitende Liste sollte sowohl vertretbar als auch originell sein, verantwortungsbewußt, aber nicht verkrampft, sollte gleichermaßen Überraschungen wie feste Überzeugungen widerspiegeln, auf einem bestimmten Begriff von Ästhetik basieren, aber auch die Ausnahmen akzeptieren, sollte amerikanisch, aber nicht borniert sein, Traditionen ebenso berücksichtigen wie experimentelle...»
    Mit solchen Sachen war Mr. Margin einfach unschlagbar. Es kam natürlich vor, daß er sich in seiner eigenen Rhetorik verhedderte. Aber dennoch kam er schließlich auf den Punkt:
    «... Ich möchte also, daß jeder einzelne von Ihnen seine eigene Liste der fünfundzwanzig besten amerikanischen Autoren erstellt. Und ordnen Sie Ihre Wahl bitte in alphabetischer Reihenfolge. Über die Rangfolge eins, zwei, drei, vier dürften wir uns früher, als uns lieb ist, den Kopf zerbrechen. Im Augenblick geht es mir nur um die groben Umrisse Ihrer Vorstellungen. Und noch eins: Weil wir die Sache mit einem Minimum an äußeren Einflußnahmen bewältigen sollten, schlage ich vor, daß aus der Redaktion nichts nach außen dringt.» Leichte Unruhe kam auf, und Mr. Margin ließ den Blick dringlich um den Tisch schweifen. «Gehe ich recht in der Annahme, daß einige von Ihnen bereits zum Telefon gegriffen haben?»
    Es gab keine Dementis.
    «Sei's drum», sagte er seufzend. «Frank», er nickte in meine Richtung, «ist von seinen regulären Aufgaben entbunden, um die Angelegenheit zu einem zügigen und befriedigenden Ergebnis zu bringen. Bitte übergeben Sie ihm Ihre Listen so bald wie möglich.»
     
    Wie nicht anders zu erwarten, verkündete am nächsten Morgen The Post auf Seite sechs, daß Belles Lettres in Kürze die fünfundzwanzig besten Schriftsteller Amerikas küren würde, und fügte hinzu - meiner Meinung nach maliziös -, Nominierungen könnten telefonisch oder persönlich beim Redakteur Jonathan Margin eingereicht werden.
    Am folgenden Tag schrieb Edwin McDowell in der New York Times einen Artikel, der besagte, daß entgegen den im Literaturbetrieb kursierenden Gerüchten die Zeitschrift Belles Lettres nicht - er wiederholte auch noch dies «nicht» plane, die fünfundzwanzig besten Schriftsteller Amerikas    auszuwählen.    Gleichwohl    schrieb    er   am nächsten Tag einen zweiten Artikel, der darauf hinauslief, daß Belles Lettres sehr wohl eine solche Liste veröffentlichen würde; die Verwirrung habe sich ergeben, weil der zuständige Redakteur Jonathan Margin in einem Telefoninterview nachdrücklich dementiert habe, die Leserschaft zu Nominierungen aufzufordern.
    Die Intelligencer-Kolumne der Zeitschrift New York brachte eine Meldung, gemäß der Belles Lettres, «die einflußreiche, literarische Wochenzeitschrift, wie von der Times erst dementiert und dann bestätigt, auf jeden Fall die fünfundzwanzig amerikanischen Topautoren benennen wird. Innerhalb der Führungsriege von Protean Publications, Eigentümer von Belles Lettres, setzt man voll auf die Idee, um die als lustlos empfundene Linie des Chefredakteurs Jonathan Margin aufzufrischen. Die Auswahl der fünfundzwanzig Unsterblichen erfolgt seitens der kompletten Redaktion unter Federführung von Frank Page, des neuen Redaktionsassistenten bei Belles Lettres, an dem die Bosse von Protean anscheinend einen Narren
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