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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna
Autoren: Karin Slaughter
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jedoch gut. Sie würde sich hier ausruhen und ihn danach ans Ufer schleppen.
    Sara legte den Kopf in den Nacken und wollte sich auf dem Rücken treiben lassen. Jeb machte ihr das jedoch unmöglich, und wieder sackte sie langsam unter die Wasseroberfläche. Sie würde Jeb loslassen müssen. Das sah Sara ein. Aber sie konnte sich einfach nicht dazu zwingen, es zu tun. Obwohl das Gewicht seines Körpers sie allmählich wieder hinunterzog, brachte Sara es nicht fertig, ihn loszulassen.
    Eine Hand packte sie, und dann legte sich ein Arm um ihre Taille. Sara war zu schwach, um sich zu wehren, und ihr Gehirn war zu sehr eingefroren, um zu verstehen, wie ihr geschah. Für einen Sekundenbruchteil dachte sie, es sei Jeb, aber die Kraft, mit der sie an die Oberfläche gezogen wurde, war zu stark. Sie ließ Jeb los und öffnete die Augen. Sie sah, wie seine Leiche langsam auf den Grund des Sees sank.
    Ihr Kopf durchbrach die Wasseroberfläche, und ihr Mund öffnete sich weit, als sie nach Luft rang. Ihre Lungen schmerzten bei jedem Atemzug, ihre Nase lief. Sara fing zu husten an und bekam einen jener Hustenanfälle, die ein Herz zum Stillstehen bringen konnten. Wasser kam aus ihrem Mund, dann Galle, als sie an der frischen Luft zu ersticken drohte. Sie merkte, dass ihr jemand auf den Rücken klopfte, als wolle er das Wasser aus ihr hinausprügeln. Ihr Kopf kippte wieder ins Wasser, aber an den Haaren wurde sie mit einem Ruck hochgerissen.
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    «Sara», sagte Jeffrey, eine Hand um ihren Unterkiefer, die andere um ihren Arm, um sie hochzuhalten. «Sieh mich an», verlangte er. «Sara!»
    Ihr Körper erschlaffte, aber sie war sich dessen bewusst, dass Jeffrey sie in Richtung Ufer zog. Unter ihren Armen umklammerte er ihren Oberkörper und schwamm auf dem Rücken, was mit nur einem Arm schwierig war.
    Sara legte ihre Hände auf Jeffreys Arm, lehnte den Kopf an seine Brust und ließ sich von ihm nach Hause bringen.

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    NEUNUNDZWANZIG

    Lena brauchte Jeb. Sie wollte, dass er ihr die Schmerzen nahm. Sie wollte, dass er sie wieder an den Ort schickte, wo Sibyl und ihre Mutter und ihr Vater waren. Sie wollte bei ihrer Familie sein. Es war ihr egal, welchen Preis sie dafür würde zahlen müssen; sie wollte nur bei ihnen sein.
    Blut tröpfelte ihr in einem stetigen Rinnsal die Kehle hinunter, deswegen musste sie ab und zu husten. Er hatte Recht gehabt mit dem pochenden Schmerz in ihrem Mund, aber das Percodan machte ihn erträglich. Sie vertraute Jeb, dass die Blutung bald aufhören würde. Sie wusste, dass er mit ihr noch nicht fertig war. Nach all der Mühe, die er sich gegeben hatte, um sie hier gefangen zu halten, würde er sie niemals an ihrem eigenen Blut ersticken lassen. Lena wusste, dass er sich für sie etwas Besonderes ausgedacht hatte.
    Wenn sie ihre Gedanken schweifen ließ, malte sie sich aus, dass sie vor dem Haus von Nan Thomas lag. Irgendwie gefiel ihr das. Hank würde sehen, was Lena angetan worden war. Er würde wissen, was Sibyl angetan worden war. Er würde sehen, was Sibyl nicht hatte sehen können. Das schien ihr so richtig zu sein.
    Ein vertrautes Geräusch kam von unten, Schritte auf dem harten Holzfußboden. Sie klangen gedämpft, als er über den Teppich ging. Lena nahm an, dass er durchs Wohnzimmer ging.
    Sie kannte zwar die Aufteilung des Hauses nicht, aber wenn sie auf die verschiedenen Geräusche achtete und den Übergang von den hohl klingenden Schritten, die er in Schuhen machte, und dem dumpfen Aufschlag registrierte, der zu hören war, wenn er seine Schuhe ausgezogen hatte, um sie zu besuchen, dann konnte sie im Allgemeinen sehr wohl sagen, wo er sich befand.
    Nur waren diesmal anscheinend noch die Schrit te einer
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    zweiten Person zu hören.
    «Lena?» Sie konnte seine Stimme kaum hören, aber instinktiv wusste sie, dass Jeffrey Tolliver ihren Namen gerufen hatte.
    Eine Sekunde lang fragte sie sich verwirrt, was er hier zu suchen hatte.
    Ihr Mund öffnete sich, aber sie sagte kein Wort. Sie befand sich oben auf dem Boden. Vielleicht würde es ihm nicht einfallen, hier zu suchen. Vielleicht würde er sie hier liegen lassen. Sie könnte hier sterben, und niemand würde je erfahren, was ihr angetan worden war.
    «Lena?», rief eine weitere Stimme. Die von Sara Linton.
    Ihr Mund stand noch immer offen, aber sprechen konnte sie nicht.
    Stundenlang gingen sie unten umher. So kam es ihr zumindest vor. Sie hörte die lauten Geräusche von Möbelstücken, die verschoben oder umgestellt wurden. Sie
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