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Bel Ami

Bel Ami

Titel: Bel Ami
Autoren: Detlef Uhlmann
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Eröffnung des Bel Ami . Vier Monate hatte der Umbau gedauert. Tagsüber war ich Bauleiter, Innenarchitekt und Manager in einem gewesen, nachts tigerte ich durch die Diskotheken und Bars von Berlin, um neue Mädchen zu finden. Die letzten Monate waren so anstrengend gewesen, dass ich sogar den Sport vernachlässigt hatte. Ständig hatte ich den Mittwochstermin mit meinem Tennispartner Wolfgang ausfallen lassen müssen, weil ein Teppich zu groß, eine Fliese zu klein oder ein Kostenvoranschlag zu hoch gewesen war. Seiner detektivischen Leidenschaft nachgehend, hatte Wolfgang, der tatsächlich bei der Kripo sein Geld verdiente, mir sogar eine heimliche Affäre unterstellt. Als wenn dafür Zeit gewesen wäre! Ich schlief selten mehr als fünf Stunden, rannte ununterbrochen von einem Termin zum nächsten, und nur deshalb nahm ich wohl trotz des fehlenden Sports nicht zu – was für mich das Allerschlimmste gewesen wäre.
    An diesem Freitag nun waren die Vorbereitungen abgeschlossen, und es lag eine Spannung in der Luft, wie man sie vor einem Sommergewitter spürt. Frische Blumen standen auf den Tischen und Schalen mit exotischen Früchten auf der Bar. Roland klimperte auf dem Klavier leise ein paar Lieder. Ich hatte ihn in einer Kneipe kennengelernt und hielt ihn für einen großartigen Pianisten. Sein Repertoire schien unerschöpflich, und manchmal reichte ihm schon eine vorgesungene Melodie, um sie dann aus dem Stegreif nachzuspielen. Karin, meine Barfrau, wischte zum zigsten Mal über die Arbeitsplatte aus Mahagoni, die drei Studentinnen, die ich ihr für diesen Abend zur Seite gestellt hatte, schnitten Karambolas in sternenförmige Scheiben. Rosi, meine gute Rosi, zündete die letzten Kerzen an und verschwand dann im Bad, um ihr Make-up aufzufrischen.
    Noch eine Stunde. Ich trat vor die Tür und atmete die laue Sommerluft ein. Heute würde sich zeigen, ob sich die Investitionen, all die Arbeit und Zeit, gelohnt hatten. Ich trug einen zartgelben Maßanzug, dazu weiße Lackschuhe aus Italien. Ein prüfender Blick, aber nein, sie waren makellos. Am Himmel zogen erste Wolken auf. Mit ihnen kam ein kühler Wind auf, der die sommermatte Stadt belebte. Ein paar Haare flogen mir ins Gesicht, und ich beschloss, den Friseur zu wechseln. Ich hatte doch wohl deutlich gesagt, dass er sie mir nicht zu kurz schneiden sollte.
    »Schick siehst du aus! Machst du dir etwa Sorgen?«
    Rosi war hinter mich getreten und fuhr mir durch das gestutzte Haar. Sie sah umwerfend aus. Eine dunkelgrüne Korsage schnürte ihre Taille und drückte ihren üppigen Busen so weit nach oben, dass er jeden Moment aus der Schnürung zu springen drohte.
    »Es ist alles perfekt. Der Abend wird ein Riesenerfolg, wirst sehen, Detti!«
    Ich zog sie zu mir und küsste sie. Obwohl wir gar kein Paar mehr waren, hatte ich in Momenten wie diesen immer noch Lust auf sie. In meiner ersten Bar, der Kneese , war Rosi meine Kellnerin gewesen, und schon am dritten Abend waren wir zusammen im Bett gelandet. Dann hatten wir ziemlich bald festgestellt, dass uns nicht nur die Lust am Sex verband, sondern auch unser Hang zur Polygamie.
    Sie gestattete mir den Kuss, schob mich dann aber wieder auf Abstand.
    »Nicht jetzt, Detti!«
    Sie hatte recht, trotzdem wollte ich irgendwie ausdrücken, dass ich zu schätzen wusste, was sie für mich getan hatte.
    »Wenn ich dich nicht hätte, Rosi!«, war das Einzige, was mir einfiel.
    »Dann würdest du trotzdem gut zurechtkommen.«
    Womit sie natürlich abermals recht hatte.
    »Wenn überhaupt, sind es die Mädchen, um die ich mir Sorgen mache«, fuhr sie fort. »Die meisten sind ziemlich unerfahren und wirken angespannt. Die kleine mit den kurzen Haaren zum Beispiel, die du im Metropol  …«
    »Julia?«
    »Ja, die hält sich die ganze Zeit abseits und liest.«
    »Sie liest?«
    »In einem Liebesroman! Weiß sie, wie das hier abläuft?«
    »Natürlich. Ich hab ihr alles genau erklärt, und sie ist ganz bestimmt nicht prüde. Und so viel gibt es ja auch gar nicht zu wissen, oder?«
    Rosi schaute mich merkwürdig an, suchte nach ihren Zigaretten und steckte sich eine an. Sie wusste, dass mich diese Angewohnheit besonders bei Frauen abstieß, und blies den Rauch dezent zur Seite. Für einen Moment in Gedanken versunken, folgte sie den blauen Schwaden. Dann betrachtete sie den Garten vor uns und lächelte. Letzte Woche war der Brunnen geliefert und angeschlossen worden, und seitdem lief ununterbrochen Wasser über Aphrodites nackten
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